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Warum machen sich heute so viele Menschen Gedanken über ihr Essen? Weil sie gesund, schlank und fit sein möchten. Oft aber auch, um zu demonstrieren, welche Werte ihnen wichtig sind. 

Junger Mann mit Heiligenschein über dem Kopf vor schwarzem Hintergrund
AdobeStock/lassedesignen

Manche Menschen essen ohne medizinische Notwendigkeit glutenfrei. Andere schwören auf „Low Carb“, „Clean Eating“, Intervall-Fasten oder leben vegan. Noch nie gab es so viele Ernährungstrends wie heute. Und noch nie wurde darüber so viel geschrieben, geredet und gestritten. Denn was den einen heilig ist, nervt oder beunruhigt die anderen: Wenn die Buffetplanung für die Feier zur Herausforderung wird. Wenn sich Eltern Sorgen um die Gesundheit ihres Kindes machen. Wenn Ernährungsberaterinnen und -berater Menschen mit Übergewicht betreuen.

Sich aufregen oder solche Trends zu verurteilen, hilft jedoch wenig. Es gilt vielmehr zu verstehen, warum vielen Menschen heute so wichtig ist, was sie essen oder eben nicht essen. Nur dann lässt sich die nötige Toleranz aufbringen und vorsichtig gegensteuern, wenn Gefahr im Verzug ist. Das gilt besonders für Ernährungsberater*innen und Ernährungstherapeut*innen. Nur so finden sie die richtigen Worte, um ihre Klientinnen und Klienten zu einem entspannten Essverhalten zurückzuführen. Das kann lebenswichtig sein, wenn deren Beschäftigung mit dem Essen zwanghafte Züge annimmt.

Du bist, was du isst!

Während sich viele Menschen früher über ihre Religion oder politische Überzeugung definierten, tun sie es heute über ihren Ernährungsstil. Denn darin geht es nicht nur um die Auswahl von Lebensmitteln, sondern um einzelne oder ein ganzes Bündel von Werten: So möchten manche vegetarisch oder vegan lebende Menschen sich und anderen ihre ethische Haltung demonstrieren. Bei Clean Eating und Paleo kann Kritik an der Lebensmittelindustrie und Zivilisation mitschwingen. Bio-Lebensmittel stehen für Gesundheit und Nachhaltigkeit.

Integration und Abgrenzung

Wer einem Ernährungstrend folgt, findet so leicht Kontakt zu Gleichgesinnten. Das ist besonders in anonymen Städten und für junge Menschen wichtig. Dabei helfen die sozialen Medien. Hier lassen sich das selbst gekochte Essen, der verpackungsfreie Einkauf oder der gemeinsame Restaurantbesuch optisch in Szene setzen. Wohlwollende Kommentare und Likes sorgen für Bestätigung, „das Richtige“ zu tun. Die Community auf Facebook, Instagram oder Pinterest tauscht Rezepte und Erfahrungen aus und motiviert sich gegenseitig. Gleichzeitig grenzt sie sich von anderen ab, die sich entweder wenig Gedanken über ihre Ernährung machen oder einem anderen Trend folgen.

Orientierung im Überfluss

Ernährungsstile mit klar definierten „dos and don’ts“ haben noch einen weiteren praktischen Nutzen. Sie erleichtern Verbrauchenden die Qual der Wahl in der unüberschaubaren Lebensmittelvielfalt. Und so lassen sich die widersprüchlichen Aussagen der Wissenschaft und Medien besser ertragen. Wer von „seiner“ Ernährungsweise überzeugt ist, schert sich nicht um derartige Kontroversen. Der weiß genau, welche Lebensmittel gut für ihn sind und lässt sich darin nicht beirren.

Gesund essen als Herausforderung

So unterschiedlich manche Ernährungsstile sind, so sehr eint sie das Kriterium Gesundheit. Während Gesundheit früher ein Geschenk Gottes und nicht zu beeinflussen war, sind heute alle selber dafür verantwortlich. Daran beteiligen sich auch die Multiplikator*innen im Ernährungsbereich. Sie erklären, wie Ernährung Erkrankungen beeinflusst und propagieren einen gesunden und ausgewogenen Speiseplan.

Viele Menschen befinden sich daher in einem permanenten Zustand der Selbstoptimierung. Sie setzen bei sich oder anderen Gesundheit und Leistungsfähigkeit mit Erfolg gleich. Wer krank wird, hat versagt und ist selber schuld.

Orthorexie: Wenn gesund essen zum Zwang wird

Im schlimmsten Fall mündet das strikte Einhalten eines Ernährungsstils in eine neue Art von Essstörung, der Orthorexia nervosa. Die Betroffenen beschäftigen sich täglich mehrere Stunden mit ihrer Ernährung. Sie entwickeln ein zwanghaftes Verhalten, gesund zu essen und manchmal einen missionarischen Eifer ihren Mitmenschen gegenüber. Auf der Webseite von IN FORM gibt es 

Infos zur Orthorexie und einen Selbsttest

Fazit für die Ernährungsberatung und Kommunikation

  • Es gilt herauszufinden, welche Wertvorstellungen hinter einer bestimmten Ernährungsweise stecken und diese zu akzeptieren. Das ist die Grundlage für einen wertschätzenden Dialog.
     
  • Möchte zum Beispiel Eltern ihr Baby aus tiefster Überzeugung vegan ernähren, nützt es wenig, wenn die Ernährungsberaterin mit möglichen Entwicklungsverzögerungen droht und sie davon abzubringen versucht. Sie tut besser daran, diese Entscheidung zu verstehen und die Eltern so zu unterstützen, dass das Baby gesund und ohne Mangelerscheinungen aufwächst.
     
  • Fachinstitutionen wie das Bundeszentrum für Ernährung oder die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Krankenkassen und Verbraucherorganisationen sollten sich weiter bemühen, mit ihren Ernährungsempfehlungen die Bedürfnisse der Menschen nach Identifikation und Orientierung zu erfüllen. Das gelingt mit einer authentischen Selbstdarstellung und einer zielgruppengerechten Kommunikation auf allen Kanälen – egal, ob analog oder digital. Wichtig sind außerdem einfache, attraktive und einheitliche Botschaften. Wie das gelingen kann, zeigt das Netzwerk Gesund ins Leben.
     
  • Menschen sollten dazu ermutigt werden, sich über die Motivation hinter ihrem Essverhalten Gedanken zu machen. Warum essen und trinken sie so und nicht anders? Welchen Nutzen versprechen sie sich vom Verzicht auf bestimmte Lebensmittel? Speziell für Schüler gibt es dazu ein passendes Medienpaket vom BZfE: Mit dem Qualitätsfächer werden Begriffe wie Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und Lifestyle verständlicher.
     
  • Theoretisches Wissen und praktische Fertigkeiten sind wichtig für einen gesunden Lebensstil. Ebenso wichtig ist jedoch die Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse. Habe ich Hunger oder Appetit? Wie beeinflusst meine Stimmung, was ich esse und trinke? Durch genaues Hinspüren und mehr Achtsamkeit im Alltag lassen sich diese Fragen beantworten. Und lässt sich letztendlich ein entspannter Umgang mit dem Essen erlernen, bei dem sich Genuss und Gesundheit die Waage halten.

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