Warum nur einmal pro Woche Kartoffeln und pauschal fünf Portionen Gemüse und Obst pro Tag? Wann gibt es Empfehlungen zu pflanzlichen Alternativprodukten und warum spielen Hülsenfrüchte keine größere Rolle? Diese und weitere Fragen wurden im Vorfeld oder live beim Lunchtalk des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) am 24. April 2024 von Ernährungsfachleuten gestellt. Fachlichen Input zu den neuen Ernährungsempfehlungen und Antworten zu den Fragen gaben Prof. Bernhard Watzl und Dr. Maike Gutmann von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Amely Brückner ergänzte die Sicht einer Ernährungsberaterin auf die neuen Empfehlungen. In einem zweiten BZfE-Lunchtalk folgen Antworten auf weitere Fragen.
Weitere Infos des BZfE:
Eine Frage betraf zum Beispiel Kartoffeln: 250 Gramm Kartoffeln pro Woche halten viele Ernährungsberaterinnen und -berater für zu wenig. Diese Menge entspreche aber dem tatsächlichen Durchschnittsverzehr in Deutschland, so Gutmann von der DGE. Dennoch müsse man die Zahl nicht wörtlich nehmen und könne natürlich die ein oder andere Portion Getreide durch Kartoffeln austauschen. Aber: „Es gibt keine Studie, wonach der Verzehr von mehr Kartoffeln im Vergleich zu Hülsenfrüchten oder Vollkorngetreide gesundheitliche Vorteile hat“, ergänzte DGE-Präsident Prof. Watzl. „Dass Kartoffeln so kontrovers diskutiert werden, hat mehr mit Tradition und regionalen Vorlieben zu tun.“
Das Beispiel beschreibt gut den Spagat zwischen wissenschaftlichen Grundlagen für eine zugleich gesundheitsförderliche und nachhaltigere Ernährung und der Ableitung von Empfehlungen, die von der Bevölkerung akzeptiert werden. Um diesen Spagat zu bewältigen, hat die DGE mit einem mathematischen Modell konkrete Zahlen berechnet und dann in alltagstaugliche Empfehlungen für achtzehn Lebensmittelgruppen „übersetzt“.
So auch für Gemüse und Obst: Statt drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst heißt es nun schlicht „Obst und Gemüse – viel und bunt“. Es werden keine Angaben mehr zur Verteilung zwischen den beiden Gruppen gemacht; eine Neuerung, die zu vielen Nachfragen geführt hat. Basis hierfür ist die wissenschaftliche Datenlage, zum Beispiel zur gesundheitsförderlichen Wirkung auf Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Vereinfacht gesagt, macht es keinen Unterschied, ob ich mehr Obst oder mehr Gemüse esse“, so Watzl. Wichtig sei vor allem, dass die Menschen überhaupt mehr zu dieser Lebensmittelgruppe greifen.
Solche Vereinfachungen begrüßte Brückner, denn genaue Mengenangaben funktionierten für die meisten Menschen ohnehin nicht. Sie riet allen Kolleginnen und Kollegen daher, die Empfehlungen als Orientierung aufzufassen und in der Beratung individuell anzupassen. Genauso seien sie gedacht, bestätigte Gutmann: „Es gibt keinen Zwang, sich an die Empfehlungen und Portionen zu halten. Und wenn Menschen bestimmte Probleme haben, ist es die Kernkompetenz der Ernährungsfachkräfte, Alternativen vorzuschlagen.“