- Dry Aging ist das trockene, langsame Reifen von vor allem Rindfleisch bei -2 bis +2 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 75 bis 80 Prozent.
- Langsam wachsende Rinderrassen wie Angus-, Wagyu- oder Hereford-Rind eignen sich besonders.
- Das Fleisch sollte in atmungsaktivem Papier (z. B. Backpapier) eingeschlagen höchstens zwei bis drei Tage im Kühlschrank lagern.
- Ein Steak mit Knochen ist etwa drei Zentimeter dick, das sind pro Person etwa 250 bis 300 Gramm.
Vielleicht haben Sie bei Ihrem Einkauf am Fleischtresen schon mal einen gläsernen Schrank mit der Aufschrift „Dry Aged Beef“ gesehen? Darin hängen oder liegen meistens größere Teilstücke vom Rind. Auf den ersten Blick sieht dieses Fleisch ungewohnt aus.
Was ist Dry Aging? Was ist Wet Aging?
Würde man Rindfleisch direkt nach dem Schlachten zubereiten würde, wäre es noch sehr zäh. Deshalb muss es immer erst eine gewisse Zeit ruhen, damit es beim Zubereiten zart wird. Lange Zeit galt das „Abhängen“ bzw. Trockenreifen – heute spricht man vom Dry Aging – als traditionelle Reifemethode. Und die funktionierte so: Man zerlegte das Tier in größere Teilstücke und ließ sie am Knochen in einem kühlen Raum reifen. Dabei verdunstet mit der Zeit das Wasser in dem Fleisch, so dass es je nach Reifezeit 30 bis 40 Prozent seines Ausgangsgewichts verliert.
Als Anfang der 1960er Jahre das Vakuumieren erfunden wurde ließ man das Fleisch immer häufiger in luftdichten Beuteln reifen. Der Grund: Bei dieser sogenannten Nassreifung (Wet Aging) reift das Fleisch unter Ausschluss von Sauerstoff in den Vakuumbeuteln schneller und es verliert nur fünf bis sechs Prozent seines Ausgangsgewichts.
Seit einigen Jahren erlebt die Trockenreifung eine Renaissance. Menschen, die gerne Fleisch essen, schätzen vor allem den ursprünglichen leicht nussigen und buttrigen Fleischgeschmack sowie das Aroma von Dry Aged Beef.
Das Fleisch verändert sich im Reifeschrank
Für Dry Aged Beef verwendet man meistens Rückenstränge vom Rind. Im Prinzip funktioniert es wie das traditionelle Verfahren. Heute erfolgt die Trockenreifung allerdings in einem speziellen Reifeschrank oder in einer klimatisierten Kühlkammer. Hier herrschen optimale Reifebedingungen: eine Temperatur von -2 bis +2 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 75 bis 80 Prozent. Eine bestimmte Luftzirkulation ist wichtig. So trocknet und reift das Fleisch langsam und verliert dabei durch den Wasserverlust etwa ein Drittel seines Ausgangsgewichts.
Auf diese Weise erhöht sich gleichzeitig der Anteil bestimmter Proteine (Eiweiße), die dem Fleisch seinen besonders würzigen Geschmack verleihen.
Auch rein optisch verändert sich das Fleisch: Es wird im Laufe der Zeit sehr dunkel und bekommt eine feste Konsistenz. Zudem bildet sich außen eine harte Kruste, die von einem Schimmel überzogen sein kann. Diese Kruste und das besondere Klima im Reifeschrank verhindern, dass unerwünschte Mikroorganismen in das Fleisch gelangen und es so vorzeitig verdirbt.
Bei trocken gereiften Rückensträngen vom Rind ist der Reifeprozess nach etwa drei bis vier Wochen abgeschlossen. Die dunkle Kruste wird abgeschnitten, da sie nicht genießbar ist. Von dem ursprünglichen Fleischgewicht bleibt wegen des Wasserverlustes und des Zuschneidens etwa die Hälfte übrig.
Für Steaks werden vom Rückenstrang etwa drei Zentimeter dicke Scheiben abgesägt. Je nach Anbieter werden auch andere dry-aged-Teilstücke angeboten. Das können beispielsweise Rumpsteak (Roastbeef), Filet, Entrecote, T-Bone oder Kotelett sein.
Der enzymatische Prozess der Trockenreifung
Nach der Schlachtung werden die Muskeln nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. In der Muskulatur ist zur Energiegewinnung das Kohlenhydrat Glycogen gespeichert, das zu Milchsäure abgebaut wird. Durch biochemische Veränderungen geht die anfangs noch weiche Muskulatur in die Muskelstarre über. Energiereiche Verbindungen, die im lebenden Muskel die Kontraktion wieder lösen, können jetzt nicht mehr gebildet werden. Durch die entstandene Milchsäure sinkt außerdem der pH-Wert. Die Folge: Das Fleisch ist zäh und hat eine geringe Wasserbindungsfähigkeit. Durch das saure Milieu werden wiederum muskeleigene Enzyme aktiviert. Sie lösen das Innere der Muskelzellen und das Bindegewebe auf und machen damit das Fleisch zart. Die Muskelstarre löst sich, der pH-Wert steigt wieder und die Wasserbindungsfähigkeit verbessert sich. Es entstehen Substanzen, die für ein intensives Aroma sorgen. Die Fleischreifung sorgt also dafür, dass das Fleisch zarter, saftiger und aromatischer wird.
Einkauf und Zubereitung von Dry Aged Beef
Dry Aged Beef hat wegen des hohen Gewichtsverlustes und der langen Reifezeit einen hohen Preis. Je nach Herkunft, Qualität, Teilstück usw. kostet es zwischen 40 und 100 Euro pro Kilogramm.
Beim Einkauf, bei der Lagerung und Zubereitung sind einige Dinge zu beachten:
- Ein Steak mit Knochen sollte etwa drei Zentimeter dick sein. Dünnere Stücke werden beim Anbraten schnell zäh. Pro Person rechnet man etwa 250 bis 300 Gramm.
- Das Fleisch hat eine mittelrote Farbe und eine weiße gleichmäßige Fettmarmorierung. Seine Konsistenz ist nach dem Zuschnitt fest und glänzend und nicht trocken und dunkel. Es riecht neutral und nicht sauer und muffig. Man sollte Dry Aged Beef möglichst frisch zugeschnitten kaufen.
- Manche Einkaufsstätten bieten auch vakuumiertes Dry Aged Beef im Kühlregal an. Es ist zwar länger haltbar, verliert aber schnell den besonderen Fleischgeschmack.
- Das Fleisch sollte man – wenn nicht schon beim Einkauf geschehen – in atmungsaktives Papier (z. B. Backpapier) einschlagen und bis zur Zubereitung in den Kühlschrank legen (unterster Regalboden). Es gehört nicht in Tüten oder Dosen, da es darin keinen Sauerstoff bekommt und schnell schmierig wird.
- Am besten bereitet man es frisch zu. Klappt das nicht, kann man es im Kühlschrank zwei bis drei Tage lagern.
- Dry Aged Steaks sollten vor der Zubereitung Zimmertemperatur haben.
- Im verschlossenen Gefrierbeutel kann das Fleisch bis zu drei Monate im Tiefkühlgerät lagern. Man muss dann allerdings mit einem Geschmacksverlust rechnen.
Dry Aged Kotelett
Zutaten für 4 Personen
- 2 Dry Aged Koteletts (ca. 3 cm dick, ca.600 g mit Knochen)
- ca. 2 EL Butterschmalz
- Salz
- Pfeffer
- 1 Zweig Rosmarin
- Bratenthermometer/Kerntemperaturmesser
Zubereitung
Die Steaks etwa ein bis zwei Stunden vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank nehmen.
Den Backofen auf 80 °C vorheizen. Butterschmalz in der Pfanne schmelzen und das Fleisch etwa eine Minute von beiden Seiten sehr heiß bis zum gewünschten Bräunungsgrad anbraten. Beim Wenden nicht mit der Gabel ins Fleisch stechen, da sonst Fleischsaft austreten kann.
Das Fleisch bei 80 bis 120 °C auf einen Rost im vorgeheizten Backofen weiter garen bis die gewünschte Kerntemperatur erreicht ist. Das dauert etwa 5 bis 10 Minuten. Die Kerntemperatur misst man am besten mit einem Bratenthermometer. Wichtig: Die Temperatur nicht direkt am Knochen messen, da sie hier geringer ist.
Welche Kerntemperatur?
- 48-50 °C: Rare
- 51-53 °C: Medium Rare
- 54-56 °C: Medium
- 57-59 °C: Medium Well
- 60 °C: Well Done
Die Koteletts vor dem Servieren noch etwa 5 Minuten ruhen lassen, damit sich der Fleischsaft wieder im Kotelett verteilen kann. Das Fleisch dann nochmal in Butterschmalz von beiden Seiten kurz anbraten und danach mit Salz und Pfeffer würzen. Jetzt das Kotelett quer zur Faser in dünne Scheiben schneiden und anrichten.
Bestimmte Rinderrassen eignen sich besonders
Die beste Qualität erzielt man, wenn man für das Dry Aged Beef Fleisch von langsam wachsenden Rinderrassen verwendet wie Angus-, Wagyu- oder Hereford-Rind. Diese Rassen haben den Vorteil, dass ihr Muskelfleisch nur langsam ausgebildet wird und eine feine Fettmarmorierung im Fleisch entsteht. Das sind wichtige Voraussetzungen für den ursprünglichen Fleischgeschmack. Die Tiere stammen häufig aus den USA, Kanada, Großbritannien sowie aus Deutschland und Spanien. Verwendet man Rinder aus unseren Breitengeraden, eignen sich insbesondere Färsen. Das sind weibliche Tiere, sie sind ungefähr 18 bis 20 Monate alt und haben noch nicht gekalbt. Zudem hat das Färsenfleisch gutes intramuskuläres Fett und ist von einer dicken Fettschicht überzogen.
Mitunter verwendet man für Dry Aged Beef auch Jungbullenfleisch. Diese Tiere sind früher schlachtreif und das Fleisch reift in der Regel nicht so lange wie das der oben genannten Rassen bzw. wie Färsenfleisch. Dry Aged Beef von Jungbullen ist daher preiswerter in der Herstellung.
Außer Rindfleisch werden auch trocken gereiftes Schweinefleisch, Lamm, Wild und vereinzelt auch besondere Hühnerrassen angeboten. Aus hygienischen Gründen muss jede Fleischart in unterschiedlichen Reifeschränken oder -kammern reifen. Die Reifezeit variiert je nach Tierart.