Die Ziele der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten (NRI) sind: Weniger Zucker, weniger ungünstige Fette und weniger Salz in verarbeiteten Lebensmitteln.
- Dadurch soll die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas sowie damit oft einhergehender Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus Typ 2 verringert werden.
- Vor allem bei Lebensmitteln, die überwiegend von Kindern und Jugendlichen konsumiert werden, setzen die Maßnahmen an.
- Mehrere Verbände der Lebensmittelwirtschaft und des Lebensmittelhandels haben im Rahmen der NRI branchen- beziehungsweise produktbezogene Vereinbarungen geschlossen.
Fertigprodukte sind Teil unseres modernen Lebensstils, häufig enthalten sie jedoch zu viel Kalorien, Zucker, ungünstige Fette und Salz. Ziel der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten – kurz NRI – ist es, einen gesundheitsförderlichen Lebensstil zu unterstützen. Dadurch soll die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas sowie damit oft einhergehender Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus Typ 2 verringert werden.Im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes geht es aber auch darum, die Ernährungskompetenz von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu stärken. Denn wer das Richtige einkauft und mit möglichst wenig verarbeiteten Lebensmitteln selber kocht, kann eine Menge dafür tun, weniger Zucker, ungünstige Fette und Salz zu essen.
Hintergrundinfos zur NRI
Die Nationale Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten (NRI) wurde im Dezember 2018 vom Bundeskabinett beschlossen. Erarbeitet wurde sie gemeinsam von Beteiligten der Bundesregierung, der Bundesländer sowie von Verbänden aus den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Lebensmittelwirtschaft, Verbraucherschutz und Wissenschaft.
Zur Umsetzung der Strategie haben die Politik und die Lebensmittelwirtschaft eine Grundsatzvereinbarung unterzeichnet. Darin hat die Lebensmittelwirtschaft zugesagt, die Strategie zu unterstützen.
Fokus auf Fertigprodukten, vor allem für Kinder und Jugendliche
Fertigprodukte spielen in unserer heutigen Ernährungsweise eine große Rolle und Ernährungsgewohnheiten lassen sich nur schwer ändern. Deshalb setzt die NRI einen Schwerpunkt auf Fertigprodukte.
Die Nährwertoptimierung der Rezepturen – die sogenannte Reformulierung – von zum Beispiel Milchprodukten, Backwaren und Fertigpizzen soll es Verbraucherinnen und Verbrauchern leichter machen, sich ausgewogen zu ernähren.
Vor allem bei Lebensmitteln, die überwiegend von Kindern und Jugendlichen konsumiert werden, setzen die Maßnahmen an. Denn in der Kindheit erworbene Ernährungsgewohnheiten werden oft lebenslang beibehalten und können zu Übergewicht und Folgeerkrankungen führen. Zudem zeigen Monitorings, dass Produkte, die landläufig als „Kinderlebensmittel" bezeichnet und als „gesund" wahrgenommen werden, häufig eine ungünstigere Nährstoffzusammensetzung haben als vergleichbare Produkte für Erwachsene.
Verbot von Zucker in Säuglings- und Kleinkindertees
Säuglinge und Kleinkinder sind besonders schützenswert. Daher wurde bereits im Mai 2020 auf nationaler Ebene der Zusatz von Zucker sowie anderen süßenden Zutaten zu Säuglings- und Kleinkindtees verboten. Von dem Verbot erfasst sind also auch Zutaten wie Honig, Fruchtsaft, Fruchtnektar, Malzextrakt, Sirupe oder Dicksäfte.
Auf der Verpackung der Produkte muss außerdem ein gut sichtbarer und deutlich lesbarere Hinweis stehen, dass dem Tee kein Zucker oder andere süßende Zutaten zugesetzt werden soll, bevor er einem Säugling oder Kleinkind verabreicht wird. Kennzeichnet werden muss zudem das Alter, ab dem Säuglinge oder Kleinkindern den Tee erhalten dürfen.
Geeignete Getränke für Säuglinge oder Kleinkinder sind Wasser und ungesüßte Kräuter- und Früchtetees. Denn der Zuckerverzehr im Säuglings- und Kleinkindalter steht in engem Zusammenhang mit dem Zuckerverzehr in späteren Kindheits- und Jugendphasen. Eine hohe und häufige Zuckerzufuhr wiederum steht unter anderem im Zusammenhang mit der Entwicklung von Übergewicht bzw. Adipositas sowie der Entstehung von Zahnkaries.
Grundsatzvereinbarung von BMEL und Wirtschaft
Die teilnehmenden Wirtschaftsverbände haben sich dazu verpflichtet, einen Beitrag zur Senkung der Energiezufuhr und Verbesserung der Nährstoffversorgung der Bevölkerung zu leisten. Zu diesem Zweck sollen Zucker-, Fett- und Salzgehalte von Produkten reduziert und/oder Packungsgrößen verkleinert werden. Ziel ist es auch, die Aufnahme von ungünstigen gesättigten und trans-Fettsäuren in der Bevölkerung weiter zu verringern.
Bereits im Jahr 2011 haben sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und die Lebensmittelwirtschaft gemeinsam auf einen nationalen Prozess zur Minimierung von industriellen trans-Fettsäuren verständigt. Im Zuge dessen wurde eine Rahmenleitlinie sowie sieben spezifische Leitlinien für Produkte unterschiedlicher Branchen entwickelt, die Herstellungsbetriebe dabei unterstützen sollen die Gehalte von trans-Fettsäuren in Lebensmitteln zu senken.
Ein weiterer Baustein im Rahmen der NRI sind Aufklärungsmaßnahmen für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Welche Fette sind eigentlich ungünstig?
Gesättigte Fette sollten nur in geringen Mengen gegessen werden und der Anteil an industriellen trans-Fettsäuren (also trans-Fettsäuren, die nicht natürlicherweise in tierischen Fetten vorkommen) sollte möglichst niedrig sein.
Studien haben gezeigt, dass sich eine hohe Zufuhr von gesättigten Fettsäuren ungünstig auf den
Fettstoffwechsel auswirkt und dadurch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt. Auch eine hohe Zufuhr von trans-Fettsäuren erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Gesättigte Fettsäuren kommen vor allem in tierischen Produkten vor, zum Beispiel in Butter, Wurst, Fleisch und Fleischwaren, fettreichen Milch- und Milchprodukten, in Backwaren und Süßigkeiten aber auch in Kokosfett, Palmöl und Palmkernöl.
trans-Fettsäuren kommen auch natürlicherweise in Milch und Butter vor, entstehen aber in großen Mengen bei der Teilhärtung von Fetten, zum Beispiel bei der industriellen Herstellung von Margarine oder von Fertigprodukten, wie frittierten Produkten, Blätterteiggebäck oder Kartoffelchips.
Branchen- und produktbezogene Selbstverpflichtungen
Elf Verbände der Lebensmittelwirtschaft und des Lebensmittelhandels haben im Rahmen der NRI branchen- beziehungsweise produktbezogene Vereinbarungen geschlossen, um spezifische Schritte, Maßnahmen und Ziele festzulegen – unter anderem für Lebensmittel, die sich gezielt an Kinder richten.
Der Zuckergehalt soll
- in Frühstückszerealien für Kinder um mindestens 20 Prozent und
- in Erfrischungsgetränken und fruchthaltigen Getränken mit Zuckerzusatz sowie in gesüßten Milchprodukten für Kinder um 15 Prozent gesenkt werden.
Außerdem hat sich beispielsweise das Bäckereihandwerk dazu verpflichtet, Salzspitzen im Brot zu verringern und Kenntnisse zur Reduzierung von Salz zukünftig auch in der Aus- und Fortbildung stärker zu vermitteln.
Die Tiefkühlwirtschaft hat eine Selbstverpflichtung zur Salzreduktion in Fertigpizzen getroffen.
Umsetzung
Zwischenerhebung des MRI
Die Umsetzung der von den Verbänden der Lebensmittelwirtschaft mit ihren Mitgliedsunternehmen getroffenen Zielvereinbarungen beruht auf einer Selbstverpflichtung. Ein Begleitgremium hat die Aufgabe, die Umsetzung der Strategie regelmäßig zu überprüfen. Es setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern
- der Bundesregierung,
- der Bundesländer sowie
- von Verbänden und Institutionen aus den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Lebensmittelwirtschaft, Verbraucherschutz und Wissenschaft.
In die Bewertung des Begleitgremiums fließt auch das engmaschige Produktmonitoring des Max Rubner-Instituts (MRI) ein.
Mit dem Monitoring soll festgestellt werden, inwieweit sich Zucker-, Fett- und Salzgehalte in Fertigprodukten tatsächlich verändern.
Reformulierungen auf eigene Initiative
In den vergangenen Jahren sind bereits viele Großkonzerne, Handelsketten sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aktiv geworden und haben die Rezepturen ihrer Produkte geändert.
Manche Maßnahmen erreichten eine große öffentliche Aufmerksamkeit, andere erfolgten als sogenannte „stille Reformulierung“ ohne öffentliche Bekanntmachung.
Eine Reihe von Unternehmen, insbesondere auch Start-ups, haben bereits innovative Produkte für ernährungsbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Markt gebracht, die mit weniger Zucker, ungünstigen Fetten und Salz auskommen.
Da Handwerksbetrieben und KMU nicht dieselben Mittel und Technologien zur Verfügung stehen wie den Großkonzernen, sollen vor allem diese im Rahmen der NRI durch die Förderung von Forschungsvorhaben unterstützt werden.
Forschung für neue Rezepturen
Zucker, Fette und Salz sind nicht nur Geschmacksträger, sondern haben auch technologische Funktionen. Deshalb ist die Reformulierung von Produkten eine Herausforderung für die Lebensmittelwirtschaft. Außerdem hängt der Erfolg der Strategie davon ab, ob Verbraucherinnen und Verbraucher die Produkte annehmen. Das BMEL fördert daher Forschungsarbeiten zu Möglichkeiten, Lebensmittel mit weniger Zucker, ungünstigen Fetten und Salz herzustellen. Dabei geht es um die Anwendung neuer Technologien, die Sicherheit und Haltbarkeit reformulierter Produkte und um die ernährungsphysiologische und geschmackliche Qualität der Lebensmittel. Wie das aussehen kann, erklären Forscher des MRI in einem Kurzvideo:
Forschungsprojekte "Weniger Zucker"
Allulose – kalorienfreier Zucker
Kalorienfrei süßen – das können Lebensmittelhersteller künftig vielleicht mit einem neuen Zucker, der sogenannten Allulose. Sie wird aus heimischen Zuckerrüben gewonnen und ist mit 0,2 Kilokalorien pro Gramm fast kalorienfrei. Zum Vergleich: Ein Gramm Haushaltszucker liefert 4 Kilokalorien. Die Süßkraft des neuen Zuckers entspricht etwa 70 Prozent von Haushaltszucker. Er hat ähnliche Backeigenschaften wie herkömmlicher Zucker und soll zahnfreundlich sein. Nach Angaben des Allulose-Herstellers, einem Start-up-Unternehmen, eignet sich diese Alternative für nahezu alle Lebensmittel wie Getränke, Backwaren, Eiscreme, Soßen, Fruchtzubereitungen oder Süßwaren. In den USA ist Allulose bereits seit 2012 im Einsatz. Innerhalb der Europäischen Union darf Allulose noch nicht verwendet werden, da er erst von der EU zugelassen werden muss.
Allulosegewinnung
Zuckerrüben enthalten reichlich Zucker (Saccharose). Dieser besteht aus Fruchtzucker (Fruktose) und Traubenzucker (Glucose). Aus dem Fruchtzucker lässt sich mit Hilfe einer enzymatischen Reaktion ein neuer Zucker – die Allulose – gewinnen. Man kann sie in kristalliner Form oder als Sirup herstellen. Für die Allulosegewinnung wird die Molekülstruktur des Rübenzuckers so verändert, dass der Energiegehalt gewissermaßen verkapselt und vom menschlichen Stoffwechsel nicht mehr als Energielieferant erkannt wird.
Zulassung
Allulose ist ein sogenanntes „neuartiges Lebensmittel“ (Novel Food). Unter dem Begriff „Novel Food“ fallen alle Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Novel Food ist zulassungspflichtig. Deshalb musste auch für Allulose eine Zulassung beantragt werden. Eine finale Aussage zu speziellen Kennzeichnungsvorschriften lässt sich erst treffen, wenn die Zulassung durch die EU abgeschlossen ist. Derzeit prüft die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, ob der Verzehr von Allulose ein gesundheitliches Risiko bergen könnte.
Zuckeraustauschstoff Erythritol
Erythritol (auch Erythrit genannt) ist ein kalorienfreier, zahnfreundlicher Zuckeraustauschstoff, der bereits als Streusüße im Supermarkt erhältlich ist und in manchen Süßwaren wie in Kaugummi und diversen Bonbons verwendet wird. Er wird aus Stärke hergestellt und hat im Vergleich zu Haushaltszucker eine Süßkraft von rund 60 Prozent. Dieser Zuckeraustauschstoff neigt bei Einsatz in höheren Konzentrationen, wie sie in Desserts oder Fruchtaufstrichen nötig sind, dazu auszukristallisieren. Ein unerwünschtes sandiges, knirschendes Mundgefühl ist dann die Folge. Deshalb ist dieser Zuckeraustauschstoff nicht für alle Produktgruppen gleichermaßen geeignet. Eine Forschungsgruppe des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPIP) hat bereits herausgefunden, dass die Kombination mit Pektin, einem Geliermittel, das von Natur aus in Obst enthalten ist, sowie mit anderen Substanzen (Carrageene, Gellan oder Cellulose (unlösliche Ballaststoffe) die Kristallisation dieses Zuckeraustauschstoffes deutlich reduzieren kann. Nach den Ergebnissen des Projekts könnte Erythritol demnächst etwa 20 bis 30 Prozent des Zuckers in Fruchtaufstrichen, Riegeln, Desserts, Kuchen, Tortenbelägen und anderen Produkten ersetzen kann.
Süßen mit Pflanzenfaserextrakten aus Weizen oder Mais
Wie man Kuchen, Gebäck, Snack- und Müsli-Riegel mit bis zu 30 Prozent weniger Zucker produzieren kann, daran haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts getüftelt. Ihre Erkenntnis: Zucker lässt sich teilweise durch Pflanzenfaserextrakte aus Weizen oder Mais oder durch cellulosehaltige Substanzen (Cellulose=unlösliche Ballaststoffe) ersetzen.
Vorteile von Pflanzenfaserextrakten
Pflanzenfaserextrakte aus Weizen oder Mais haben zwar eine geringere Süßkraft als Zucker, dafür liefern sie wertvolle Ballaststoffe und haben fast keine Kalorien. Weitere Vorteile: Sie sorgen für das nötige Füllvolumen, haben einen neutralen Eigengeschmack, gute Backeigenschaften und sorgen für eine ähnliche Bräunung wie zuckerhaltige Backwaren.
Um die fehlende Süße zu kompensieren, werden Süßgeschmack-kongruente Zutaten und natürliche Aromen angewandt. Man spricht hier von Multisensorik. So wird beispielhaft der Süßeeindruck durch Frucht-, Karamell- oder Vanillenoten verstärkt, so dass weniger Zucker in den verarbeiteten Produkten nötig ist.
Joghurt und Milchmischerzeugnisse: Milchzucker „versüßen“
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts (MRI) haben anhand von Untersuchungen zeigen können, dass sich mit Hilfe enzymatischer Verfahren die Süßkraft des natürlich vorkommenden Milchzuckers (Laktose) in den Milchprodukten erhöhen und so der Zuckerzusatz reduzieren lässt. Die gewonnenen Erkenntnisse konnten schließlich bei Versuchen im Industriemaßstab bestätigt werden, so dass sie grundsätzlich in der Praxis anwendbar sind.
Fruchtgetränke – weniger kariogen
Fruchthaltige Getränke können aufgrund ihres Fruchtzucker- bzw. Zuckergehaltes und ihrer Säure ein Risiko für die Kariesentstehung bergen. Einige Obstarten enthalten jedoch bestimmte Polyphenole, denen eine antikariogene Wirkung zugesprochen wird, indem sie die Bakterien zurückdrängen und die Plaquebildung verringern. Diese Wirkungen sind für fruchtbasierte Getränke noch nicht ausreichend an Menschen getestet worden. Hinzu kommt: Die meisten verwendeten Fruchtarten bzw. -sorten enthalten nur eine geringe Menge an Polyphenolen bzw. diese Stoffe bleiben während der Fruchtsaftherstellung im Trester beziehungsweise Pressrückstand zurück oder werden durch Klärungsprozesse (wie z. B. Filtration) teilweise abgetrennt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Kiel und der Hochschule Geisenheim wollen daher aus polyphenolreichen Früchten wie Mostapfel, Quitte, Speierling (Wildobst) und Aronia (dunkel-violette Beeren) sowie mit Hilfe spezieller Produktionstechniken ein zucker- und säurereduziertes Fruchtgetränk entwickeln, das weniger kariogen ist und auch gut schmeckt. Das Forschungsprojekt wurde im Jahr 2022 abgeschlossen.
Forschungsprojekte "Weniger (ungünstige) Fette"
Bessere Fettsäuremuster bei Backwaren
Viele Backwaren werden mit Backmargarine hergestellt. Diese besteht häufig aus Palmöl oder aus gehärteten pflanzlichen Fetten, die hohe Anteile an gesättigten Fettsäuren aufweisen. Palmöl steht wegen der mit seiner Gewinnung verbundenen Rodung des Regenwaldes in der Kritik. Ein übermäßiger Verzehr an gesättigten Fettsäuren kann das Risiko für bestimmte Erkrankungen, etwa des Herz-Kreislaufsystems erhöhen. Am Max Rubner-Institut (MRI) wird daher untersucht, inwieweit man die ernährungsphysiologische Wertigkeit von Backwaren verbessern kann, indem man heimisches Rapsöl oder Sonnenblumenöl verwendet. Sie enthalten weniger gesättigte und mehr einfach sowie mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Die Herausforderung ist: Um die produktspezifischen Eigenschaften der Backwaren zu erreichen, muss man das Öl verfestigen. Dies kann durch die sogenannte Oleogelierung erzielt werden – ein Verfahren, das sich nach Angaben des MRI bereits bei Mürbeteiggebäck, Stollen sowie Muffins bewährt habe.
Heimisches Rapsöl lässt sich durch die Zugabe von „Strukturanten“ verfestigen, wodurch sogenannte Oleogele, das sind gelierte Öle, entstehen (Oleogelierung). Dafür kommen Zusatzstoffe wie Mono- und Diglyceride sowie Ethylcellulose (chemisch modifizierte Cellulose) zum Einsatz. Mono- und Diglyceride werden in der Lebensmittelindustrie bereits häufig als Emulgator eingesetzt. Das Fettsäuremuster des Rapsöls verändert sich bei diesem Verfahren nicht.
Weitere Forschungsarbeiten am MRI befassen sich mit der Frage, ob sich Oleogele auch zum Frittieren eignen.
Bessere Fettsäurezusammensetzung bei Schoko-Aufstrichen
Schokoladenaufstriche enthalten häufig Palmöl, das reich an ungünstigen gesättigten Fettsäuren ist. Ein Forschungsprojekt des Fraunhofer Instituts fand heraus: Man kann das Palmöl in diesen Aufstrichen komplett durch Sonnenblumen- oder Rapsöl, die ein günstigeres Fettsäuremuster haben, ersetzen, indem man dieses Öl strukturiert. Dadurch kann der Anteil an gesättigten Fettsäuren in dem Aufstrich um 30 bis 50 Prozent reduziert werden. Die Textur, das Mundgefühl, die Stabilität und der Genusswert bleiben erhalten. Ein Vorteil sei zudem, dass der Aufstrich bei warmen und kälteren Temperaturen die gleiche Viskosität aufweist. Möglicherweise wird solch ein neuer Schokoaufstrich im Jahr 2021 auf den Markt kommen.
Aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren im Raps- oder Sonnenblumenöl sowie strukturgebenden Zutaten wird ein System erzeugt, welches fettähnliche Strukturen und Eigenschaften aufweist. Es handelt sich auch hier um Oleogele. Dafür kommen – ähnlich wie in dem oben beschriebenen Forschungsprojekt – strukturgebende Zutaten wie Proteine, Ballaststoffe oder Mono- oder Diglyceride zum Einsatz. Im Prinzip können auch Joghurts, Eiscremes, Pralinen, Marinaden, Soßen und Brotaufstriche mit diesem Verfahren hergestellt werden. Allerdings müssen die Oleogele für jede Produktgruppe separat angepasst und optimiert werden.
Fettgehalt bei Brühwurst halbieren
Brühwürste, beispielsweise Lyoner, Wiener oder Frankfurter Würstchen, enthalten normalerweise 25 bis 30 Prozent Fett. Der Verein zur Förderung agrar- und stadtökologischer Projekte (ASP) e. V. fand heraus, dass man mit Hilfe von Fettaustauschstoffen, die wiederum aus dem Schweinefleisch bzw. aus den Schwarten gewonnen werden, den Fettgehalt auf bis zu 12 bis 14 Prozent reduzieren kann ohne dass Einbußen in der Sensorik und Textur erkennbar sind. Für das gewünschte Mundgefühl und die Wasserbindung wird Gellan zugesetzt, ein Zusatzstoff, der auch für die Verarbeitung von Bio-Produkten zugelassen ist.
Wurst mit höchstens 3 Prozent Fett
Bereits im Jahr 2006 hat das Fraunhofer Institut in Kooperation mit einem Metzgermeister kalorienarme und fettarme Wurst entwickelt, die mit magerem Schinkenfleisch vom Schwein und mit Hilfe eines speziellen, am IVV entwickelten Produktionsverfahrens hergestellt wird. Mit Hilfe bestimmter Kutterverfahren, kombiniert mit der Dauer und dem Temperaturverlauf der Verarbeitung, entsteht eine Wurst mit höchstens 3 Prozent Fett und 60 bis 80 Prozent weniger Kalorien als die herkömmliche Wurst. Mittlerweile sind verschiedene Wurstsorten wie Bierschinken, Fleischwurst, Lyoner, Wiener Würstchen und Bockwurst als SB-Ware bei einer großen Handelskette erhältlich.
Weniger Fett bei Fett- und Siedegebäck
Berliner (Krapfen), Donuts und weiteres Fettgebäck enthalten in der Regel mehr als 9 Prozent Fett in der Rezeptur. Werden die Teiglinge nicht gebacken, sondern frittiert, erhöht sich der Fettgehalt auf rund 25 Prozent. Eine Forschungsgruppe des Max Rubner-Instituts (MRI) stellte fest: Bei Berlinern, die mit qualitativ hochwertigen Mehlen (sie haben einen hohen Proteingehalt, eine gute Kleberbildung und somit gute Backeigenschaften) hergestellt wurden, drang beim Frittieren 29 Prozent weniger Fett in den Teigling ein. Eine weitere Erkenntnis: Gibt man zu dem Teig ballaststoffreiche Weizenfasern (hergestellt aus den Halmen der Weizenpflanze) hinzu, kann der Gesamtfettgehalt im Gebäck um 10 Prozent reduziert werden. Beim Frittieren nehmen die Teiglinge 20 Prozent weniger Fett auf. Ob dieses Verfahren industriell genutzt wird war dem MRI nicht bekannt.
Coating
Ein weiterer Ansatz war die Aufbringung von Coatings (filmbildende Überzüge) auf den Teiglingen, wobei die Verwendung von sogenannten Lipidnanopartikeln (sehr kleine Partikel, die aus Fetten hergestellt werden) den Gesamtfettgehalt der Gebäcke bis zu neun Prozent reduzierte und sich die zusätzliche Fettaufnahme um 16 Prozent verringerte.
Die Akzeptanz der fettärmeren Gebäcke unterschied sich nur geringfügig von der Akzeptanz herkömmlicher Gebäcke.
Forschungsprojekte "Weniger Salz"
Bis zu 30 Prozent weniger Salz bei Brot
Forscher des Forschungskreises der Ernährungsindustrie (FEI) haben herausgefunden, dass bei grobporigen, großvolumigen Broten die Salzintensität deutlich höher ist als bei feinporigen Broten mit kleinem Volumen. Zudem lassen sich mit Substanzen, die den Salzgeschmack verstärken sowie mit Salzaustauschstoffen bis zu 30 Prozent der Salzmenge im Brot einsparen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Salzgehalt im Brot zu reduzieren:
- Die Textur des Brotes beeinflusst den Salzgeschmack: Kochsalz (NaCl) besteht aus einem Natriumion und ein Chloridion. Beim Verzehr von grobporigem Brot wird das Natriumion schneller freigesetzt als bei feinporigem Brot. Dadurch schmeckt Brot mit großer Krume bei gleichem Kochsalzgehalt salziger als Brot mit feiner Krume. So kann grobporiges Brot mit weniger Salz auskommen.
- Grobkörniges Kochsalz bewirkt einen intensiveren Salzgeschmack als feinkörniges Kochsalz, falls die grobe Körnung über den (Knet-)Prozess erhalten werden kann.
- Durch den Zusatz von Salzverstärkern wie die Aminosäuren (Eiweißbausteine) Arginin oder Lysin lässt sich die Salzmenge im Teig reduzieren.
- Bis zu 30 Prozent des herkömmlichen Kochsalzes (NaCl) lassen sich durch Kaliumchlorid (KCl) austauschen. Ein höherer Kaliumchloridgehalt im Brot würde einen bitteren metallischen Geschmack verursachen.
Salzgeschmack verstärken bei Feinkostsalaten, Fertiggerichten, Soßen
Ein Forschungsteam der Universität Hannover hat mit Hilfe von Peptidasen verschiedene definierte Eiweißverbindungen, darunter Arginyl-Dipeptide, hergestellt, die den Salzgeschmack im Lebensmittel verstärken können. Mit diesen Verbindungen könnten nach vorsichtiger Einschätzung 20 bis 30 Prozent Kochsalz eingespart werden, möglicherweise auch mehr. Nach Angaben der Universität Hannover sind die Dipeptide in nahezu allen Warengruppen einsetzbar, zum Beispiel in Kartoffelprodukten, Feinkostsalaten, Soßen, Dips und auch Fertiggerichten.
Weniger Salz in Edamer Schnittkäse
Einen wesentlichen Einfluss auf den Salzgehalt von Käse hat die Salzlake. Sie erfüllt verschiedene Funktionen im Herstellungsprozess, darunter die Geschmacksentwicklung und die Rindenbildung im Zuge der Reifung. Anstelle von Kochsalz, das heißt Natriumchlorid, verwendeten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max Rubner-Instituts (MRI) unterschiedliche Salzmischungen, die beispielsweise auch Kaliumchlorid enthalten. Der Salzgehalt im Edamer Schnittkäse konnte damit auf ein Viertel der ursprünglichen Salzmenge reduziert werden, allerdings schmeckte der Käse bitter, metallisch und weniger aromatisch
Weniger Salz durch Salzaustauschstoffe in Matjes
Den Kochsalzgehalt von Matjes und geräuchertem Lachs reduzieren – das gelang einem Forscherteam des Max Rubner-Instituts (MRI). Mit Hilfe von Salzaustauschstoffen konnte der Kochsalzgehalt in mariniertem Heringsfilets (Matjes) von 5 Prozent auf 2 bis 3,25 Prozent und von kaltgeräuchertem Lachs von 3 Prozent auf 1,5 bis 2,25 Prozent reduziert werden, ohne dabei die Qualität und Sicherheit der Produkte zu beeinträchtigen. Auch geschmacklich konnten die reformulierten Produkte nach Angabe des MRI bei den internen sensorischen Tests überzeugen.
Anstelle von Natriumchlorid testete man Kaliumchlorid (KCl) sowie Mischungen verschiedener Salze. Um den metallischen Geschmack beispielsweise von Kaliumchlorid zu überdecken kamen weitere Komponenten zum Einsatz. Nach Angaben des MRI habe ein Projektpartner die Rezeptur weiter optimiert und biete nun Matjes mit etwa 25 Prozent weniger Kochsalz in seinem Sortiment an. Es sei anzunehmen, dass Salzaustauschstoffe auch für andere in Salzlake gereifte Fischprodukte angewendet werden können. Im Einzelfall seien aber immer produktspezifische Entwicklungsarbeiten erforderlich.
Weniger Salz ohne Salzaustauschstoffe in Wurstwaren
Ziel eines Forschungsprojektes des Fraunhofer Instituts war es, gemeinsam mit Unternehmen aus dem Bereich Fleisch- und Wurstwaren und Anlagenherstellern ein industrietaugliches Produktionsverfahren für Wurstwaren mit 30 bis 40 Prozent weniger Salz zu entwickeln – und das ohne Salzverstärker.
Es konnte festgestellt werden, dass die Salzempfindung beim Kauen von Wurstwaren intensiviert wird, wenn die Salzkristalle unregelmäßig in der Wurstmasse verteilt sind. Das gelingt gut bei Wurstwaren mit homogenen Massen wie Brühwurst und Fleischwurst sowie mit Hilfe spezieller technologischen Verfahren. Damit könnte man bei gleichem Salzempfinden weniger Salz verwenden. Im derzeitigen Entwicklungsstand ist dieser Effekt jedoch nur temporär und verschwindet 2 bis 3 Tage nach der Produktion durch den Konzentrationsausgleich. Ein anderer Ansatz hierbei ist wiederum die Multisensorik: Bestimmte Gewürze wie Chili, Paprika und natürliche, Salzgeschmack-kongruente Aromen können den Salzgeschmack in der Wurst zusätzlich zu dem neuen technologischen Verfahren verstärken, so dass auch so die Salzmenge signifikant reduziert werden kann.
Nährwertkennzeichnung von verarbeiteten Lebensmitteln
Verbesserte Rezepturen von verarbeiteten Lebensmitteln alleine bewirken jedoch nicht, dass sich Menschen ausgewogener ernähren und damit die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas sinkt. Gleichzeitig muss auch die Ernährungskompetenz von Verbraucherinnen und Verbrauchern gestärkt werden, damit sie aus der Vielzahl von Lebensmitteln im Supermarkt diejenigen auswählen können, die im Hinblick auf den Energiegehalt und die Nährstoffzusammensetzung günstiger sind. Dabei spielt die Nährwertkennzeichnung eine wichtige Rolle.
Pflichtangaben auf verpackten Lebensmitteln
Die Nährwertkennzeichnung ist für fast alle vorverpackten Lebensmittel EU-weit verpflichtend vorgeschrieben. Gemäß der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung Nr. 1169/2011 (LMIV) müssen sieben Nährwerte, bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milliliter, in Tabellenform auf dem Etikett stehen:
- Energiegehalt und die Gehalte an
- Fett
- gesättigten Fettsäuren
- Kohlenhydraten
- Zucker
- Eiweiß
- Salz
Diese Pflichtangaben können durch bestimmte freiwillige Angaben, etwa zum Ballaststoffgehalt, ergänzt werden.
Auf der Verpackung darf außerdem auf bestimmte positive Nährwerteigenschaften wie „fettarm“ oder „reich an Ballaststoffen“ hingewiesen werden – allerdings nur, wenn die Anforderungen des Anhangs der europäischen Health-Claims-Verordnung erfüllt sind.
Der Nutri-Score
Der Nutri-Score zeigt die Nährwertqualität eines Lebensmittels in fünf Stufen an und ermöglicht dank seiner einheitlichen Bezugsgröße den direkten Produktvergleich innerhalb einer Lebensmittelkategorie.
Die Bewertung des Nutri-Score erfolgt anhand einer 5-stufigen Farb-Buchstabenkombination. Die beste Bewertung wird mit dem Buchstaben A und die ungünstigste Bewertung mit dem Buchstaben E gekennzeichnet. Das Ergebnis wird optisch hervorgehoben und farblich gekennzeichnet von Dunkelgrün (A) über Hellgrün (B), Gelb (C) und Orange (D) bis Rot (E).