In vielen Kommunen ist das Ernten auf städtischen Flächen ausdrücklich erwünscht.
Beim Pflücken von wilden Pflanzen sollte die sogenannte „Handstraußregel“ aus dem Bundesnaturschutzgesetz befolgt werden.
Für viele Städte sind herrenlose Beerensträucher, Obstbäume und Wildkräuter bereits kartiert.
Lernen Sie in kurzen Porträts gängige Wildfrüchte und -kräuter mit ihren Fundorten und Erntezeiten kennen.
Wer sich in seiner Stadt genau umsieht, entdeckt allerlei essbare Köstlichkeiten. Pflücken ist grundsätzlich erlaubt, jedoch sollten einige Regeln beachtet werden. Wir zeigen Ihnen, welche Früchte und Wildpflanzen Sie im öffentlichen Raum ernten können und was Sie dabei beachten sollten.
Wo darf ich ernten und welche Regeln gibt es?
In vielen Kommunen gibt es öffentliche Flächen, die zwar beispielsweise vom Grünflächenamt oder vom Amt für Umwelt- und Klimaschutz gepflegt werden, auf denen aber die Bürger Stein- und Kernobst, Beeren oder Nüsse ernten dürfen. Das freut nicht nur die Bewohner, sondern ist auch eine gute Marketingmaßnahme. So wirbt zum Beispiel die Stadt Troisdorf mit dem Slogan „Zugreifen erwünscht – Ernten in der Stadt“ und hat sogar neue Beerensträucher ausgepflanzt. Die „mundraub-Region Hasetal“ bekam für ihre Initiative sogar den Deutschen Tourismuspreis verliehen. Hier wurden Alleen aus Kern- und Steinobst gepflanzt und für die Allgemeinheit freigegeben.
Essbare Städte
In einigen Städten wurde die Idee von der Essbaren Stadt mittlerweile zum Programm erhoben. Vorreiter der Bewegung war die englische Stadt Todmorden. In Deutschland war Kassel die erste Stadt, in der aus einem Projekt des Künstlers Karsten Winnemuth eine Initiative entstand, an der sich auch die Stadtverwaltung beteiligt. In Andernach war es sogar die Stadtverwaltung selbst, die die kommunale Grünplanung im Jahr 2007 mit dem Konzept „Essbare Stadt“ ohne Mehrkosten nachhaltig umgestaltet hat.
Mehr dazu lesen Sie in unseren Artikeln Essbare Stadt Kassel und Essbare Stadt Andernach.
Auch ohne offizielle Ankündigung oder Kampagne ist das Pflücken von wilden Pflanzen auf öffentlichen Flächen erlaubt. Vorausgesetzt, die sogenannte „Handstraußregel“ aus dem Bundesnaturschutzgesetz wird befolgt.
Die Handstraußregel
Die „Handstraußregel“ besagt, dass jeder Bürger wilde Pflanzen für den privaten Gebrauch ernten darf. Verankert ist diese Regelung in § 39 III des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG): „Jeder darf (...) wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen.“
Den § 39 BNatSchG finden Sie auf www.gesetze-im-internet.de.
Dass nicht in Naturschutzgebieten gesammelt wird, sollte selbstverständlich sein. Wildlebende Pflanzen können auch herrenlose Apfel- und Kirschbäume, Brombeer- oder Johannisbeersträucher sein sowie früher kultivierte Obstarten wie Mispeln, die mittlerweile verwildert sind.
Wilde Früchte aus der Stadt
Erntezeit für Wildfrüchte ist überwiegend im Sommer und Herbst. In unserer Bilderstrecke stellen wir Ihnen einige Bäume und Sträucher vor, die in deutschen Städten weit verbreitet sind und deren Früchte nicht nur essbar sind, sondern auch lecker und gesund.
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Von März bis Juni zeigen sich die weißen Blüten. Ab Oktober können die Früchte geerntet werden, die wegen ihrer Gerbstoffe eine leicht adstringierende (zusammenziehende) Wirkung haben. Sie eignen sich z. B. für die Herstellung von Saft, Wein oder Konfitüre.
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Ihre Früchte, Mispeln oder Steinäpfel genannt, haben wenig Fruchtfleisch, aber viel Vitamin C. Am besten erntet man sie nach dem ersten Frost und verarbeitet sie zu Getränken, Konfitüren oder Chutneys.
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Haselnüsse können im September und Oktober geerntet werden. Sie werden pur geknabbert oder beispielsweise für Kuchen und Desserts verwendet.
Hagebutten haben einen hohen Vitamin-C-Gehalt und viel Vitamin A. Neben der beliebten Verwendung als Tee kommen sie auch in Saucen und Konfitüren zum Einsatz.
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Die Früchte, Esskastanien oder Maronen, reifen zwischen September und November. Auf dem Weihnachtsmarkt oder zu Hause geröstet, sind sie eine beliebte Knabberei. Maronen schmecken aber auch gekocht, z. B. als Suppe oder im Rotkohl.
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Die Früchte der Kornelkirsche, die Kornellen, sind im August und September reif. Sie haben einen süß-säuerlichen, leicht herben Geschmack und lassen sich pur genießen oder zu Saft, Wein oder Spirituosen verarbeiten.

Die Walnuss kommt auf vielen Grünflächen vor, sowie in Parks und Gärten. Unreife Früchte können zu „schwarzen Nüssen“ verarbeitet werden.
Sind Walnüsse im Oktober oder November reif, fallen sie von selbst vom Baum herunter. Für Eichhörnchen sind sie ein wichtiger Wintervorrat. Für die Menschen gehören Walnüsse zur Vorweihnachtszeit einfach dazu und werden pur geknabbert oder vielseitig beim Kochen und Backen eingesetzt.
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Die weißen Blütendolden des „Hollers“ können zwischen April und Juni gepflückt und z. B. zu Holunderblütensirup verarbeitet werden. Zwischen September und November sind die Holunderbeeren reif. Sie sollten nicht roh verzehrt werden, sondern beispielsweise als Saft oder Gelee.
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Zwischen August und Dezember reifen die länglich-ovalen, orangeroten Früchte. Wegen des hohen Vitamin-C-Gehalts der Beeren wird der Sanddorn häufig als „Zitrone des Nordens“ bezeichnet. Aus Sanddornbeeren kann z. B. Fruchtmus oder Saft hergestellt werden.
Geeignete Sammelplätze finden
In Kommunen, in denen das Ernten ausdrücklich erlaubt ist, weisen meist Flyer und Informationen im Internet auf geeignete Sammelstellen hin. Gibt es diese Angebote nicht, können Sie beim Grünflächenamt erfragen, ob bestimmte Flächen tatsächlich der Stadt gehören und beerntet werden dürfen.
Eine weitere Möglichkeit, herrenlose Beerensträucher, Obstbäume und Wildkräuter zu finden, bietet die Internetplattform „mundraub.org“. Dort sind die Sammelplätze in allen deutschen Städten mit mehr als 50.000 Einwohner*innen in einer interaktiven Karte eingetragen, und auch kleinere Gemeinden sind vertreten. Die Einträge stammen meist von Sammlern selbst, manchmal von Stadtverwaltungen, aber auch von Gartenbesitzern, die ihre Bäume und Sträucher nicht selbst abernten können oder wollen.
Wie ist das eigentlich mit Obst vom Nachbarn?
Wenn Zweige mit Früchten oder Nüssen über den Zaun eines privaten Grundstücks hängen, ist es – anders als häufig geglaubt – Diebstahl, diese zu pflücken. Was allerdings nach außen auf den Boden fällt, darf aufgesammelt werden.
Darauf sollten Sie beim Sammeln von Wildfrüchten und -kräutern achten
Beim Ernten von wilden Früchten empfiehlt es sich, erst ab einer Höhe zu pflücken, die Hunde beim Gassigehen nicht mehr erreichen. Da Früchte und Nüsse an Sträuchern und Bäumen wachsen, ist dies völlig unproblematisch. Bei niedriger wachsenden Pflanzen sind Fundorte ideal, bei denen eine Verunreinigung unwahrscheinlich ist. Sicher vor Hunden sind meist umzäunte Kinderspielplätze. Aber auch in Parks, abseits der Wege, auf Friedhöfen und eigenen Hinterhöfen können Früchte und Kräuter meist bedenkenlos gesammelt werden. Außerdem sollten Sie Folgendes beachten:
Pflanzenschutzmittel: Informieren Sie sich sicherheitshalber beim Grünflächenamt, ob Pflanzenschutzmittel auf den Flächen, von denen Sie ernten möchten, eingesetzt werden.
Schwermetalle: Schwermetalle wie Blei und Cadmium finden sich in unserer gesamten Umwelt. Studien haben ergeben, dass die Belastung mit Blei und Cadmium in Stadtobst überwiegend vergleichbar ist mit der von Obst aus dem Supermarkt. Dabei ist bodennahes Obst wie Beeren stärker belastet als Baumobst und Nüsse. Auch an stark befahrenen Straßen ist die Schadstoffbelastung höher.
Infos zum Fuchsbandwurm
Fuchsbandwurm: Das höchste Risiko für eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm haben Menschen aus der Forst- und Landwirtschaft sowie Hunde- und Katzenhalter in Waldnähe, vor allem im Süden Deutschlands. Durch sorgfältiges Waschen, insbesondere von bodennah gesammelten Früchten und Kräutern, lässt sich das Risiko minimieren. In Risikogebieten schützt das Kochen der Ernte vor einer Ansteckung mit dem Fuchswandwurm.
Giftpflanzen: Obst und Nüsse sind vergleichsweise einfach zu bestimmen, beim Sammeln von Wildkräutern ist jedoch Vorsicht geboten, um nicht an giftige Verwandte zu geraten. Grundsätzlich sollten Sie nur die Pflanzen sammeln und essen, die Sie einwandfrei zuordnen können. Bei der Bestimmung helfen Bücher, das Internet oder erfahrene Wildkräuter-Pädagog*innen. Einige gängige Wildkräuter für „Einsteiger“ stellen wir Ihnen in unserer Bilderstrecke vor:
Wildkräuter für Einsteiger
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Der Geschmack der Vogelmiere ist mild-nussig und erinnert an junge Maiskolben. Daher passt das rohe Kraut bestens in Wildkräutersalate oder aufs Brot. Es lässt sich aber auch wie Spinat zubereiten, zu Pesto verarbeiten und vieles mehr.
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Die Blätter des Gundermanns sind sehr würzig, weshalb sie sich nicht als Gemüse, sondern als Würzkraut eignen. Dieses lässt sich gut trocknen oder zu Kräutersalz verarbeiten und passt zu vielen Speisen. Die violetten Blüten schmecken eher süßlich und sind eine tolle Dekoration.
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Der Brennnessel-Geschmack wird als würzig-spinatartig beschrieben und so schmecken die gedünsteten Blätter zum Beispiel in Suppen und Risottos, als Belag auf Tartes und Quiches oder als Füllung für Ravioli, Cannelloni oder Pfannkuchen.
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Die jungen Blätter können im Frühling geerntet werden. Sie schmecken im Salat oder in grünen Smoothies und werden gedünstet wie Spinat oder Mangold verwendet. Die Blütenknospen schmecken leicht scharf und können als Gewürz genutzt werden.
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Die Blattrosetten haben im Frühjahr ein mildes Aroma, im Sommer ein herberes. Junge Blätter ähneln im Geschmack dem Feldsalat und lassen sich auch wie dieser roh genießen. Die hübschen Blüten der Gänseblümchen sind eine wohlschmeckende Dekoration für Speisen.
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Bei der Knoblauchsrauke ist der Name Programm: Die Blätter schmecken knoblauchähnlich und sind auch so als Gewürz oder Salatbeigabe zu verwenden. Die Samen können ähnlich wie Senfkörner verwendet werden und geben eine feine Schärfe.
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Die jungen Löwenzahnblätter schmecken leicht bitter, ähnlich wie Chicorée. Die süßlichen Blüten sind nicht nur dekorativ, sondern machen sich auch gut in Salaten, Süßspeisen und Likör. Die Blütenknospen können wie Kapern in Essig eingelegt werden.
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Die Blätter der Weißen Taubnessel schmecken milder als die der rotblühenden Verwandten. Sie haben ein leicht pilzartiges Aroma und passen in Salat, Suppen oder Aufläufe. Ihre Blüten sind süß und eignen sich als Deko oder für Tee, Sirup oder Likör.
Wilde Früchte und Kräuter genießen
Wilde Früchte, Nüsse und Kräuter enthalten wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Außerdem bringen sie Abwechslung auf den Teller. Weil das Sammeln von Wildpflanzen im Trend liegt, gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Büchern mit Rezepten und Tipps für deren Verarbeitung. Und auch im Internet finden sich zahlreiche Blogs und Portale mit Informationen für die Zubereitung von Beeren, Stein- und Kernobst, Nüssen und Wildkräutern.
Wildkräuterrezepte auf oekolandbau.de
Rezeptideen der BIOSpitzenköche
Auf www.oekolandbau.de, dem zentralen Internetportal für den ökologischen Landbau, gibt es eine umfangreiche Sammlung von Rezepten der BIOSpitzenküche, in denen auch Wildkräuter eingesetzt werden:
Frühlingspfanne mit Putenkeule, neuen Kartoffeln und Gemüse
Früchte-Wildkräuter-Milchcocktail
Knackiger Sommersalat mit Wildkräutern und einer Molkevinaigrette
Was nach der Ernte nicht gleich frisch verzehrt wird, kann durch verschiedenste Methoden haltbar gemacht werden, zum Beispiel durch Einfrieren, Einkochen oder Trocknen. Informationen und Tipps dazu finden Sie in unserem Online-Special zum Haltbarmachen. Dann können sie die essbaren Köstlichkeiten aus der Stadt noch lange genießen.