Das gläserne Rind
Auf jedem Rindfleischetikett ist angegeben, wo das Tier geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt wurde. Dafür wurde EU-weit ein lückenloses System zur Herkunftssicherung aufgebaut. Ist das Fleisch nicht vorverpackt, müssen diese Angaben an deutlich sichtbarer Stelle im Verkaufsraum stehen. Eine Herkunftskennzeichnung gibt es mittlerweile auch für unverarbeitetes und vorverpacktes Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch, wobei verpflichtend der Aufzucht- und Schlachtort des Tieres gekennzeichnet werden.
Die Herkunftssicherung beginnt mit der Geburt des Kalbes und reicht bis zur Kennzeichnung an der Fleischtheke. Jedes Rind in Europa wird auf diese Weise einheitlich "vom Stall bis zur Theke" registriert.
Direkt nach der Geburt erhalten die Kälber zwei identische Ohrmarken aus biegsamem Kunststoff, die das Tier unverwechselbar ein Leben lang kennzeichnen. Dort sind alle Angaben eingestanzt; sie können nicht gelöscht werden. Die Ohrmarken sind EU-weit gleich aufgebaut: Zunächst kommt das Länderkürzel: "DE" steht für Deutschland. Es folgt eine standardisierte tierindividuelle zehnstellige Nummer. Sie steht unter anderem für das Bundesland, den Regierungsbezirk, den Landkreis, die Gemeinde und die laufende Betriebsnummer. Zusätzlich sind alle Angaben noch auf einem Strichcode (Barcode) vermerkt, der maschinell von einem Lesegerät (Scanner) eingelesen werden kann.
Die zuständigen Behörden der Länder stellen für jedes neu geborene oder aus einem Drittland eingeführte Tier ein Stammdatenblatt (früher: Rinderpass) aus, das die Tiere wie ein Personalausweis bis zur Schlachtung begleitet.
Alle Rinderhalter in der EU müssen ein Bestandsregister führen, in dem alle Daten eines jeden Rindes eingetragen werden und das auch nach Aufgabe der Tierhaltung noch drei Jahre aufbewahrt werden muss. Dazu gehören Geburt, Ohrmarkennummer, Rasse, Geschlecht, die Ohrmarkennummer der Mutter, Tod, Ver- und Zukauf.
Die zentrale Datenbank für Rinder in München speichert den Lebenslauf eines jeden Rindes in Deutschland. Jede Tierbewegung muss dorthin innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden. Der Schlachthof meldet den Zugang und die Schlachtung. Auf diese Weise können Herkunfts- sowie alle Haltungs- und Schlachtbetriebe eines Tieres festgestellt werden. Die Herkunft des Fleisches ist auf dem Etikett angegeben.
Kennzeichnung im Schlachthof
Jeder Schlachtbetrieb nimmt nur Rinder mit Ohrmarken und Stammdatenblatt ab. Natürlich muss auch der Schlachthof an die zentrale Datenbank in München das Schlachtdatum, das Schlachtkörpergewicht und die Schlachtkörperkategorie (z. B. Ochsenfleisch) melden. Unmittelbar nach der Schlachtung wird die Tieridentifikationsnummer auf der Ohrmarke mit einer neu zugeteilten Schlachtnummer verknüpft und gesichert festgehalten.
Die Schlachtkörper müssen noch vor der Verwiegung und Klassifizierung mit der Schlachtnummer zur eindeutigen Identifizierung gekennzeichnet werden.
Herkunftsnachweis bis zum Steak
Die Schlachtkörper gehen dann in der Regel zum Zerlegebetrieb. Hier werden sie fachgerecht in die einzelnen Teilstücke zerlegt. Die sortierten Teilstücke (z. B. Filets, Roastbeefs) eines Schlachttages werden zu einer Teilstückcharge zusammengefasst und erhalten eine Chargennummer, die den zuvor genannten Schlachtnummern zugeordnet werden kann. Eine Rückverfolgung vom Teilstück bis hin zum dazugehörigen Einzeltier ist damit aber nicht unbedingt möglich. Lediglich die Rückverfolgung bis zu einer bestimmten Gruppe von Tieren eines Landwirtes ist damit geschaffen. Allerdings führen mehr und mehr Fleisch verarbeitende Betriebe Rückverfolgungssysteme auf Einzeltierebene ein. Die Angaben des Rindes landen dann auf dem Etikett der Fleischstücke: Verbraucher*innen können darauf erkennen, in welchem Land das Rind geboren, gemästet, geschlachtet und zerlegt worden ist. Ist das Fleisch nicht verpackt, müssen diese Angaben an deutlich sichtbarer Stelle im Verkaufsraum stehen.
Schlachttieruntersuchung
Unmittelbar vor der Schlachtung untersucht und beurteilt der amtliche Tierarzt oder die Tierärztin das Tier und stellt fest, ob es tierschutzgerecht behandelt wird oder Auffälligkeiten aufweist. Damit wird sichergestellt, dass nur gesunde Tiere zur Schlachtung gelangen. Der Tierarzt oder die Tierärztin prüft die Tiere hinsichtlich ihres Allgemeinbefindens, Transportverletzungen, wie Überanstrengung, Überhitzung, sowie auf übertragbare Krankheiten und auf Anzeichen von Medikamentengaben. Tiere mit Auffälligkeiten erhalten ein Schlachtverbot. Weiterhin werden auch Herkunft und Identität des Tieres veterinärmedizinisch überprüft.
Fleischuntersuchung
Ist das Tier ausgeblutet, werden alle Teile einschließlich des Blutes und der inneren Organe auf ihre Genusstauglichkeit getestet:
- Der Tierarzt oder die Tierärztin achtet auf die Ausblutung, die richtige Fleischreifung, Fleischqualitätsmängel sowie Abweichungen von Geruch, Geschmack, Beschaffenheit und Farbe des Fleisches.
- Weiterhin werden Abweichungen überprüft, die auf noch nicht abgebaute Medikamentenrückstände zurückzuführen sind.
- Außerdem kann eine Untersuchung auf Krankheitserreger oder andere Keime erfolgen.
Nur einwandfreie Schlachtkörper sind tauglich und zum Verzehr geeignet. Fleisch, das den Schlachthof verlässt, unterliegt auch weiterhin der Lebensmittelüberwachung. Durch Stichprobenkontrollen prüfen die Behörden insbesondere die Einhaltung der Hygienevorschriften während des Transportes, der Lagerung und Weiterverarbeitung bis hin zur Ladentheke.
Nationaler Rückstandskontrollplan und Einfuhrüberwachungsplan
Der Nationale Rückstandskontrollplan für Lebensmittel tierischen Ursprungs ist ein Programm, in dessen Rahmen unter anderem lebende Nutztiere, Fleisch, Aquakulturerzeugnisse, Milch, Eier und Honig auf Rückstände unerwünschter Stoffe untersucht werden. Das in Deutschland vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) koordinierte Programm wird in der Europäischen Union nach einheitlichen Maßstäben durchgeführt. Danach muss jährlich jedes 250. geschlachtete Rind untersucht werden.
Der Einfuhrüberwachungsplan gilt für Erzeugnisse tierischen Ursprungs aus Nicht-EU-Staaten. Die Untersuchung der Sendungen und die Probenahmen erfolgen an den Grenzkontrollstellen. Die Mitgliedstaaten müssen Sendungen von Erzeugnissen, die zur Einfuhr vorgestellt werden, einem Überwachungsplan zu unterziehen.