Moderator Sven Preger, BLE-Präsident Dr. Hanns-Christoph Eiden, BZfE-Leiterin Dr. Margareta Büning-Fesel und Organisatorin des BZfE-Forums Eva Zovko (v. l.) begrüßten über 300 teilnehmende Ernährungsexperten.
(BZfE) – Warum haben jahrzehntelange Informationskampagnen die Menschen nicht zu einem besseren Ernährungsverhalten motiviert? Weil sie übersehen, dass wir die meisten der über 200 Essentscheidungen pro Tag nicht bewusst, sondern per Autopilot treffen. Und weil sie unterschätzen, dass Ernährungsempfehlungen eine Vielzahl an Abwehrreaktionen hervorrufen, die im Sinne von „jetzt erst recht“ oder „mir doch egal“ genau das Gegenteil erreichen. Außerdem ist unsere Umwelt nicht artgerecht: Sie macht es den Menschen unnötig schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Diese und andere Erklärungen lieferten die Referenten auf dem 1. Forum des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) am 19. September 2017 in Bonn und riefen dazu auf, neue Wege zu gehen und das ganze Orchester an möglichen Maßnahmen zu nutzen und nicht nur auf Information zu setzen.
Zu diesen Maßnahmen gehören Instrumente der Politik wie Sondersteuern auf zuckerhaltige Softdrinks, Bannmeilen für Fastfood-Ketten um Schulen oder kleinere Portionsgrößen in Kantinen. „Bisher nimmt Deutschland hier wahrlich keine Vorreiterrolle ein“, so Professor Achim Spiller von der Universität Göttingen. „Wenn wir massive Probleme wie das Übergewichtsproblem lösen wollen, brauchen wir einen Mix aller zur Verfügung stehenden Instrumente. Die Lebensmittelindustrie und der Handel zeigen uns schon lange, wie sich dadurch die gewünschten Effekte erzielen lassen.“
Dass auch auf der individuellen Ebene Verhaltensänderungen möglich sind, davon ist Professor Britta Renner von der Universität Konstanz überzeugt. „Wir sind keine Steine, sondern grundsätzlich sehr anpassungs- und lernfähig“, so die Psychologin. Das zeigen neue Trendlebensmitteln wie Cupcakes, die innerhalb weniger Jahre den Markt erobert haben. Um ein gesundheitsförderliches Ernährungsverhalten zu erreichen, setzt Renner auf einfache Botschaften, die mehr den Spaß und das Wohlbefinden im Blick haben sollten. Dabei können gut gemachte Apps wie die „Was-wir-essen-App“ des BZfE helfen. Sie geben regelmäßige Trigger, bestimmte Ziele wie „mehr Gemüse essen“, zu verfolgen, anstatt mit den möglichen Gesundheitsrisiken von zu viel Chips oder Fleisch zu drohen.
„Jetzt ist die Zeit gekommen, dass wir alle unsere Erkenntnisse endlich in Taten umwandeln“, fasste die Leiterin des BZfE Dr. Margareta Büning-Fesel den Tag zusammen. Durch einen kreativen Mix aus Bildung und Überzeugungsarbeit, der Nutzung von Vorbildern und Anreizen, einer an die Bedürfnisse der Menschen angepassten Umwelt und wo es nötig und zielführend ist auch mit Gesetzen und Verboten. „Gerne stehen wir der Politik dabei mit all unserer Kraft und Kompetenz zur Seite“, so Büning-Fesel.
Außerdem möchte das BZfE zusammen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) von den vielen Ideen und best practice-Beispielen lernen, die schon heute aus der Mitte unserer Gesellschaft kommen. Um dieses Potenzial zu nutzen, startete auf dem Forum der bundesweite Ideenaufruf "Vom Wissen zum Handeln“.
Der Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Hanns-Christoph Eiden, freut sich, dass es mit dem BZfE eine starke Stimme gibt, die sich für gesunde Ernährung für alle einsetzt und dass das BZfE-Forum im Rahmen der 1. Bonner Ernährungstage mit 300 teilnehmenden Ernährungsexperten ein voller Erfolg war.