- Im Jahr 2014 wurden die ersten Unverpackt-Läden in Deutschland eröffnet.
- Mittlerweile gibt es in vielen deutschen Städten spezielle Geschäfte, in denen man unverpackte Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände einkaufen kann.
- Auch in Bio-Märkten und konventionellen Supermärkten finden sich immer mehr Abfüllstationen und andere Elemente der Unverpackt-Läden.
Plastikfolien und -flaschen, Papiertüten, Einweggläser, Dosen: Unsere gelben Tonnen und Säcke sind jede Woche voll mit Verpackungsabfällen. Gut, dass sie recycelt werden. Nachhaltiger jedoch wäre es, wenn diese Abfälle gar nicht erst entstehen würden. Mit etwas Achtsamkeit beim Einkauf lässt sich die wöchentliche Verpackungsmenge deutlich reduzieren.
Die Pioniere: Einkaufen ohne Verpackung
Früher, bei Tante Emma, war es ganz normal: Sie füllte mit der Schaufel Mehl, Zucker und Salz aus Schubladen in braune Spitztüten oder füllte Öl aus dem Fass in mitgebrachte Flaschen. Auch in den ersten Bio-Läden wurden Müsli und Getreide noch ganz selbstverständlich aus großen offenen Säcken verkauft. Doch der Verkauf loser Ware ist personalaufwändig und stellt große Anforderungen an Sauberkeit und Schutz vor Umwelteinflüssen. Deshalb haben sich hygienisch verpackte Produkte in den Selbstbedienungsregalen der Supermärkte durchgesetzt. Mit entsprechend viel Verpackungsabfall.
Als Alternative dazu entstanden 2014 die ersten Unverpackt-Läden in Deutschland. Inzwischen gibt es, vor allem in größeren Städten, rund 50 Geschäfte, die aus Prinzip keine fertig verpackten Produkte verkaufen. Ihr Sortiment lässt sich nicht mit dem eines großen Supermarktes vergleichen. Doch decken sie mit rund 500 Produkten den Alltagsbedarf weitgehend ab: Zu kaufen gibt es Getreide, Müsli, Nudeln und andere Produkte des Trockensortiments, ebenso Tee und Kaffee. Öl und Essig, aber auch Wasch- und Reinigungsmittel können aus Kanistern abgefüllt werden. Gemüse, Obst, Wurst und Käse gibt es ebenfalls unverpackt. Die Lebensmittel stammen in vielen Fällen aus ökologischem Anbau und regionaler Erzeugung. Natürlich kommen alle diese Produkte nicht gänzlich ohne Verpackung in den Laden. Sie werden in großen Einheiten angeliefert, also in 25-Kilo-Säcken, 20-Liter-Kanistern oder Mehrweg-Gemüsekisten. Dadurch entsteht weitaus weniger Müll, als wenn diese Produkte in handliche 500-Gramm-Packungen oder 100-Milliliter-Fläschchen abgefüllt und verkauft würden.
Die Idee dahinter: Kunden bringen die Verpackung mit
Das Abfüllen in passende Portionen übernehmen in Unverpackt-Läden die Kunden selbst. Sie bringen ihre Verpackungen mit: Papiertüten, Plastikschüsseln, Baumwolltaschen oder Schraubgläser. Diese werden gewogen, befüllt und nochmals gewogen. Der große Vorteil: Der Kunde kauft nur die Menge ein, die er tatsächlich benötigt. Das hilft zudem dabei, Lebensmittelabfälle zu vermeiden. Allerdings braucht es etwas Planung für den Einkauf, damit man die eigenen Verpackungen auch dabei hat. Hilfreich ist eine Einkaufstasche mit den notwendigen Utensilien, die immer griffbereit in der Küche oder an der Garderobe bereitliegt.
Für spontane Kunden bieten Unverpackt-Läden auch Mehrwegbehältnisse zum Kauf an, in denen man seine Einkäufe nach Hause bringen kann. Sie lassen sich immer wieder für neue Einkäufe verwenden, so dass sich die Investition auf jeden Fall rentiert.
Unverpackt im Supermarkt
Abfüllstationen und andere Elemente der Unverpackt-Läden finden sich inzwischen in immer mehr Bio-Märkten und auch in einzelnen konventionellen Supermärkten. Sie reagieren damit auf den zunehmenden Wunsch vieler Verbraucher, abfallärmer einzukaufen. So hat das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers GmbH in einer Befragung ermittelt, dass acht von zehn Kunden bereit wären, beim Kauf von Lebensmitteln auf Verpackungen zu verzichten. Knapp jeder Dritte gab an, für verpackungsfreie Lebensmittel einen höheren Preis zu akzeptieren. Denn unverpackte Produkte sind nicht unbedingt günstiger als verpackte. Die Einzelhändler müssen den zusätzlichen Arbeitsaufwand einkalkulieren und auch die Abfüllstationen kosten Geld, das verdient werden muss.
Plastiktüten vermeiden: Mehrweg statt Einweg
Immer noch sind Plastiktüten beim Einkaufen gang und gäbe. Einige Händler haben sie ganz abgeschafft. Andere verlangen dafür immer häufiger ein paar Cent. Nachhaltiger ist es, seine eigene Mehrweg-Einkaufstasche mitzubringen, egal ob aus Baumwolle oder Recyclingplastik.
Kostenlos und weit verbreitet sind Plastiktüten in den Obst- und Gemüseabteilungen. In diese so genannten Hemdchentüten kommen die lose angebotenen Lebensmittel - und schon hat der Kunde wieder eine Einwegverpackung im Einkaufsladen. Andererseits stellen diese Tüten die bessere Alternative zu in Vollschalen verpacktem Obst und Gemüse dar. Viele Biomärkte und auch einige herkömmliche Supermärkte haben aber auch die dünnen Hemdchentüten abgeschafft. Sie verkaufen stattdessen leichte Mehrwegnetze, die sich immer wieder verwenden lassen. Die weit verbreiteten Papiertüten für Obst und Gemüse sind keine nachhaltige Alternative. Denn ihre Herstellung ist ebenfalls sehr aufwändig. Besser wird ihre Ökobilanz, wenn man sie mehrfach verwendet: zu Hause den Einkauf verräumen und die Papiertüte wieder in die Einkaufstasche legen.
Und es geht doch: Eigene Behälter für Käse und Wurst
Das heikelste Thema beim abfallarmen Einkauf ist das Befüllen mitgebrachter Gefäße an Selbstbedienungstheken für Feinkost, Käse und Wurst. Denn mit den Gefäßen könnten problematische Keime hinter die Theke gelangen, weshalb die zuständigen Gesundheitsämter das sehr kritisch sehen. Viele Einzelhändler blocken deshalb entsprechende Kundenfragen ab. „Das geht aus hygienischen Gründen nicht“, heißt es dann.
Zahlreiche Bio-Märkte zeigen, dass es sehr wohl geht, in Absprache mit den Gesundheitsämtern. Entscheidend ist bei den verschiedenen Konzepten, dass das Personal und die Ware hinter der Theke nicht mit dem Gefäß in Berührung kommen. Bei der Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft Landwege, die in Lübeck fünf Bio-Märkte betreibt, funktioniert das so: Das Gefäß wird vom Kunden auf ein Tablett auf die Theke gestellt und geöffnet, das Personal nimmt das Tablett hinter die Theke, schneidet Wurst und Käse auf einem eigenen Brett, befüllt das Gefäß wie gewünscht und reicht es wieder zum Kunden. Tablett, Gabel und andere Gegenstände, die das Gefäß berührt haben, kommen in die Spülmaschine und können anschließend wieder verwendet werden. „Natürlich ist das ein gewisser Aufwand“, sagt Landwege-Vorstand Tina Andres: „Aber es lohnt sich“. Denn mit jedem befüllten Mehrwegbehälter muss die entsprechende Einwegverpackung nicht hergestellt und entsorgt werden. Das gilt auch für den Brotbeutel, in dem sich das über die Theke gereichte Brot verstauen lässt, ganz ohne die übliche Einwegpapiertüte.
An manchen Frischetheken gibt es statt der üblichen Plastikbecher für Oliven oder Frischkäse inzwischen Pfandgläser, die der Kunde zusammen mit seinen Mehrwegflaschen zurückgeben kann. Die Gläser kommen in die Spülmaschine und danach wieder hinter die Theke.
Mehrwegbecher für den Coffee to go
Allein im Ballungsraum Berlin werden jedes Jahr 170 Millionen Einwegbecher weggeworfen. Deshalb bieten dort die S-Bahnen zusammen mit dem Bio-Filialisten Bio Company und einigen anderen Händlern einen Mehrwegbecher an.
Mehrere Städte und Unternehmen sind inzwischen dem Beispiel gefolgt. Bei zahlreichen Anbietern bekommen die Kunden 10 oder 20 Cent Rabatt, wenn sie sich den Kaffee in ihren eigenen Becher abfüllen lassen.
Einige Geschäfte bieten den Kunden Mitnehm-Kaffee auch in Pfandbechern an.