Salmonellen sind neben Campylobacter die häufigsten Erreger lebensmittelbedingter Erkrankungen. In seinem Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EUGH) entschieden, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaates frisches Geflügelfleisch auch dann als nicht sicheres Lebensmittel gemäß Artikel 14 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nummer 178/2002 beurteilen kann, wenn darin andere pathogene Mikroorganismen nachgewiesen wurden als Salmonella Typhimurium und Salmonella Enteritidis.
Salmonellen sind stäbchenförmige, gram-negative Enterobakterien, die in Faeces von Menschen und Tieren vorkommen. Mit tierischen Faeces verunreinigte Lebensmittel wie Fleisch und Eier, die nicht ausreichend erhitzt werden, übertragen Salmonellen auf den Menschen, wo sie Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Fieber verursachen können. Um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, soll frisches Geflügelfleisch keine Salmonellen enthalten.
Die Verordnung (EG) Nummer 2073/2005 schreibt als Sicherheitskriterium für frisches Geflügelfleisch vor, dass in 25 Gramm Geflügel Salmonella Typhimurium und Salmonella Enteritidis nicht nachweisbar sein dürfen. Neben Salmonella Typhimurium und Salmonella Enteritidis sind allerdings nahezu 2.700 weitere Salmonella-Serotypen (Serovare) bekannt.
In seinem Urteil vom 28. April 2022 in der Rechtssache C‑89/21 entschied der Europäische Gerichtshof (EUGH), dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaates frisches Geflügelfleisch auch dann als nicht sicheres Lebensmittel gemäß Artikel 14 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nummer 178/2002 beurteilen kann, wenn darin andere pathogene Mikroorganismen nachgewiesen wurden als Salmonella Typhimurium und Salmonella Enteritidis.
Der Fall
Im vorliegenden Fall hatte die zuständige litauische Behörde frisches Geflügelfleisch aus Polen beanstandet, in dem Salmonella Kentucky nachgewiesen worden war. Sie verhängte nicht nur ein Bußgeld gegen den Händler, sondern untersagte ihm auch, das Geflügelfleisch weiter in den Verkehr zu bringen. Stattdessen sollte es vernichtet werden. Dagegen klagte der Händler. Er machte geltend, dass das fragliche Geflügelfleisch die in der Verordnung (EG) Nummer 2073/2005 vorgegebenen Lebensmittelsicherheitskriterien erfüllt hätte. So landete der Fall beim Obersten Verwaltungsgericht Litauens. Dieses zog in einem Vorabentscheidungsverfahren den EUGH zu Rate.
Das Urteil
Der EUGH stützte die Einschätzung der litauischen Behörde: In seinem Urteil unterstreicht er, dass Artikel 1 der Verordnung Nummer 2073/2005 die zuständige Behörde ermächtigt, nicht nur die Einhaltung der in dieser Verordnung ausdrücklich festgelegten Kriterien zu überprüfen, sondern auch weitere Probenahmen und Untersuchungen durchzuführen, um andere Mikroorganismen sowie deren Toxine oder Metabolite nachzuweisen. Davon abgesehen verweist der EUGH auf Artikel 14 Absatz 8 der Verordnung Nummer 178/2002. Dieser besagt: „Entspricht ein Lebensmittel den für es geltenden spezifischen Bestimmungen, so hindert dies die zuständigen Behörden nicht, geeignete Maßnahmen zu treffen, um Beschränkungen für das Inverkehrbringen dieses Lebensmittels zu verfügen oder seine Rücknahme vom Markt zu verlangen, wenn… der begründete Verdacht besteht, dass es nicht sicher ist.“
Das Urteil des EUGH steht im Einklang mit der maßgeblichen Zielsetzung der lebensmittelrechtlichen Vorgaben, nämlich einem hohen Schutzniveau für die Gesundheit der Bevölkerung.
Quellen:
EUGH-Urteil in der Rechtssache C‑89/21 vom 28. April 2022
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:62021CJ0089&from=DE
BfR-Stellungnahme vom 12. April 2022: Salmonellen in Schokolade
https://www.bfr.bund.de/cm/343/salmonellen-und-schokolade.pdf