Impressionen vom 6. BZfE-Forum
Was wir brauchen, sind tatsächlich nachhaltige Ernährungssysteme. Digitalisierung kann dazu einen Beitrag leisten
Mit diesen Worten eröffnete Dr. Ophelia Nick, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) das 6. BZfE-Forum. „Digitalisierung hilft auch bei der Vernetzung mit Ernährungsfachkräften, die uns bei der Erarbeitung unserer Ernährungsstrategie unterstützen“, so Nick weiter.
Ernährung 4.0 bedeutet, dass heute alles miteinander vernetzt ist
Das ist so komplex, dass es für viele Menschen nur noch schwer zu durchschauen ist. Zugleich stecken in dieser Hypervernetzung großartige Möglichkeiten für eine zukunftsfähige Ernährung, betonte Dr. Hanns-Christoph Eiden, Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Gemeinsam mit BZfE-Leiterin Dr. Margarita Büning-Fesel begrüßte er die Teilnehmenden des 6. BZfE-Forums, das erneut in einem virtuellen Format stattfand.
Wie können wir die Digitalisierung in der Welt der Lebensmittel und Ernährung so nutzen, dass es eine bessere Welt wird?
Mit diesen Worten drückte Prof. Dr. Jakob Linseisen, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), seine Hoffnung aus, dass dies grundsätzlich gelingen kann. Eine Welt, in der alle Menschen satt werden und gesund bleiben und wir mit den Ressourcen unseres Planeten verantwortungsvoll umgehen und sie für künftige Generationen erhalten.
Technologie ist von Menschen gemacht, auch wenn es Algorithmen sind
Sie ist nie neutral, sondern immer kulturell geprägt, mit allen Fehlern, Vorurteilen und Problemen, die das mit sich bringt. Das betonte Foodaktivist und Publizist Hendrik Haase. Letztendlich entscheiden also Menschen, ob das Werkzeug Technologie für Gutes oder Schlechtes verwendet wird.
Nachhaltigkeit steht bei vielen Start-Ups ganz oben auf ihrer Agenda
Derzeit befinden wir uns außerdem in der dritten Start-Up-Welle, erläuterte Dr. Simone K. Frey, Geschäftsführerin der Wissensplattform NUTRITION HUB: Start-Ups und Investoren im Lebensmittel- und Ernährungsbereich setzen vermehrt auf wissenschaftliche und technologische Innovationen.
Cyborgs in der Küche sind schon lange Realität
Ein "Cyborg" in der Küche ist eine Köchin, die einen digitalen Küchenroboter bedient oder mit dem Smartphone in der Hand kocht, erklärte Dr. Katharina Graf vom Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt. Hightech in der Küche ist also immer (noch) in erster Linie eine weibliche Angelegenheit.
Digitale Küchen als Segen
So sehen es zumindest 85 Prozent der Teilnehmenden des BZfE-Forums, die sich an einer spontanen Blitzumfrage beteiligten. Dr. Katharina Graf empfindet es ähnlich, denn die Digitalisierung eröffnet ganz neue Möglichkeiten. Außerdem kann sie zum Beispiel Menschen mit geringer Kochkompetenz und -erfahrung unterstützen.
In jeder Minute werden über 400 Stunden Video auf YouTube hochgeladen
Mit dieser Zahl veranschaulichte Prof. Dr. Alexander Boden vom Institut für Verbraucherinformatik an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, welche gigantischen Formen die Datenflut angenommen hat. Mit Blick auf den Verbraucherschutz erläuterte er, wie schwierig es für jeden einzelnen ist, sich der Sammlung persönlicher Daten zu entziehen.
Verbraucher sind häufig nur dazu da, Daten zu liefern
Um beispielsweise die Frische von Lebensmitteln vorherzusagen, braucht es aber sehr gute Daten von Unternehmen, Verbraucherinnen und Verbrauchern, erläuterte Margarita Esau. Die wssenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und am Institut für Verbraucherinformatik an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg forscht zum Zusammenspiel und den Beziehungen zwischen Verbrauchenden, Lebensmitteln und Technik.
Ich fühle mich wie ein Bauer, der vom Pferd auf den Traktor wechseln soll
So beschrieb die Ernährungsberaterin Anja Roth ihr Gefühl angesichts der großen Herausforderungen der Digitalisierung für die Beratungspraxis. Hendrik Haase äußerte großes Verständnis und empfahl als ersten Schritt, Anknüpfungspunkte zur Welt der Klientinnen und Klienten zu finden und sich mit anderen zusammenzutun.
Communities in den Sozialen Medien können fachliche Begleitung nicht ersetzen, aber eine Lücke füllen
Sie können zum Beispiel Menschen mit Diabetes oder Adipositas unterstützen, betonte Eva-Maria Endres von der Universität Eichstätt. Wer soziale Medien aktiv nutzt, sollte deren innovatives Potential ausschöpfen. Dazu gehören Challenges und Gamification.
Der digitale Umbruch tut der Gesundheitsversorgung gut
Er bietet Therapeutinnen und Therapeuten ganz neue Möglichkeiten, erklärte Digital Health Expertin Dr. Ursula Kramer. Sie wurde von Moderatorin Ilka Groenewold per Bildschirm eingebunden. Dazu müssen sich Ernährungsfachkräfte aber gut auskennen, um die richtigen Empfehlungen auszusprechen. Eine wichtige, aber nicht ganz leichte Aufgabe angesichts des stark wachsenden Angebots an Gesundheits- und Fitnessanwendungen.
Wir möchten die Ernährungsfachwelt dazu motivieren, mitzureden und zu gestalten, anstatt sich von den Entwicklungen der Digitalisierung überrollen zu lassen
Das bekräftigte Dr. Margarita Büning-Fesel in ihrem Schlusswort. Außerdem appellierte sie an Organisationen und Politik, dass die Ernährungsfachwelt einen Einblick in die Algorithmen erhalten und aktiv werden muss, um zum Beispiel vor unsinnigen Empfehlungen schützen zu können. Die Leiterin des BZfE wurde von Ilka Groenewold noch einmal per Video dazu geschaltet. Die Moderatorin führte versiert durch den Tag und schlug gekonnt Brücken zwischen den Menschen im Studio und an ihren Bildschirmen.
Viel Technik hinter der Technik
Ohne die modernen Möglichkeiten der Digitalisierung wären solche virtuellen Veranstaltungen nicht möglich. Damit trotz allem ein direkter und echter Austausch möglich ist, braucht es sehr viel Technik sowie professionelle Akteure vor und hinter den Kameras.