Viele Kinder haben eine angeborene Faszination für das menschliche Verdauungssystem und seine Ausscheidungsprodukte. Und sie lieben Reime und bunte Bilder. Was liegt also näher, als aus dieser Mischung ein Kinderbuch zu entwickeln? Die Mikrobiomforscherin Johanna Nelker hat genau das unter ihrem Autorinnenpseudonym Jane Jott getan. Mit „Bifodos Reise“ möchte sie Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren spielerisch vermitteln, wie uns nützliche Bakterien bei der Verdauung helfen.

Das Hardcover-Buch im DIN A5-Format liegt gut in der Hand. Für die Zielgruppe ansprechend sind die farbenfrohen Illustrationen von Isabelle Grunwald, allen voran die Darstellung des Titelhelden: Das Bifidobakterium Bifido zeigt sich als blau gezeichnete Mikrobe mit Tentakeln und wechselndem Gesichtsausdruck, je nachdem welche Aufgabe sie gerade bei der Verdauung übernimmt. Die Darstellung hat großen Wiedererkennungswert. Dieser erleichtert es kleinen Kindern der Geschichte zu folgen, oder gar eine eigene Idee davon zu entwickeln, wenn gerade keine Person zum Vorlesen greifbar ist. Dafür allerdings wäre es vorteilhaft gewesen, den rund 16-seitigen Text auf Kartonseiten zu drucken, denn zumindest für Drei- bis Vierjährige erscheinen die Papierseiten weniger geeignet.

Beim Text selbst handelt es sich um „Reime mit Charme“, so die Eigenbeschreibung der Autorin. Ihre Idee, Kindern über eine Erzählung in Reimform ein paar Häppchen Faktenwissen – hier Sachinformationen über nützliche Bakterien – anzubieten, hat tatsächlich Charme - allein deshalb, weil Gereimtes leichter im Gedächtnis bleibt. Reime ermöglichen es Kindern zudem, spielerisch die Welt der Sprache zu entdecken. Jotts Reime über Bifidos Reise vermögen diese Chancen jedoch nur teilweise zu nutzen. Denn ihnen fehlt es über weite Strecken an einer erkennbaren Sprachmelodie. Dabei fallen mitunter Begriffe, die nur wenig mit der Sprachwelt der Drei- bis Sechsjährigen gemein haben. Das gilt etwa für Formulierungen wie „Auch für das Immunsystem sind Bifidos ein gutes Indiz, doch das nur als Randnotiz“. Zudem nutzt sie Begriffe, die nichts oder nur wenig mit der Lebenswelt der Zielgruppe zu tun haben, beispielsweise „saures Milieu“, „Holobiont“ oder „Ballaststoffe“.

Jott stellt sich mit ihrem Buch der anspruchsvollen Aufgabe, einem sehr jungen Leserkreis mit einer Erzählung in Reimform Einblicke in die spannende, aber auch komplexe Welt der Darmbakterien zu geben. Dabei kann die Konzeption der Geschichte einschließlich ihrer grafischen Umsetzung überzeugen, der Text leider weniger.