(BZfE) – Am grüngelben Zitronat und dem orangefarbenen Orangeat scheiden sich die Geister: Die alljährliche Debatte in der Vorweihnachtszeit, ob das geplante Gebäck „mit oder ohne“ hergestellt wird, ist in vielen Familien Ritual.
Beide Backzutaten sind geradezu umwerfend süß und pur kaum genießbar. Teig aber geben sie eine interessante würzige Note, die Stollen, Früchtebrot, Lebkuchen und Plätzchen hervorragend abrunden kann. Der Name ist allerdings nicht Programm, denn Zitronat und Orangeat werden traditionell nicht aus Zitronen und Orangen hergestellt.
Zitronat wird aus den Schalen der Zedrat- oder Zitronatzitrone (Citrus medica) gewonnen. Deren lateinischer Name deutet auf die ursprüngliche Heimat der Pflanze hin: Medien, ein Land des Altertums im heutigen Iran. Der Anbau konzentriert sich heute auf Italien (Kalabrien), Frankreich (Korsika), Griechenland (Rhodos, Naxos), Marokko sowie Puerto Rico. In Israel werden die Früchte ausschließlich für religiöse Zwecke (Laubhüttenfest) produziert.
Die je nach Sorte 200 bis 800 Gramm, seltener bis zwei Kilogramm schwer werdenden Früchte haben vergleichsweise wenig Fruchtfleisch, dafür aber eine außergewöhnlich dicke Schale. Diese nutzt man zur Herstellung von Konfitüre, Zitronat und Likör. Wegen ihres hohen Gehaltes an ätherischen Ölen ist sie auch für die Parfumherstellung von Bedeutung.
Orangeat wird aus Bitterorangen (Citrus x aurantium), auch Pomeranzen genannt, hergestellt. Die Bitterorange ist ursprünglich aus einer Kreuzung von Mandarine und Pampelmuse in einem Gebiet von Südwestchina und Nordostindien entstanden. Heute erfolgt ihr Anbau vor allem in Spanien sowie in Italien, Marokko und Südafrika. Die Frucht ist aufgrund des hohen Bitterstoffgehaltes für den Frischverzehr ungeeignet, aber begehrt für die Herstellung bitterer Orangenmarmelade, Orangeat, Likören und Bittergetränken. Die Pomeranze hat eine dickere, unebenere Schale als die Orange und wird ebenfalls zur Gewinnung von Duftwässern verwendet.
Zitronat, auch als Sukkade bekannt, und Orangeat entstehen durch das Kandieren der Fruchtschalen. Dazu werden die halbierten Früchte zunächst durch Einlegen in Salzwasser fermentiert, bis die Schale ein glasiges Aussehen erreicht hat. Anschließend werden Fruchtfleisch und Kerne entfernt und die Hälften einige Tage in Frischwasser entsalzt.
Beim eigentlichen Kandierprozess werden die Hälften in einem Zucker-Glukosesirup-Gemisch über mehrere Tage mit langsam ansteigender Konzentration erhitzt, bis ein Zuckergehalt von mindestens 65 % in der Frucht erreicht ist. Dadurch wird ein späteres Auskristallisieren verhindert. Nach leichtem Antrocknen erfolgt meist noch eine Glasur der Oberfläche mit Zuckerguss. Das Endprodukt ist dickfleischig, im Schnitt speckartig, durchscheinend und von süßem, aromatisch-würzigem Geschmack. Für die Weihnachtsbäckerei werden zwar überwiegend die preiswerten, bereits in kleine Würfel vorgeschnittenen Stücke, angeboten, geschmacklich intensiver und saftiger in der Konsistenz ist aber Zitronat und Orangeat in ganzen Schalenhälften. Diese gibt es zum Beispiel im Online-Versandhandel oder auf Wochenmärkten an Ständen mit Trockenfrüchten.
Angeboten werden diese Spezialitäten zwar das ganze Jahr über, aber in den Vorweihnachtswochen haben Zitronat und Orangeat Hochkonjunktur. Für Fans ein Genuss und für alle anderen gibt es genügend Alternativen für die Weihnachtsbäckerei.
Hans-Georg Levin, www.ble.de