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Im FruVaSe-Projekt wurden unter anderem aus ausgewählten Obst- und Gemüsearten haltbare, nährstoffreiche Produkte hergestellt, um Lebensmittelverluste nach der Ernte zu reduzieren.

Christian / stock.adobe.com

In Ostafrika gehen bis zu 50 Prozent Obst und Gemüse nach der Ernte verloren. Dadurch kommt es in der Bevölkerung vor allem außerhalb der Erntesaison zu Mikronährstoffmangel. Im FruVaSe-Projekt wurden unter anderem aus ausgewählten Obst- und Gemüsearten haltbare, nährstoffreiche Produkte hergestellt und ihr Beitrag zu einer ausgewogeneren Ernährung der Bevölkerung sowie ihr Vermarktungspotenzial analysiert.

In den ostafrikanischen Ländern Kenia, Tansaniaund Uganda leben über 150 Millionen Menschen (Kenia: 55 Mio., Tansania: 62Mio., Uganda: 47 Mio.). Kenia hat mit 29 Prozent eine wesentlich niedrigere Armutsrate als Tansania (45 %) und Uganda (42 %).

Ernährungssituation

Der Welthunger-Index, der sich aus Daten zu Unterernährung in der Gesamtbevölkerung sowie Wachstumsverzögerung (stunting) und Auszehrung (wasting) bei Kindern zusammensetzt, liegt für alle drei Länder in der vorletztenKategorie „sehr ernst“. Des Weiteren ist der „versteckte Hunger“, der Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen, in ganz Ostafrika verbreitet. So sind etwa in Kenia 29, in Tansania 39 und in Uganda 33 Prozent der Frauen zwischen 15 und 49 Jahren von Anämie infolge eines Mangels an Folsäure, Vitamin B12 und/oderEisen betroffen.Obst und Gemüse sind anerkannte Quellen für viele wichtige Mikronährstoffe, jedoch sind sie in vielen Ernährungsformen weltweit unterrepräsentiert. So auch in Ostafrika, wo hunderte Gemüse- und Obstarten natürlich wachsen. Diese verfaulen in der Saison teilweise unter den Bäumen oder verwelken nach der Ernte während Transport und Lagerung. Weite Distanzen zwischen Anbauregionen und Konsumzentren tragen zu den Verlusten bei. Insbesondere außerhalb der Obst- und Gemüsesaison kommt es zu einseitiger und unausgewogener Ernährung der (ländlichen) Bevölkerung, die gar kein oder nur sehr wenig nährstoffreiches Obst und Gemüse verzehrt.


Das Projekt FruVaSe

Hier setzt das FruVaSe-Projekt an. Es möchte dazu beitragen, saisonale Lücken in der Ernährung zu schließen, indem das Potenzial bisher wenig untersuchter Obst- und Gemüsearten und deren Nebenprodukte für die Verarbeitung evaluiert und Verarbeitungsmethoden entwickelt oder angepasst werden. In einem interdisziplinären Ansatz entlang der Wertschöpfungskette werden neben der Verarbeitung auch Vermarktung, Konsumentennachfrage, der Beitrag zu einer ausgewogenen Ernährung und die Verwendung von Resten wie Obstschalen und -kerne für die Tierernährung sowie die Biogas- und Biokohle-Produktion (Lebenszykluskonzept) einbezogen. Das FruVaSe-Projekt suchte für jedes Land jeweils eine Obst- und Gemüseart aus und legte den Fokus auf ernährungsphysiologisch wertvolle Arten. Die gewählten Obstarten waren Guave in Kenia, Cashewapfel in Tansania, und Jackfrucht in Uganda, die ausgewählten Gemüsearten (grüne Blattgemüse) Augenbohnenblätter in Kenia, Afrikanischer Nachtschatten in Tansania und Maniokblätter in Uganda.

Für die Verarbeitung wurden neue und traditionelle Technologien der Verarbeitung und Haltbarkeitsverlängerung getestet, bewertet und weiterentwickelt und so die Produkte teilweise bis zur Marktreife geführt. Ein integrierter Systemansatz (water-energy-foodwaste nexus) stand im Fokus, um ein Modell für energieunabhängige, ressourceneffiziente Verarbeitungsverfahren zu entwickeln. Zusätzlich entstand ein Konzept für die Analyse und Reinigung von Wasser für die Saftherstellung.

In jedem Land wurden je nach Verfügbarkeit der sechs Obst- und Gemüsearten zwei Projektregionen ausgewählt, eine „Obst-“ und eine „Gemüseregion“, in Uganda zusätzlich eine Region für die Ernährungserhebung. Aus diesen Regionen gingen Obst und Gemüse in die Laboruntersuchungen und Produktentwicklungen ein; Umfragen zur Verarbeitung und zu den Ernährungsgewohnheiten von Frauen, Klein- und Schulkindern sowie zur Energiesituation vor Ort fanden in zwei verschiedenen Jahreszeiten statt. Für die Verbraucherstudien wurde neben den ländlichen Regionen auch jeweils eine urbane Region im gleichen Gebiet ausgewählt und dort zum Beispiel Akzeptanz und Zahlungsbereitschaft für ein bis zwei Obst- oder Gemüseprodukte getestet.

Die Studien zum Einsatz von Nebenprodukten in der Tierernährung fanden in Kenia, die zu Biogas und Biokohle in Uganda und die zum Trinkwasser in Tansania statt. Insgesamt arbeiteten zehn Doktorandinnen und Doktoranden sowie 19 Masterstudierende aus sechs verschiedenen Universitäten am FruVaSe-Projekt mit.

Verarbeitungstechniken

Je nach Obst- und Gemüseart sowie Region wurden verschiedene Verarbeitungstechnologien geprüft (siehe Übersichten 1 und 2). Der Fokus lag dabei auf nährstoffschonenden und einfachen Verfahren, die auch im ländlichen Raum auf Haushaltsebene oder in kleinen und mittelständischen Betrieben kostengünstig angewandt werden können. Es ging zum Beispiel um die Weiterverarbeitung durch Fermentation, Pasteurisierung oder Trocknung, entweder allein oder in Kombination mit weiteren Zutaten.

Als Trocknungsverfahren wurden Solar- und Ofentrocknung geprüft. Solartrocknung hat den Vorteil, dass die benötigte Energie kostenfrei zur Verfügung steht. Bei beiden Verfahren brauchen Lebensmittel allerdings relativ lang, bis sie ausreichend trocken sind. Eine kürzere Trocknungszeit bietet das „Refractance Window Drying“, etwa für die Trocknung von Jackfrucht-Stücken. Gleichzeitig sind die Trocknungstemperaturen geringer als im Ofen, sodass mehr Nährstoffe erhalten bleiben (Übersicht 2).

Die Verarbeitung in einfachem und kleinem Maßstab erwies sich als notwendig, um den ländlichen Anbaustrukturen gerecht zu werden und möglichst viel Erntegut haltbar zu machen. Dazu wird der weitere Aufbau von Verarbeitungskapazitäten erforderlich sein, insbesondere dort, wo Obst- und Gemüseüberschüsse auftreten.

Übersicht 1: Obstprodukte in den FruVaSe-Projektländern Kenia, Tansania und Uganda und wesentliche Ergebnisse aus Produktentwicklung und -untersuchung

Obst- und Gemüseprodukte in der lokalen Ernährung

Ein unzureichender Verzehr von Obst und Gemüse mit saisonalen Lücken ließ sich in Befragungen in allen sechs Forschungsregionen zu zwei verschiedenen Jahreszeiten sowohl für Frauen (15–49 Jahre, n=1.152) als auch für Schulkinder (6–13 Jahre, n=227) und Kleinkinder (6–23 Monate, n=200) bestätigen. Die Befragung beinhaltete neben einem 24-Stunden-Recall auch Fragen zu Wissen und Einstellungen gegenüber verarbeitetem Obst und Gemüse. Schulkinder (6–13 Jahre) gaben an, in der Schule weder Obst (über 50 % der Kinder) noch Gemüse (über 80 % der Kinder) zu essen. Die bekanntesten Gemüse- und Obstarten unter Schulkindern waren Kohl und Mango. Gleichzeitig konnten die Kinder nur wenige traditionelle und lokale Arten benennen. Frauen, die viel unverarbeitetes oder minimal verarbeitetes Obst und Gemüse aßen, neigten nicht zu Übergewicht/Adipositas, während Frauen mit einem von verarbeiteten Produkten geprägten Ernährungsmuster übergewichtig oder adipös waren.

In Tansania wurden neben der Nahrungsmittelaufnahme auch Daten zum Nahrungsmittelangebot auf den Märkten sowie dessen jeweiligem Preis ermittelt. Daraus wurde eine „Standardernährung“ berechnet, die Frauen und Kindern in den Forschungsregionen zu zwei verschiedenen Jahreszeiten je nach Angebot und üblicher Kost theoretisch zur Verfügung steht. Diese Standardernährung besteht im Wesentlichen aus stärkehaltigen Grundnahrungsmitteln, Gemüse, tierischen Produkten, Ölen und Fetten, beinhaltet aber kaum Obst. Sie konnte den Nährstoffbedarf an Eisen, Zink oder Vitamin A sowie teilweise anderen Vitaminen nicht decken. Außerdem waren die Kosten für diese Standardernährung in der Cashewapfel-Region Mtwara besonders hoch.

In einem weiteren Schritt wurde mit der „Cost of Diet“-Software, einer linearen Programmierung, berechnet, wie sich die Zugaben von einigen im Projekt entwickelten verarbeiteten Obst- und Gemüseprodukten auf die Ernährung der Frauen und Kinder auswirken würde – sowohl in Bezug auf die Nährstoffgehalte als auch auf die Kosten. Tatsächlich ließen sich durch die Zugabe von zusätzlichen Obst- und Gemüseprodukten die Kosten für eine ausgewogene Ernährung reduzieren und Mikronährstofflücken in der Standardernährung für Frauen und Kinder schließen. Getrocknete Blätter von Afrikanischem Nachtschatten, getrocknete Maniok- und Augenbohnenblätter sowie Cashewapfel-Saft, Guaven-Cashewnuss-Riegel und Jackfrucht-Cashewnuss-Riegel erwiesen sich in Laboruntersuchungen als besonders geeignet, bestehende Mikronährstofflücken zu schließen. Frauen und Kinder (ab 1 Jahr bis 13 Jahre) profitierten von den Produkten, während sich Nährstofflücken bei Säuglingen (6–11 Monate) so nicht schließen ließen.

Insgesamt war die Einstellung der Bevölkerung zu Verarbeitung und Verzehr von lokalen Obst- und Gemüsearten positiv. Dennoch wurden Obst und Gemüse nur selten verarbeitet, da das Wissen und der Zugang zu Verarbeitungstechnologien fehlten. Hier leistete das Projekt Pionierarbeit.

Übersicht 2: Gemüseprodukte in den FruVaSe-Projektländern Kenia, Tansania und Uganda und wesentliche Ergebnisse der Produktentwicklung und -untersuchung

Nachfrage und Vermarktung

Ein potenzieller Markt für verarbeitetes Obst und Gemüse war in allen sechs Projektgebieten vorhanden. Die sensorischen Eigenschaften der entwickelten Produkte wurden überwiegend sehr positiv bewertet und die Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden erlaubte bei einigen Produkten deutliche Gewinnerwartungen und eine Preissetzung, die der Großteil der Marktbesuchenden als akzeptabel empfand. Die Theorie der „Diffusion of Innovations“ ist jedoch zu berücksichtigen. So kann es aus ökonomischer Sicht vorteilhafter sein, die Produkte zunächst in städtischen Gebieten zu vermarkten, wo höhere Preise möglich sind und eine höhere Affinität Neuem gegenüber vorherrscht. Neben der Stadtbevölkerung zählen regionsunabhängig jüngere Männer zur Gruppe der „Early Adopters“. Daher sind Vermarktungsstrategien notwendig, die die besonders unter Mikronährstoffmangel leidenden Bevölkerungsgruppen wie Frauen, Kinder und Menschen auf dem Land gezielt adressieren.

In einer weiteren Studie in Uganda wurde die Verbraucherakzeptanz eines bereits bekannten Produkts, einem herkömmlichen Getreidebrei, mit dem Zusatz von Augenbohnenblattpulver untersucht. Diese Zugabe erhöhte relativ kosteneffizient den Nährwert, ähnlich wie die Zugabe von Jod zu Speisesalz. Trotz des Mehrwerts für die Ernährung und letztendlich die Gesundheit lassen sich die zusätzlichen Produktionskosten nicht unbedingt auf die Zielgruppen übertragen, wie die Studie von Tepe et al. (2022) verdeutlichte.

Regenerative Kreisläufe

Hühnerfutter

Bei der Verarbeitung von Obst und Gemüse fallen Reste an. Die Beimischung von bis zu fünf Prozent Guavenschalen und -kernen in das Futter für Masthähnchen beeinflussten Futteraufnahme, Gewichtszunahme, Futterverwertung, Verdaulichkeit und die wichtigsten Schlachtkörpermerkmale nicht negativ, wie Untersuchungen vor Ort zeigten. Damit sind Nebenprodukte/Reste der Guavenverarbeitung für die Beimischung in Hähnchenfutter geeignet. Das trägt zu einem nachhaltigen Lebenszykluskonzept bei.

Regenerative Energiequellen

Da für die Haltbarmachung und Verarbeitung von Obst und Gemüse in jedem Fall Energie benötigt wird, wurden verschiedene Energiequellen untersucht, die in den Projektregionen potenziell zur Verfügung stehen. Nach Auswertung der lokalen Wetterdaten und des Energiebedarfs für die Herstellung von ausgewählten FruVaSe-Produkten fiel die Wahl auf Solarenergie, gefolgt von Wasserkraft, sofern ausreichend fließendes Wasser zur Verfügung steht. Biogas ist vor allem für die Beleuchtung und das Heizen geeignet, weniger zur Erzeugung von elektrischem Strom.

Biogas

Der Einsatz von Biogasanlagen in Privathaushalten erwies sich als schwierig, da sie einen hohen Arbeitseinsatz und große Wassermengen erfordern. Gleichzeitig liefern sie wenig Gas und sind daher wenig effizient. Das führte in Uganda zu hohen Abbruchraten. Kommerzielle Anlagen sind vermutlich praktikabler, vor allem im Zusammenspiel mit der Obst und Gemüse verarbeitenden Industrie.

Biokohle

Reste der Jackfruchtverarbeitung sind potenzielles Ausgangsmaterial für die Biogasproduktion durch anaerobe Vergärung und die Biokohleproduktion durch Pyrolyse. Die gemeinsame Vergärung von Jackfruchtresten mit Kuh- und Hühnerkot verbesserte die Biogasproduktion sowie den Methan- und Nährstoffgehalt der Gärreste. Die Verwendung dieser nährstoffangereicherten Biokohle als Dünger konnte das Wachstum von Blattgemüse erheblich steigern.

Wasser

Um Fluorid und Krankheitserreger aus verunreinigtem Wasser gleichzeitig entfernen zu können, testete man das Elektrokoagulationsverfahren vor Ort. Der Betrieb mit Solarenergie erwies sich als vielversprechende Lösung und das System als geeignet, um Menschen vor Fluorose und Krankheitserregern aus dem Wasser zu schützen. Gleichzeitig lässt sich damit sauberes Wasser für die Obst- und Gemüseverarbeitung zur Verfügung stellen.

Interview mit Dr. Duke Gekonge

Interview mit Dr. Duke Gekonge, Doktorand am Department of Food Science, Nutrition and Technology, University of Nairobi, Kenia

Was war deine Aufgabe in diesem Projekt?

Ich war Doktorand (2018–2021) an der Universität von Nairobi. Mein Forschungstitel war „Guave (Psidium guajava L.) – Produktion, Nutzung und Verarbeitung in Kenia: Entwicklung von nährstoffangereicherten Guavennektaren aus lokalen Sorten“. Die Arbeit fand im Rahmen des FruVaSe-Projekts statt.

Warum wird deiner Meinung nach in Kenia so wenig Obst und Gemüse verarbeitet? Wie könnte sich das ändern?

Obwohl das tropische Klima Kenias die Produktion von tropischen Früchten und grünem Blattgemüse begünstigt, werden die lokalen Produkte hauptsächlich frisch verzehrt und nur minimal verarbeitet. Investitionen in geeignete Sorten und gute Bewirtschaftungspraktiken für qualitativ hochwertiges Obst und Gemüse fehlen, um Betriebe damit versorgen zu können. Die mangelnde Vertrautheit mit traditionellen und modernen Methoden der Obst- und Gemüseverarbeitung ist ein großes Hindernis für die Obst- und Gemüseverarbeitung im Haushalt. Auf kommerzieller Ebene fehlen – häufig kapitalintensive – Verarbeitungsanlagen.

Ein weiteres Problem ist, dass die Früchte in ländlichen Gebieten angebaut werden, die nur wenig entwickelt sind, wenige Verarbeitungsstätten haben, in denen zudem technische Fachkräfte fehlen. So kann kein Mehrwert entlang der verschiedenen Wertschöpfungsketten entstehen.

Auf dem Land tragen der freie Zugang zu Obst und Gemüse in fast allen Haushalten, fehlendes
Wissen hinsichtlich des Nährwerts der verarbeiteten Obst- und Gemüseprodukte, eine entsprechend unzuverlässige Marktnachfrage und geringe Kaufkraft zur schleppenden Vermarktung der verarbeiteten Produkte bei. Daher werden eher Vermarktungskanäle in den städtischen und stadtnahen Gebieten geschaffen, wo Interesse und Kaufkraft für verarbeitete Lebensmittel höher sind.

Die Förderung der Verarbeitung in ländlichen Gebieten erfordert Investitionen in die Vermittlung
von Informationen, Kenntnissen und Fertigkeiten, die Gründung von Kleinst-, Klein- und
Mittelstandsunternehmen (KKMU) und die Ermutigung der jungen Generation zur Teilnahme an
wertschöpfenden Verfahren. Durch eine marktorientierte Nachfrage nach neuartigen, verarbeiteten Produkten, die aus lokalen Ressourcen entwickelt werden, könnten höhere  Gewinnspannen erzielt werden als mit frischer Ware.

Was hat dich an deinem Dissertationsthema am meisten fasziniert?

Ich war fasziniert von der Aussicht, aus den wilden, wenig genutzten, aber sehr nahrhaften kenianischen Guaven, die bis dato nicht kommerziell genutzt wurden, eine Vielzahl von Guavenprodukten herzustellen und zu vermarkten. Über die Nektare hinaus konnte ich die Verarbeitungstechniken für sieben weitere Guavenprodukte standardisieren.

Was war deine größte oder überraschendste Erkenntnis während des FruVaSe-Projekts? Was wirst du nach deiner Promotion tun?

Die hohe Verbraucherakzeptanz und Marktfähigkeit der Produkte, die ich während meiner Forschung entwickelt habe, war der wichtigste Aspekt meines Projekts. Unsere Markttests haben gezeigt, dass wir durch die Verarbeitung von lokal angebauten Früchten nachhaltige Geschäftsmodelle schaffen können, von denen verschiedene Akteure entlang der Wertschöpfungskette profitieren, einschließlich der landwirtschaftlichen Betriebe. Es entstehen Arbeitsplätze für die Jugend und die Bevölkerung hat ganzjährig Zugang zu nahrhaftem verarbeitetem Obst. Bevor ich mein Post-Doc-Studium fortsetzte, begann ich eine Kooperation mit Pera Foods. Das ist ein Start-up-Unternehmen, das lokal verarbeitete Früchte vermarktet, um die nationalen Wertschöpfungsketten für Guaven und andere Obst- und Gemüsearten zu sichern. Es setzt die im Rahmen des FruVaSe-Projekts entwickelten Techniken um.

Glücklicherweise erhielt ich nach Abschluss meines Studiums eine Starthilfe der Universität, um Verarbeitung und Vermarktung der Guaven fördern zu können. Diese Produkte trugen dazu bei, dass wir auf der Innovationswoche 2022 in Nairobi unter mehr als 40 Ausstellenden den zweiten Platz belegten und ein Preisgeld erhielten.

Fazit und Empfehlungen

Der Obst- und Gemüsekonsum in Ostafrika liegt weit unter den Empfehlungen der WHO. Die gesamte Wertschöpfungskette von Obst und Gemüse – und insbesondere die Nacherntebehandlung und Verarbeitung/Konservierung – werden in Forschung und Entwicklung immer noch nicht ausreichend berücksichtigt. Im FruVaSe-Projekt wurden mehrere Verarbeitungsmethoden getestet, die zu nährstoffreichen, mikrobiologisch sicheren und bis zu sechs Monate lang haltbaren Produkten führten. Die Erzeugnisse kamen bei der Bevölkerung gut an und stoßen weiterhin auf Nachfrage. Diese wird sich verstetigen lassen, wenn den Menschen auch die gesundheitlichen Vorteile der Produkte nahegebracht werden können. Diese bieten eine preiswerte Möglichkeit, auch auf Basis weiterer lokaler Obst- und Gemüsearten, eine bedarfsdeckende, mikronährstoffreichere Ernährung zu ermöglichen – vor allem, solange nicht zu allen Jahreszeiten frisches Obst und Gemüse verfügbar ist.

Erforderlich erscheint in diesem Zusammenhang eine genaue Definition und neue Einordnung von „verarbeitetem Obst und Gemüse“ in die NOVA-Klassifizierung verarbeiteter Lebensmittel, da diese häufig pauschal als „ungesund“ abgestempelt werden. Die differenzierte Unterscheidung von „gesunden“ und „weniger gesunden“ Produkten sowiedie Integration von nahrhaftem verarbeiteten Obst und Gemüse in die nationalen afrikanischen Ernährungsrichtlinien und -programme, etwa in Form lebensmittelbasierter Ernährungsempfehlungen, sollte zügig umgesetzt werden.

Von den getesteten Trocknungsmethoden erwiesen sich vor allem das „Refractance Window Drying“ und die Ofentrocknung als geeignet, um möglichst viele Nährstoffe zu erhalten. Gleichzeitig benötigten diese Trocknungsmethoden jedoch relativ viel elektrische Energie, die in ländlichen Gebieten nicht immer ausreichend vorhanden ist. Deshalb wäre es sinnvoll, für die lokale Verarbeitung Solarenergie oder, wo vorhanden, Wasserkraft zu nutzen. Unterstützende politische Interventionen könnten außerdem folgende Maßnahmen umfassen:

  • Förderung von Verarbeitungstechnologienund/oder Steuererleichterungen für obst- und gemüseverarbeitende Betriebe, vor allem auch im ländlichen Raum
  • Vergabe günstiger Kredite für die Produktion von Obst und Gemüse, deren Verarbeitung (Ausrüstung) und die Bereitstellung von (erneuerbarer) Energie
  • Information und Sensibilisierung der Bevölkerung, wie auf einfachem Weg neue Obst- und Gemüseprodukte zu traditionellen Mahlzeiten hinzugefügt werden können
  • Aktive Verknüpfung von landwirtschaftlichen Betrieben mit Obst- und/oder Gemüseüberschüssen mit Institutionen/Einrichtungen/Betrieben zur Verarbeitung
  • Organisation von Wasser- und Energiebereitstellung; diese sollte auf Gemeindeebene erfolgen, nicht auf Haushaltsebene

Für das Autorenteam:

Dr. Gudrun B. Keding ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Department für Nutzpflanzenwissenschaften der Universität Göttingen. Sie koordinierte das FruVaSe-Projekt und leitete das Arbeitspaket „Ernährungsmuster und Nachhaltige Ernährung“.

Kontakt

Dr. Gudrun Keding
Department für Nutzpflanzenwissenschaften
Abt. Qualität pflanzlicher Erzeugnisse
Carl-Sprengel-Weg 1, 37075 Göttingen

gudrun.keding@agr.uni-goettingen.de

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