Viele Stillende und Schwangere halten Stillen und Berufstätigkeit für nicht vereinbar und stillen vor dem Wiedereintritt in Job, Ausbildung oder Studium ab. Dabei ist das deutsche Mutterschutzgesetz auf ihrer Seite: Bis zum ersten Geburtstag des Kindes haben Stillende das Recht auf bezahlte Stillzeiten, Arbeitgebende müssen geeignete Bedingungen für das Stillen oder Abpumpen schaffen, etwa einen abschließbaren Raum mit einer bequemen Sitzgelegenheit, Steckdose, Ablagefläche, Waschbecken und einer Kühlmöglichkeit in der Nähe. Darüber hinaus beinhaltet das Gesetz weitere Regeln zu Arbeitszeiten, Überstunden und zum Schutz vor Gesundheitsgefährdungen im Arbeitsumfeld.
Gut zu wissen: Stillzeiten sind bezahlte Arbeitszeit
Weltstillwoche 2023
Die diesjährige Weltstillwoche findet vom 2. bis 8. Oktober statt. Unter dem Motto "Stillen im Beruf – kenne deine Rechte" will sie dazu beitragen, stillenden Müttern den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern. Das Netzwerk Gesund ins Leben und zahlreiche Akteur*innen und Institutionen klären Arbeitnehmende sowie Arbeitgebende über die aktuelle Rechtslage auf und geben wertvolle Tipps.
Wer in einem Beschäftigungsverhältnis ist, hat im ersten Jahr nach Geburt des Babys Anspruch auf bezahlte Stillzeiten. In diesen Zeiten kann die Mutter das Kind stillen oder Milch abpumpen. Die Stillzeiten müssen die Frauen nicht vor- oder nacharbeiten. Bei Vollzeitbeschäftigten beispielsweise sind das mindestens zweimal täglich 30 Minuten oder einmal pro Tag 1 Stunde. Auch Teilzeitbeschäftigten stehen Stillzeiten zu: Diese sollten so liegen, dass möglichst wenig Arbeitszeit wegfällt, zum Beispiel am Beginn oder Ende des Arbeitstags. Ist der Stillbedarf etwa bei jüngeren Kindern höher, können individuell längere Stillzeiten vereinbart werden. An Sonntagen, Feiertagen und in der Nacht müssen Stillende nicht arbeiten. Auch Schülerinnen und Studentinnen können sich für Stillzeiten freistellen lassen, zum Beispiel während mehrstündiger Prüfungen.
Auch Arbeitgebende und das Kollegium profitieren
Stillen fördert vielfältig und wirksam die Gesundheit von Mutter und Kind, das ist wissenschaftlich belegt: Gestillte Kinder haben zum Beispiel eine um ein Viertel geringere Wahrscheinlichkeit für Übergewicht oder Typ 2-Diabetes und ein um die Hälfte verringertes Risiko für den plötzlichen Kindstod wie Babys, die mit Säuglingsmilch ernährt werden. Doch nicht nur Mutter und Kind haben Vorteile, wenn die Stillfreundlichkeit im Betrieb gefördert wird: Gesunde Mitarbeiterinnen mit gesunden Babys haben tendenziell weniger Fehlzeiten. Auch die Belegschaft profitiert von früh zurückkehrenden Kolleginnen, die ihrer Tätigkeit wieder nachgehen und sich in den Betrieb einbringen. Und im Wettbewerb um Fachkräfte kann Stillfreundlichkeit für den Betrieb ein echter Wettbewerbsvorteil sein.
Den Anspruch kennen und frühzeitig planen
Meine Rechte rund ums Stillen
Stillen ist Ihr gutes Recht. Die gesetzliche Krankenkasse trägt die Kosten für die reguläre Hebammenbetreuung und das Mutterschutzgesetz sichert bezahlte Zeiten zum Stillen und Abpumpen zu. Das Netzwerk Gesund ins Leben informiert über die Rechte von Stillenden.
Die praktische Umsetzung der gesetzlichen Regelungen ist noch nicht selbstverständlich. Sowohl Arbeitgebende und Vorgesetzte als auch Arbeitnehmende sind häufig nicht über ihre Rechte und Pflichten informiert. Darüber hinaus gibt es einen Informationsbedarf bei der Belegschaft. Diskussionen, ob beispielsweise Stillzeiten nachgearbeitet werden müssen, erschweren Müttern den Arbeitsalltag. Umso wichtiger ist es, dass Frauen um ihre Rechte wissen. Dies ermöglicht ihnen, dafür einzustehen und frühzeitig zu planen. Bereits in der Schwangerschaft können sie gemeinsam mit ihrem Arbeitgeber besprechen, wie die Freistellung zum Stillen organisiert werden kann.
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