Aufgrund der hierzulande jodarmen Böden ist der natürliche Jodgehalt vieler Lebensmittel vergleichsweise gering. Das erschwert selbst bei einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung eine ausreichende Versorgung mit Jod. Tatsächlich weisen im Median 32 Prozent aller Erwachsenen das Risiko einer unzureichenden Jodzufuhr auf (Remer, Thamm 2015; DGE 2016). Bei den Kindern und Jugendlichen unterschreiten knapp 44 Prozent mit der Jodaufnahme ihren geschätzten mittleren Bedarf (Hey, Thamm 2019). Dabei können die meisten Menschen in Deutschland gut mit Jod versorgt sein, wenn sie wöchentlich Meeresfisch, täglich Milch und Milchprodukte verzehren und darauf achten, dass zugesetztes Salz – egal, ob zu Hause oder beim Kauf von Convenience-Produkten – immer jodiert ist. Eine sinnvolle Ergänzung des Speiseplans sind außerdem Eier (BfR 2021a; DGE o. D.). Bei einigen Bevölkerungsgruppen allerdings genügt es nicht, wenn sie diese Empfehlungen befolgen. Sie müssen genauer auf ihre Jodzufuhr achten, um wirklich ausreichend Jod aufzunehmen.
Schwangere, Stillende und Frauen mit Kinderwunsch
Da Schwangere ihr ungeborenes Kind mit Jod mitversorgen, wird für sie ein Mehrbedarf von rund 30 Mikrogramm pro Tag angenommen. Für sie liegt die tägliche Zufuhrempfehlung also bei 230 Mikrogramm Jod; stillenden Frauen wird eine Zufuhr von sogar 260 Mikrogramm pro Tag empfohlen (DGE 2015). Beide Personengruppen haben aufgrund des erhöhten Bedarfs ein gewisses Risiko einer unzureichenden Jodversorgung (BfR 2021b), wobei dieses für junge Frauen im gebärfähigen Alter ohnehin schon besteht (Remer, Thamm 2015; DGE 2016). Das ist umso problematischer, als die Jodversorgung des Ungeborenen von der seiner Mutter abhängt. Ist sie unterversorgt, trifft das auch auf das Ungeborene zu. Die Folgen können erheblich sein. So erhöht sich das Risiko für Fehl- und Totgeburten sowie Fehlbildungen. Unter anderem können die Knochenreifung und die Gehirnentwicklung des Kindes schwer beeinträchtigt werden (BfR 2021b).
Da es selbst mit einer bewussten Speiseplangestaltung schwer ist, den empfohlenen Mehrbedarf in Schwangerschaft und Stillzeit zu decken, empfiehlt das Netzwerk Gesund ins Leben Frauen in dieser Phase zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung ein Nahrungsergänzungsmittel mit einer Tagesdosis von 100 (bis 150) Mikrogramm Jod einzunehmen (Koletzko et al. 2018). Eine Mehrdosierung, unter Umständen über parallele Einnahme zusätzlicher Nährstoffpräparate ist nicht empfehlenswert (BfR 2021a). Da eine gute Jodversorgung nicht erst in der Schwangerschaft, sondern bereits vor der Befruchtung wichtig ist, sollten sich auch Frauen mit Kinderwunsch zur Bedeutung von Jod beraten lassen (Koletzko et al. 2018).
Menschen, die vegetarisch oder vegan leben
Natürliche Jodquellen sind vor allem Lebensmittel tierischen Ursprungs – an erster Stelle Meeresfisch, gefolgt von Milch und Milchprodukten sowie Eiern. Entsprechend tragen Menschen, sie sich vegetarisch oder vegan ernähren, automatisch ein erhöhtes Risiko für eine Unterversorgung mit Jod. Besonders kritisch ist die Jodversorgung im Fall einer veganen Ernährung, weil hier nicht nur Meeresfisch fehlt, sondern auch keine Milch- und Milchprodukte oder Eier auf dem Speiseplan stehen. Entsprechend muss in besonderem Maße darauf geachtet werden, dass ein potenzielles Joddefizit durch den Verzehr von zum Beispiel geeigneten Meeresalgen und solchen pflanzlichen Produkten aufgefangen wird, die mit jodiertem Speisesalz hergestellt sind. Das gilt umso mehr für Kinder und Jugendliche (Rudloff et al. 2018), für die eine vegane Ernährungsweise jedoch ohnehin als nicht empfehlenswert gilt (Richter et al. 2020).
Eine pauschale Empfehlung zur Jod-Supplementierung gibt es allerdings weder für Menschen, die sich vegetarisch noch für Menschen, die sich vegan ernähren. Hier muss stets im Einzelfall, gegebenenfalls durch individuelle ärztliche Beratung, entschieden werden, ob eine solche sinnvoll und nötig ist. Veganerinnen und Vegetarierinnen sollten sich dies umso mehr zu Herzen nehmen, sobald sie einen Kinderwunsch hegen. Denn bei ihnen ist eine Jodunterversorgung deutlich ausgeprägter als bei Mischköstlerinnen (Weikert et al. 2020).
Jodversorgung bei Allergien und Unverträglichkeiten
Fisch und Kuhmilch zählen zu den Nahrungsmitteln, die innerhalb Europas am häufigsten allergische Reaktionen auslösen (Worm et al. 2021). Zwar liegt die Gesamtprävalenz von Nahrungsmittelallergien bei Erwachsenen bei nur rund 3 Prozent und bei Kindern zwischen 3 und 6 Prozent (Allergieinformationsdienst 2019; Langen et al. 2013), gleichwohl stehen Betroffene im Alltag vor großen Herausforderungen, auch im Hinblick auf ihre Jodversorgung. Sie müssen nicht verträgliche Jodquellen durch andere Jodquellen kompensieren. Für Menschen, die auf Fisch allergisch reagieren, kommen Meeresfrüchte wie Miesmuscheln oder Garnelen in Frage, denn mit einer Fischallergie geht nicht zwingend eine Meeresfrüchteallergie einher (Europäische Stiftung für Allergieforschung 2016). Wer allergisch auf Kuhmilch reagiert, könnte auf Ziegenmilch zurückgreifen (Kengeter 2003). Gleichzeitig sind rund 17,5 Prozent der Bevölkerung in Deutschland von einer Laktoseintoleranz betroffen (Destatis 2012) – sie vertragen weder Kuh- noch Ziegenmilch. Laktosefreie Milch, Milchprodukte und bestimmte Käsesorten können hier eine Alternative sein. Alle Betroffenen können ihre Jodversorgung durch den konsequenten Einsatz von jodiertem Speisesalz sowie damit hergestellter Produkte verbessern. Dazu zählt zum Beispiel auch selbst gebackenes Brot.
Was ist eine Jodallergie oder eine Jodunverträglichkeit?
Eine „Jodallergie“ im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Denn Jodid oder Jodat - Jodverbindungen, die in Lebensmitteln vorkommen - sind viel zu klein, um als Allergene wirken zu können. Wenn jodhaltige Produkte wie Röntgenkontrastmittel oder organische Jodverbindungen, die zum Beispiel zur Wundbehandlung genutzt werden, allergische Reaktionen auslösen, so gehen diese auf Stoffe zurück, die an Jod gebunden sind, nicht aber auf Jod selbst (BfR 2021).
Bekannt ist hingegen eine als „Jodakne“ bezeichnete Unverträglichkeitsreaktion. Sie geht mit Hautveränderungen einher, tritt aber nur auf, wenn täglich Jod von mehreren Milligramm oder Gramm aufgenommen wird. Solche Aufnahmemengen sind über normale Lebensmittel, mit Ausnahme jodreicher Algen, nicht möglich (Gärtner et al. 2021).
Verzehr von Kohl bei bestehender Schilddrüsenvergrößerung
Inhaltstoffe bestimmte Lebensmittel können die Bioverfügbarkeit von Jod beeinträchtigen (Hahn et al. 2016). Sie werden als goitrogene (von engl. goiter = Kropf) oder strumigene Substanzen oder Nahrungsmittel bezeichnet, da die in ihnen enthaltenen Cyanate die Jodaufnahme in die Schilddrüse kompetitiv hemmen. Das kann theoretisch zu Kropfbildung führen. Zu diesen Lebensmitteln zählen zum Beispiel Zwiebeln, Maniok, Soja, Tofu, Wal- und Erdnüsse und viele Kohlarten. Die strumigenen Substanzen verlieren beim Kochen weitgehend ihre nachteilige Wirkung auf die Jodbioverfügbarkeit. Wer von einer Schilddrüsenvergrößerungen betroffen ist, sollte auf übermäßigen und einseitigen Konsum dieser Nahrungsmittel verzichten. Bei einer normalen Mischkost besteht kein Handlungsbedarf (Deutsches Schilddrüsenzentrum o. D.; Podlogar, Schmollich 2019).
Medikamentöse Beeinflussung der Schilddrüsenfunktion
Die Schilddrüsenfunktion unterliegt einem streng regulierten Regelkreis, der zahlreiche Angriffspunkte für unerwünschte Wechselwirkungen mit verschiedenen Medikamenten bietet. Diese können im Therapieverlauf Symptome der Grunderkrankung maskieren oder ursprüngliche Beschwerde noch verstärken. So etwa kann die Behandlung von Herzrhythmusstörungen mit Amiodaron eine Funktionsstörung der Schilddrüse hervorrufen oder eine Lithium-Therapie im Falle einer psychiatrischen Erkrankung zu einer manifesten Hypothyreose führen (Wolf et al. 2014). Diese Beispiele verdeutlichen, wie wichtig es ist, vor der Medikamenteneinnahme den Beipackzettel genau zu lesen und etwaige Wechselwirkungen auf die Schilddrüsenfunktion in der ärztlichen Praxis zu besprechen. Genauso muss im Kontext einer Medikamenteneinnahme zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen die Ernährung ins Visier genommen werden. So kann etwa Milch die Aufnahme des Schilddrüsenersatzhormons Levothyroxin (L-Thyroxin) im Darm herabsetzen.