Getreide ist seit Jahrtausenden das Hauptnahrungsmittel der Menschen. Aus gutem Grund: es hat einen hohen Nährwert und lässt sich gut lagern.
Getreideanbau dominiert die deutsche Landwirtschaft
In Deutschland wächst heute auf gut einem Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche Getreide – knapp die Hälfte davon ist Weizen. Damit ist Weizen hierzulande das bedeutendste Getreide.
Unterschieden wird zwischen Weichweizen, der zum Backen von Broten, Brötchen und süßen Backwaren verwendet wird, und Hartweizen, aus dem Teigwaren wie Nudeln, aber auch Bulgur und Couscous, hergestellt werden.
In Deutschland wird vor allem Weichweizen angebaut. Hier liegt der Selbstversorgungsgrad bei 126 Prozent (Stand 2022), bei Hartweizen erreicht er lediglich 17 Prozent.
Auf Rang zwei folgt mit rund einem Viertel der Getreideanbaufläche die Gerste. Daneben hat flächenmäßig noch der Roggen eine größere Bedeutung. Er wird auf einem Zehntel der Getreidefläche angebaut. Andere Körnergetreide wie Körnermais, Triticale – eine Kreuzung aus Weizen und Roggen –, Hafer, Sorghum und Hirse werden hierzulande ebenfalls angebaut – zusammen nehmen sie aber nur etwa ein Sechstel der Anbaufläche ein.
Das meiste Getreide wird als Futter genutzt
Viele Menschen verbinden Getreide vor allem mit Brot und Nudeln und sind erstaunt, dass ein großer Teil (54 %) des in Deutschland verfügbaren Getreides an landwirtschaftliche Nutztiere wie Rinder, Schweine und Hühner verfüttert wird. Diese Futtergetreide dienen damit nur indirekt der menschlichen Ernährung.
Etwa 23 Prozent des gesamten Getreides in Deutschland gehen direkt in die Nahrungsmittelproduktion, rund 18 Prozent werden für energetische oder industrielle Zwecke verwendet.
Warum mehr Futter- als Nahrungsgetreide?
Getreide für den menschlichen Verzehr braucht sehr gute Böden. Das heißt: Nicht auf allen landwirtschaftlichen Flächen kann Weichweizen in Backqualität oder Hartweizen für die Teigwarenherstellung angebaut werden.
Wie wird Getreide angebaut?
Je nachdem, wann ausgesät wird, unterscheidet man im Getreideanbau zwischen Winter- und Sommergetreide. Wintergetreide wird noch vor dem Winteranfang, je nach Kultur ab etwa September, gesät und ab Juli des nächsten Jahres geerntet. Sommergetreide hingegen wird erst im Frühjahr ab Anfang März gesät und ab Juli des gleichen Jahres geerntet. Es steht also wesentlich kürzer auf dem Feld.
Im Gegensatz zu Sommergetreide brauchen Wintergetreide einen ausgiebigen Kältereiz, damit die Pflanzen stimuliert werden, im nächsten Jahr Blüten und Samen (Getreidekörner) zu bilden. Das heißt, eine gewisse Zeit lang müssen sehr niedrige Temperaturen auf die Pflanze einwirken.
Weil Wintergetreide mehr Zeit zum Wachsen haben und die ausgiebige Winterfeuchte ausnutzen können, erbringen sie höhere Erträge als die Sommergetreide. Bedeutende Wintergetreidearten sind hierzulande der Winterweizen, der Winterroggen, die Wintergerste und die Wintertriticale. Typische Sommergetreide sind Hafer, Sommergerste, Mais und in geringem Umfang auch Sommerweizen.
Getreideanbau: Krankheiten und Pflanzenschutz
Damit sich das Getreide gut entwickeln kann, soll der Bestand möglichst unkrautfrei sein. Die chemische Unkrautbekämpfung hat zu großen Ertragssteigerungen und Kosteneinsparungen geführt. Allerdings führte der Einsatz von Herbiziden (Unkrautbekämpfungsmitteln) auch zu einem Verlust der Artenvielfalt von Flora und Fauna. Wildkräuter wurden systematisch zugunsten der Kulturpflanzen bekämpft. Der Verlust dieser Begleitflora des Ackers raubte vielen Insekten und anderen Tieren ihren Lebensraum. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gelangen in den Boden und belasteten das Trinkwasser.
Im ökologischen Landbau ist der Einsatz von synthetisch-chemischen Mitteln zur Unkrautbekämpfung nicht zugelassen.
Integrierter Pflanzenschutz
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Integrierte Pflanzenschutz entwickelt, der die einseitige Ausrichtung auf chemische Pflanzenschutzmittel vermeidet. Alle Verfahren des Pflanzenschutzes werden als gleichrangig angesehen. Biologische, biotechnische, pflanzenzüchterische und anbautechnische Maßnahmen werden so kombiniert, dass der Einsatz von Chemie auf das notwendige Maß zurückgedrängt wird.
Nach Ermittlung der Schadschwelle entscheidet der Landwirt, welche Art der Bekämpfung er durchführt. Fällt die Wahl auf den chemischen Pflanzenschutz, dann dürfen nur die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zugelassenen Mittel eingesetzt werden.
Da manche Pilze an den Stoppelresten der alten Ernte überdauern und alle Getreidearten befallen können, ist eine weite Fruchtfolge, das heißt längere Pausen beim Getreideanbau, ein wirksames Gegenmittel. Auch deshalb verlangt die Anbauplanung im Öko-Landbau weite Fruchtfolgen, bei denen nur alle drei bis vier Jahre dieselbe Frucht angebaut wir, um die Infektionsketten der Schädlinge zu unterbrechen. Da auch weniger intensiv gedüngt wird, treten hier Fußkrankheiten weniger häufig auf. In der konventionellen Landwirtschaft wird der Erreger mit Fungiziden (chemische Mittel gegen Pilz) bekämpft, zur Vorbeugung kurzstrohige Sorten angebaut oder sogenannte Halmverkürzer eingesetzt.
Mutterkorn - giftiger Getreidepilz
Das Mutterkorn ist eine Pilzkrankheit, die nach der Roggenblüte zur Bildung von blauschwarzen Pilzkörpern in der Roggenähre führt. Der Mutterkornpilz enthält giftige Alkaloide (z. B. Ergotamin), dessen Verzehr bis zum beginnenden 18. Jahrhundert immer wieder zu schweren Massenvergiftungen führte. Namen wie Wolfszahn, Krähenkralle oder Brandkraut zeugen noch von der Gefährlichkeit des Mutterkorns. Erst nach Einführung einer besseren Getreidereinigung sowie Aufklärung der Bevölkerung gingen ab dem 18. Jahrhundert die Vergiftungsfälle zurück. Nahezu zeitgleich wurden auch die medizinischen Heilwirkungen erkannt, die letztlich auch zum Namen "Mutterkorn" führten. Die Alkaloide des Mutterkorns können bei schwangeren Frauen die Wehen auslösen.
Düngung von Getreide
Damit sich Getreide nach der Aussaat gut entwickeln kann, achtet der Landwirt darauf, dass genügend verfügbare Nährstoffe im Boden sind. Mit regelmäßigen Untersuchungen prüft er die Bodenvorräte von Stickstoff, Phosphor und Kalium.
Die fachgerechte Düngung von Getreide erfordert jedoch mehr als nur das Auffüllen von verbrauchten Bodenvorräten. Jede Getreideart stellt individuelle Ansprüche an die Menge und den Zeitpunkt der Düngung. Ganz entscheidend ist, für welchen Zweck das Getreide verwendet werden soll, da die Düngung auch die Inhaltsstoffe beeinflusst. So darf Roggen zum Backen nicht mehr als 11 Prozent Eiweiß haben, beim Futterroggen sind jedoch höhere Gehalte erwünscht.
Bei der Stickstoffdüngung sollte der Landwirt Auswaschungen von Nitrat ins Grundwasser möglichst vermeiden. Besonders beim Einsatz von Gülle ist eine umweltverträgliche und pflanzenbedarfsgerechte Verteilung wichtig. Zu bestimmten Zeiten, vor allem im Winter auf gefrorenem Boden, ist das Ausbringen von Gülle ganz untersagt, da die Nährstoffe der Gülle nicht von den Pflanzen aufgenommen, sondern vom Feld in die Oberflächengewässer abgeschwemmt würden.
Ernte und Aufbereitung von Getreide
Ab Juli sind die ersten Mähdrescher auf dem Feld. Diese schneiden den Getreidehalm kurz über dem Boden ab, nehmen die gesamte Pflanze auf und dreschen die Körner aus der Ähre (Mähdreschverfahren). Das Korn wandert in den Speichertank, das Stroh wird entweder hinter dem Mähdrescher in einer Reihe abgelegt oder klein gehäckselt mit einem Gebläse über das Feld verteilt.
Die Körner werden im Mähdrescher auch schon grob gereinigt, in den Korntank transportiert und von dort auf Anhänger entladen und vom Landwirt abgefahren.
Bevor der Landwirt mit der Ernte beginnt, prüft er zunächst den Reifegrad und den Feuchtigkeitsgehalt der Körner. Getreide ist nur bei einem Wassergehalt von weniger als 16 Prozent gut lagerfähig. Wenn das Erntegut mehr Feuchtigkeit enthält, muss viel Energie (und Geld) aufgewendet werden, um das Getreide auf die gewünschten 14 Prozent herunterzutrocknen. Diese Trocknung erfolgt parallel mit einer Belüftung des Getreides, um ein Schwitzen und Muffigwerden auszuschließen. Ganz wichtig für die Vitalität des Korns ist, dass es sich im Lager nicht über 35 Grad Celsius bei Saatgut beziehungsweise 40 Grad Celsius bei Brotgetreide erwärmt.
Nach der Trocknung wird das Getreide in großen Silos oder ebenerdig in Hallen eingelagert. Hier gilt es, die Silos gut zu reinigen und alles zu tun, um einen Befall mit Lagerschädlingen zu vermeiden. Denn Kornkäfer, Mehlmotte und andere Schädlinge können einen erheblichen Appetit entfalten und den Landwirten große Verluste bringen.
Ökologischer Getreideanbau
Wichtig für den ökologischen Getreideanbau ist die richtige Stellung in der Fruchtfolge. Ebenso müssen geeignete Sorten ausgewählt werden. Daneben muss der Biobauer die Nützlinge fördern, seinen Boden kennen und die Bodenfruchtbarkeit beachten. Schließlich muss er auch direkte Maßnahmen ergreifen können, wie zum Beispiel das Unkrautstriegeln.
Im Rahmen der offiziellen Sortenprüfungen von neuen Getreidesorten wird mittlerweile auch die Eignung für das ökologische Anbausystem geprüft. So kristallisieren sich Sorten mit spezieller Eignung für den ökologischen Landbau heraus.
Im Ökolandbau werden deutlich niedrigere Erträge als bei konventionellem Anbau erzielt. Der jüngste Agrarpolitische Bericht der Bundesregierung (2015) weist einen Weizenertrag der Öko-Betriebe von 37,2 Dezitonne pro Hektar aus, gegenüber 79,9 Dezitonne pro Hektar bei konventionellen Betrieben. Beim erzielten Preis verhält es sich genau umgekehrt: Die Preise für Öko-Weizen liegen im Durchschnitt bei 40,69 Euro und für konventionellen Weizen bei 18,47 Euro je Dezitonne.
Verzicht auf Mineraldünger und Chemie
Im ökologischen Getreideanbau werden keine synthetischen Unkrautbekämpfungsmittel eingesetzt
Auf die sonst im Getreideanbau üblichen Betriebsmittel wie mineralische Stickstoffdüngung, synthetische Fungizide (gegen Pilze), Insektizide (z. B. gegen Blattläuse), Halmverkürzer oder chemische Saatgutbeizen verzichtet der Öko-Landwirt bewusst.
Zur Unkrautbekämpfung werden im ökologischen Landbau mechanische Maßnahmen, wie das Striegeln, eingesetzt. Das ökologische Anbausystem lebt in erster Linie von der Vielfalt seiner Fruchtfolgen, der regelmäßigen Zufuhr organischer Masse (Mistkompost, Kompost) und der gezielten Nützlingsförderung. Damit kann ein Teil der im intensiven Getreideanbau auftretenden Probleme vermieden werden.
Nützlinge, wie etwa Marienkäfer oder Larven der Florfliegen, werden durch die Anlage von sogenannten Blühstreifen gefördert. Vielseitige Fruchtfolgen, zum Beispiel mit Kleegras, wirken sich ebenfalls positiv auf die Nützlingspopulationen aus. Pilzkrankheiten beugt der Öko-Landwirt unter anderem durch geringere Bestandsdichten vor. Weniger Getreidepflanzen lassen die Bestände schneller abtrocknen. Pilzen wird so das Leben schwerer gemacht.
Organische Dünger und zugelassene Pflanzenschutzmittel
Stallmist als organischer, betriebseigener Dünger wird frisch, angerottet oder kompostiert auf die Flächen ausgebracht. Zugelassene Pflanzenschutzmittel im ökologischen Getreidebau sind unter anderem Schwefel gegen Pilzbefall, Schmierseife und pflanzliche Öle gegen schädliche Insekten oder natürliche Extrakte als Insektizide, etwa vom indischen Neem-Baum.