(BZfE) – Der aufmerksame Naturfreund sieht ab August mit Freuden, dass die an Wegrändern, Ufern oder auf Waldlichtungen zu findenden Holundersträucher die ersten reifen schwarzen Beerendolden in Richtung Boden hängen lassen. Es gibt Holunder auch kultiviert im Erwerbsgartenbau, allerdings nur in geringem Umfang. Er wird dann in Hofläden und auf Wochenmärkten angeboten. Aber warum kaufen, wenn man die Früchte wild gewachsen fast überall sammeln kann?
Botanisch korrekt müsste man übrigens von „Steinfrüchten an Trugdolden“ sprechen; wir bleiben aber umgangssprachlich bei den vertrauten „Beeren“. Bis weit in den September hinein erstreckt sich die Sammelzeit für die wilden Holunderbeeren. Unabhängig vom Kalenderdatum endet die Holunderzeit spätestens dann, wenn das Laub fällt. Wer Holunderbeeren in freier Natur sammelt, sollte mit den Unterschieden zwischen dem Schwarzen Holunder und dem giftigen Zwergholunder vertraut sein. Letzterer ist eigentlich leicht zu erkennen: die Beerendolden sind nach oben gerichtet und nicht wie beim großen Bruder nach unten. Ferner stinken die Früchte – auf gut deutsch gesagt – erbärmlich. Als Dritter im Bunde ist Roter Holunder zu nennen, seine Früchte lassen sich wie Schwarzer Holunder verarbeiten.
Mit diesem Wissen gerüstet schreitet der Experte zur Tat und stattet sich aus, mit einem auswaschbaren Korb, einer scharfen Schere und Handschuhen.
- Mit der Schere die komplette Dolde mitsamt des Fruchtstiels abschneiden.
- Beim Schwarzen Holunder nur vollständig durchgefärbte Dolden ernten, rötlich schimmernde Früchte werden herausgepflückt.
Der Versuchung von den rohen Früchten zu naschen, gilt es unbedingt zu widerstehen. In allen Pflanzenteilen des Holunders ist das Glycosid Sambunigrin enthalten. Ähnlich dem Gift der Tollkirsche, setzt es Blausäure frei. Wer Holunderbeeren roh verspeist, wird zumindest Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen erleiden. Kochen zerstört das Glycosid. Rote Holunderbeeren sind allerdings noch sorgfältig zu entsteinen, denn deren Kerne bleiben auch nach dem Erhitzen toxisch.
Die Früchte lassen sich zwar ein, zwei Tage in einer Frischhaltebox im Kühlschrank aufbewahren, aber je schneller sie verarbeitet werden, desto besser. Man kann Holunderbeeren prima zu Saft, Gelee, Sirup und Marmelade verarbeiten. Das Aroma ist süß-säuerlich und etwas herb, Roter Holunder hat eine deutliche bitterere Note. Beliebt sind auch Holunderbeeren-Suppe und Holunderküchlein.
Im Mittelalter galt Holunder als „Universalmedizin“ und Sebastian Kneipp sagte einst: „Vor jedem Holunderstrauche möge man den Hut ziehen.“ In der Tat haben die Früchte einiges zu bieten, zum Beispiel 18 bis 25 Milligramm Vitamin C und 1,8 Milligramm Eisen je 100 Gramm. Dazu weitere Mineralstoffe, Vitamine und Ballaststoffe, ferner sekundäre Pflanzenstoffe wie Anthocyane und Gerbstoffe sowie ätherische Öle mit einem hohen Anteil an freien Fettsäuren.
Rüdiger Lobitz, www.bzfe.de
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