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Früher war alles besser – zumindest beim Nährstoffgehalt von Feldfrüchten. Das ergaben Untersuchungen einer belgischen Forschergruppe.

Printemps / stock.adobe.com

Die Wissenschaftler prüften mithilfe der ICP-MS-Technik (Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma) Gerste, Lupinensamen, Färberdistel und Linsen aus dem 2. bis 6. Jahrhundert nach Christus auf ihren Gehalt an Spurenelementen wie Eisen und Zink. Die Saaten stammten aus der antiken griechischen Siedlung Karanis im alten Ägypten. Aufgrund des Wüstenklimas blieben dort viele Fundstücke aus organischen Materialien erhalten. Das verblüffende Ergebnis der aktuellen Untersuchungen: In modernem Getreide sind bis zu 30 Prozent weniger Mikronährstoffe enthalten als in den historischen Funden. Der Eisengehalt der antiken Ackerfrüchte lag im Schnitt sogar um 45 Prozent über dem heutiger Proben aus demselben Anbaugebiet.

Als mögliche Ursache gilt einerseits ein Verdünnungseffekt durch den großzügigen Einsatz synthetischer Düngemittel. Stickstoff zählte seit Beginn des Ackerbaus zu den anbaulimitierenden Faktoren in der Landwirtschaft, da sich seine Anreicherung im Boden auf den
Zusatz natürlicher Düngemittel wie Dung und Kompost beschränkte. Erst das Haber-Bosch-Verfahren, das die Fixierung von Stickstoff aus der Luft auf technischem Wege einführte, ermöglichte Anfang des 20. Jahrhunderts Herstellung und Einsatz von Stickstoffdünger in industriellem Maßstab. Dadurch explodierten die Erträge – und der Gehalt an sonstigen Mineralstoffen pro Samenkorn ging zurück, weil der Gehalt an Mikronährstoffen im Boden nicht im gleichen Maße anstieg.

Dazu kamen unvermutet andere Probleme: Die langen Halme der damals vorherrschenden Getreidesorten waren den nun stets prall gefüllten Ähren nicht gewachsen und knickten schnell um. Hohe Ernteverluste waren die Folge. Neue, robuste, kurzstielige Sorten mussten also her und traten im Zuge der Grünen Revolution in den 1950er- und 1960er-Jahren ihren Siegeszug rund um die Welt an. Erst später stellte sich heraus, dass diese neuen Sorten zwar Regen, Sturm und Wind auch bei größter Belastung trotzen – aber zugleich deutlich weniger Mineralstoffe aufnehmen und in ihren Samenkörnern einlagern.

Auch wenn die Grüne Revolution dazu beigetragen hat, die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, hat sie zugleich dafür gesorgt, dass sich die Versorgung mit lebenswichtigen Mikronährstoffen reduziert. Wie sich diese neue Erkenntnis zur Verbesserung der Ernährung
weltweit nutzen lässt, ist noch offen. Derzeit arbeiten die Forschenden vordringlich daran, weiteres Saatgut aus verschiedenen historischen Zeiträumen und Regionen zu untersuchen und in
ihren Proben die Profile für weitere Nährstoffe zu bestimmen, wie Vitamine, Aminosäuren, Gluten und Phytat.

Der Artikel ist erschienen in der Ernährung im Fokus Sommerausgabe 02 2022.

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