(BZfE) – Vogelbeeren sind die Früchte der Ebereschen (Sorbus aucuparia). Von August bis in den Winter hinein trägt der Baum seine leuchtend korallenroten Früchte. Diese sind kugelig, sechs bis zehn Millimeter groß und in Doldenrispen angeordnet. Das lateinische ‚aucuparia‘ bedeutet übrigens so viel wie „Vögel fangen“ und weist auf die einstige Bedeutung als Köder für den Vogelfang hin.
Giftig, ungenießbar oder gut essbar? Das ist häufig die Frage, wenn man das Rosengewächs in Nadel- und Laubwäldern, aber auch an Straßenrändern, Wegen und in Hecken sieht. In der Tat stößt man sehr oft auf das Vorurteil der Giftigkeit. Das hat seinen guten Grund, denn probiert man eine frisch gepflückte Beere, möchte man sie am liebsten gleich wieder ausspucken: Sie schmeckt ausgesprochen sauer und bitter. Das liegt in erster Linie an der enthaltenen Parasorbinsäure. Diese verleidet nicht nur den Rohgenuss, sie kann auch zu Magen-Darm-Problemen führen. Durch Erhitzen wird aber die Parasorbinsäure in Sorbinsäure umgewandelt, die uns als zugelassener Konservierungsstoff E 200 bekannt ist. Und das Bittere weicht einem aromatischen, süßen Geschmack. Man kann auch den ersten Frost abwarten, das verringert den Parasorbinsäure-Gehalt ebenfalls. Allerdings: Je länger man wartet, umso mehr Konkurrenz gibt es von Vögeln und Insekten. Und auch der Vitamin C-Gehalt nimmt ab.
Vogelbeeren sind bestens geeignet, um daraus Konfitüre, Gelee, Chutney und Saft herzustellen, solo oder im Mix mit anderen Früchten. Es ist eine gute Idee, die Früchte nach dem Kochen zudem durch ein feines Sieb zu passieren, da die Kerne besonders viel Parasorbinsäure enthalten.
An Inhaltsstoffen sind Gerb- und Farbstoffe, Zuckeralkohole, Pektine und Vitamin C erwähnenswert. Der Protein- und Fettgehalt ist naturgemäß gering, der Ballaststoffgehalt liegt bei rund sechs Gramm, der Gesamtzuckergehalt bei annähernd zehn Gramm. Der Vitamin C-Gehalt ist mit circa 100 Milligramm doppelt so hoch wie bei Zitronen. Die Angaben beziehen sich jeweils auf 100 Gramm der frischen Früchte. Ferner ist auch Provitamin A in hohen Mengen enthalten.
Die Bäume können eine Wuchshöhe von bis zu 20 Meter erreichen, das bedeutet schon einigen Aufwand, das Wildobst ins Körbchen zu bekommen. Allerdings, insbesondere in höheren Lagen wächst die Eberesche auch strauchförmig. Zudem sollte man nur an hygienisch unbedenklichen Stellen sammeln. Da die Eberesche nicht nur dekorative Frucht- und Blütenstände hat, sondern auch eine relativ große Resistenz gegen Immissionen, ist sie in Städten häufig an Straßen als Allee- oder Einzelbaum zu finden.
Die Früchte sind nur kurz haltbar, also am besten: frisch gepflückt – frisch verarbeitet.
Eine Anfang des 19. Jahrhunderts in Nordmähren entdeckte Varietät, die Mährische Eberesche beziehungsweise Süße Eberesche (Sorbus aucuparia var. edulis oder var. moravica) hat doppelt so große Beeren, ist kaum bitter und hat einen höheren Zuckergehalt. Auch der Vitamin C-Gehalt ist höher. Von dieser Varietät gibt es verschiedene Züchtungen für den Garten. Die Süße Eberesche kann man roh essen, denn sie enthält kaum Parasorbinsäure. Im Geschmack erinnern diese Früchte ein wenig an Preiselbeeren.
Rüdiger Lobitz, www.bzfe.de