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Das Angebot und die Nachfrage nach pflanzlichen Milchalternativen entwickeln sich seit Jahren dynamisch. Daher hat die Verbraucherzentrale NRW erneut einen Marktcheck durchgeführt.

Fünf Glasflaschen mit Pflanzendrinks und Schälchen mit Sojabohnen, Haferflocken, Buchweizen, Reis, dazu Mandeln
Yulia Furman / stock.adobe.com

Ein Speiseplan ohne Milch und Milchprodukte erschwert eine ausreichende Versorgung mit milchtypischen Nährstoffen wie Calcium, Jod, Vitamin B2 und B12 deutlich. Deshalb empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) angereicherte Pflanzendrinks zu bevorzugen (Richter et al. 2024). Das aber ist leichter gesagt als getan, wie ein aktueller Marktcheck der Verbraucherzentrale NRW zeigt.

Während bei uns immer weniger Milch getrunken wird, steigt der Absatz von Milchalternativen seit Jahren (Abb. 1; Statista 2024). Pflanzendrinks machen mittlerweile in Deutschland rund 10 % des gesamten Marktanteils für Milch aus. In keinem Land Europas gibt es in Supermärkten und Discountern ein so großes Angebot an günstigen Eigenmarken wie bei uns (gfi Europa 2024).

Ihren ersten Marktcheck von Pflanzendrinks führte die Verbraucherzentrale NRW im März 2021 durch. Damals erfasste sie 71 Milchalternativen in verschiedenen Discountern, Super- und Drogeriemärkten sowie Bio-Supermärkten in NRW. Rund drei Viertel der Stichprobe hatten Bio-Qualität. Diese Dominanz besteht bis heute fort: Von insgesamt 160 Pflanzendrinks 22 verschiedener Herstellerbetriebe stammten 38 aus konventioneller und 122 aus kontrolliert ökologischer Landwirtschaft. Vor allem unter den Eigenmarken ist der Bio-Anteil mit 94 % hoch. Bei den Markenprodukten liegt er bei 70 %.

Naturgemäß unterscheiden sich pflanzliche Milchalternativen in ihrem Nährstoffprofil deutlich von Kuhmilch. Großen Einfluss auf die Zusammensetzung nimmt vor allem die Entscheidung der Herstellerfirmen für oder gegen eine Anreicherung. Zu beachten ist dabei: Für Bio-Lebensmittel ist ein Zusatz von Vitaminen oder Mineralstoffen nur dann erlaubt, wenn er gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben ist. Das aber ist bei Pflanzendrinks nicht der Fall (EU-Kommission 2024).

Anreicherung von Pflanzendrinks im Fokus

Laut Marktcheck weist keiner der Bio-Pflanzendrinks nennenswerte Mengen an Jod, Vitamin B2 oder Vitamin B12 auf. Doch auch die konventionellen Pflanzendrinks liefern längst nicht alle milchtypischen Nährstoffe in vergleichbaren Mengen.
Relativ häufig werden konventionell erzeugte Drinks – vor allem Markenprodukte – mit Vitamin B12 angereichert. Während sich die meisten Herstellerbetriebe für Gehalte entscheiden, die sich am Vitamin B12-Gehalt der Milch (ca. 0,4 µg/100 ml) orientieren, setzen andere die doppelte bis 4-fache Menge zu.
Knapp die Hälfte der untersuchten konventionellen Drinks ist mit etwa 0,2 mg Vitamin B2 je 100 ml angereichert, ähnlich den Gehalten in Milch.
Seltener findet eine Anreicherung der konventionellen Drinks mit Jod statt (29 %). Ein Grund könnte der fehlende Orientierungswert sein, da auch der Jodgehalt von Milch sehr unterschiedlich ausfällt. Schätzungen zufolge liefern Milchprodukte zwischen 8 und 30 % der Jodempfehlung. Diese liegt laut DGE bei 200 µg am Tag (DGE o. D.). Die Anreicherung konventioneller Drinks mit Jod beläuft sich mehrheitlich auf 22,5 µg je 100 ml, also rund 10 % der Empfehlung. Ein weiterer Grund dürfte sein, dass für die Jodanreicherung eine Ausnahmegenehmigung nach § 68 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) oder Allgemeinverfügung nach § 54 LFGB erforderlich ist – und, dass die zugelassenen Jodverbindungen in den einzelnen EU-Staaten divergieren. Das gleiche Problem stellt sich bei der Verwendung von Jodsalz in Lebensmitteln, die EU-weit verkauft werden sollen.

Spezialfall Calcium

Warum gibt es laut Marktcheck trotz EU-Öko-Verordnung Bio-Pflanzendrinks, die Calcium liefern? In der Stichprobe der Verbraucherzentrale fanden sich sieben solcher Bio-Produkte (6 %). Das Calcium stammt aus der Rotalge Lithothamnium calcareum. Ob allerdings deren Zusatz bei Bio-Pflanzendrinks zulässig ist, wird unterschiedlich bewertet.

Die konventionell hergestellten Milchalternativen waren dem Marktcheck zufolge zu 87 % mit Calcium angereichert. In fast allen Fällen orientierten sich die Herstellerbetriebe am Calciumgehalt der Kuhmilch (ca. 120 mg/100 ml). Mehrheitlich wurde Calciumcarbonat verwendet, dessen Bioverfügbarkeit der Verbindung Tricalciumphosphat grundsätzlich überlegen ist (Siqueira Silva et al. 2022). Das heißt aber nicht, dass Calcium aus Pflanzendrinks genauso gut aufgenommen wird wie Calcium aus Kuhmilch. Denn pflanzliche Lebensmittel können z. B. antinutritive Inhaltsstoffe enthalten wie Oxalsäure (z. B. in Mandeln, Cashewkernen oder Haselnüssen). Oder Phytinsäure, die in Drinks aus Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten oder Nüssen vorkommt. Diese Stoffe können die Calciumaufnahme möglicherweise beeinträchtigen (Muleya M et al. 2024).

Was der Marktcheck zeigt

Der aktuelle Marktcheck der Verbraucherzentrale NRW bestätigt: Pflanzendrink ist nicht gleich Pflanzendrink. Das hatten auch Produktanalysen des Max Rubner-Instituts gezeigt, die sich allerdings auf nicht-angereicherte Pflanzendrinks beschränkt hatten (MRI 2023). Hier wichen teils sogar die Nährwertgehalte innerhalb einer Produktionscharge desselben Rohstoffs und Herstellerbetriebs voneinander ab. Ganz anders präsentiert sich der Einkauf von Milch: Hier können wir uns zwischen unterschiedlichen, definierten Fettgehaltsstufen, ökologischer oder konventioneller Herstellung, H- oder Frischmilch entscheiden und dennoch ein sehr ähnliches Produkt erwarten – hinsichtlich seines Geschmacks, seiner Eigenschaften und seines Nährstoffprofils.

Bei den Pflanzendrinks ist das anders. In punkto Nährwert zeigen sich die Unterschiede vor allem zwischen ökologisch und konventionell erzeugten Produkten. Erstere dürfen aus rechtlichen Gründen nicht angereichert werden. Noch nicht. Schließlich forderte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jüngst, Pflanzendrinks aufgrund sich ändernder Verzehrgewohnheiten gezielt mit bestimmten Nährstoffen, v. a. Jod, anzureichern (WHO 2024). Solange das nicht möglich ist, müssen fehlende Nährstoffe durch die gezielte Wahl anderer Quellen ergänzt werden.

Literatur

BVL. 4. LFGB-Änderungsgesetz – Änderungen in § 2 Absatz 3 LFGB – den Zusatzstoffen gleichgestellte Stoffe

DGE (o. D.). Refererenzwerte für die Jodzufuhr

EU-Kommission (2024). Frequently asked questions ON ORGANIC RULES

gfi – Europe (2024). Entwicklung des Marktes für pflanzenbasierte Lebensmittel im deutschen Einzelhandel: 2021–2023 und erste Erkenntnisse für 2024

Max Rubner-Institut (2023). Initiale Charakterisierung ausgewählter Pflanzendrinks hinsichtlich ihrer Qualität und mikrobiologischer sowie chemischer Sicherheit

Muleya M, F Bailey E, H Bailey E (2024). A comparison of the bioaccessible calcium supplies of various plant-based products relative to bovine milk. Food Res Int. 175, 113795: doi: 10.1016/j.foodres.2023.113795

Richter M, Schäfer AC, Alexy U, Conrad J, Watzl B für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2024). Kuhmilch(-produkte) und pflanzliche Milchalternativen in einer nachhaltigeren Ernährung. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernährungs Umschau 71(12); DOI 10.4455/eu.2024.043

Siqueira Silva JG, Rebellato AP, Silvestre de Abreu J, Greiner R, Azevedo Lima Pallone J (2022). Impact of the fortification of a rice beverage with different calcium and iron sources on calcium and iron bioaccessibility. Food Research International 161, 111830

Statista (2024). Pro-Kopf-Konsum von Konsummilch in Deutschland nach Art in den Jahren 2010 bis 2023

Statista (2024). Pro-Kopf-Absatz von Milch und Milchersatzprodukten 2023 in Deutschland

Verbraucherzentrale NRW (2024). Bericht zum Marktcheck; Artikel zum Marktcheck

WHO (2024). Bevölkerung der Europäischen Region der WHO aufgrund veränderter Ernährung stärker durch Jodmangel gefährdet

 
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