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Vom Nordkap bis in die spanische Provinz Cádiz: Pflanzliche Milchalternativen boomen in ganz Europa – allerdings in unterschiedlichem Maß. Woran liegt das? Wie lässt sich der Konsum fördern?

Einkaufswagen mit Ware im Supermarkt
Best / stock.adobe.com

Der Gedanke an Speisen wie Pierogi, Tapas oder Smørrebrød lässt vielen von uns wahrscheinlich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ganz automatisch denken wir an die Herkunftsländer dieser kulinarischen Genüsse und stellen erleichtert fest, dass unsere Esskultur aller EU-Harmonisierung zum Trotz ihre länderspezifischen Besonderheiten behält – und zwar offenbar auch, wenn Produktneuheiten wie Pflanzendrinks die Märkte erobern. Das ist eins von mehreren Forschungsergebnissen, die Rebecca Hansen vom Fachgebiet Agrarmärkte an der Universität Hohenheim in ihrer Konsumstudie gewonnen hat. Das Projekt „The V-Place – Enabling consumer choice in vegan or vegetarian food products“ untersuchte, warum viele Menschen aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Polen immer häufiger zu pflanzlichen Milchalternativen greifen (Hansen et al. 2023).

Deutschland

Für die Menschen sind Tierwohl, Umweltschutz und Gesundheit die Hauptgründe, Pflanzendrinks zu wählen. Überraschend: Kulturelle Traditionen beeinflussen die Entscheidung hier weniger als in anderen Ländern. Zwar ist Deutschland seit Jahren größter Produzent von Kuhmilch in der EU (destatis 2023), doch der Milchkonsum sinkt stetig – von rund 50 Kilogramm pro Kopf und Jahr vor 10 Jahren auf unter 46 Kilogramm in 2023 (BLE 2024).

Polen

Gezielte Pro-Milch-Politik prägt die polnischen Essgewohnheiten stark. Klassische Milchprodukte gelten als gesund und vorteilhaft. Hansen fand heraus, dass Polinnen und Polen mit hohem Gesundheitsbewusstsein pflanzliche Milchalternativen oft ablehnen – anders als in Deutschland, wo diese Produkte als gesundheitsförderlich gelten (Hansen et al. 2023; epap 2023). Entsprechend wird der Geschmack von Pflanzendrinks in Polen häufig als zu süß oder zu fettig empfunden.

Frankreich, Italien und Spanien

In Frankreich, Italien und Spanien gehört z. B. Käse aus Kuhmilch und anderen Milchsorten untrennbar zur Esskultur. Befragte aus diesen Ländern sahen die Sensorik pflanzlicher Milchalternativen deshalb häufiger als kritisch an. Produktweiterentwicklungen könnten den Markt im Süden Europas beleben, denn die Menschen zeigten sich offen für mehr Sorten, einen besseren Geschmack und ein angenehmeres Mundgefühl.

Ein weiteres Ergebnis der Hohenheimer Studie: Pflanzendrinks aus Soja, Hafer oder Mandel sollten sich mutig von ihrem tierischen Vorbild emanzipieren und eine eigenständige Produktcharakteristik entwickeln. Warum genau sollten sie wie Milch schmecken? Nur weil sie sich wie Milch verwenden lassen? Schließlich ist das die einzige Gemeinsamkeit, die nicht-angereicherte Pflanzendrinks mit Kuhmilch haben. Ihre Nährwertprofile unterscheiden sich jedenfalls deutlich (Richter et al. 2024).

Fazit und Ausblick

Pflanzliche Milchalternativen sind längst kein Nischenprodukt mehr. Ihre Konsumhäufigkeit hängt der Studie zufolge nicht von soziodemografischen Faktoren wie dem Bildungsniveau ab – allerdings umfasste die Befragung nur Personen, die bereits Pflanzendrinks konsumierten oder dies planten. Die Sichtweisen anderer Bevölkerungsgruppen blieb also außen vor.

Wollen wir den Konsum pflanzlicher Milchersatzprodukte in Europa weiter steigern, sind laut Hansen vor allem leicht verständliche Produktinformationen wichtig. Sie sollten Fragen zu Nährwertprofil, Herstellungsweise und Nachhaltigkeit sowie zu möglichen Verwendungen beantworten. Zudem sind klare Empfehlungen aus der Ernährungswissenschaft wichtig. Einen ersten Aufschlag für die Fachwelt macht dazu das Positionspapier zu Kuhmilch und pflanzlichen Ersatzprodukten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) (Richter et al. 2024). Bis dessen Inhalte jedoch breite Bevölkerungskreise erreichen, braucht es Zeit und mehr leicht verständliche Informationen.

Literatur

Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2024). Milchbilanz: Erneut weniger Milch, Käse und Butter verbraucht

destatis (2023). Deutschland EU-weit größter Kuhmilcherzeuger

epap (2023). Studie zu Milchersatz: Das sagen Einkaufende über Pflanzenmilch

Hansen, R, Gebhardt, B, Hess, S: Hype or hope? (2023). What consumer motives tell us about the prospects for plant and animal-based dairy products in six European countries. Food Quality and Preference 109

Richter M, Schäfer AC, Alexy U, Conrad J, Watzl B für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2024) Kuhmilch(-produkte) und pflanzliche Milchalternativen in einer nachhaltigeren Ernährung. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernährungs Umschau 71(12); DOI 10.4455/eu.2024.043

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