(BZfE) – Der menschliche Organismus verfügt über ein gewisses Depot an Vitamin B12; er ist nämlich in der Lage, rund zwei bis fünf Milligramm zu speichern. Größtenteils sind die Speicher in der Leber (50 bis 90 Prozent) und Muskulatur (etwa 30 Prozent) zu finden. Der tägliche Bedarf wird laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Jugendliche und Erwachsene auf 4,0 Mikrogramm geschätzt, für Schwangere und Stillende sind es 4,5 beziehungsweise 5,5 Mikrogramm. Daher entwickelt sich ein möglicher Mangel schleichend und fällt oft erst nach Jahren der Unterversorgung auf.
Allerdings: „Auf den ersten Blick entzieht sich ein Vitamin-B12-Defizit oft der Diagnose, denn nicht selten klagen betroffene Personen über unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Schwäche, Abgeschlagenheit und Erschöpfung“, darauf wies kürzlich Springer Medizin in einem ausführlichen Beitrag auf ihrer Homepage hin.
Vitamin B12 ist kein einzelner Wirkstoff; vielmehr steht dahinter eine Reihe von vitaminwirksamen Substanzen, die Cobalamine. Alle Cobalamine werden ausschließlich von Mikroorganismen synthetisiert, Tiere und Pflanzen sind dazu nicht in der Lage. Tiere, die ebenfalls das Vitamin benötigen, decken ihren Bedarf durch Fressen von Nahrung, auf der solche Mikroorganismen vorkommen. Zwar kommen auch im Mikrobiom – der Darmflora – des Menschen diese Mikroorganismen vor, die Resorption des Vitamins erfolgt jedoch nicht im Dickdarm, sondern im Dünndarm. Deshalb kann unser Körper das von diesen Bakterien gebildete Vitamin nicht nutzen. Als einzige Quelle bleiben daher für den Menschen nur Lebensmittel tierischen Ursprungs. Fleisch von unseren Nutztieren (insbesondere Leber) und Fisch sind gute Quellen, aber auch Ei sowie Milch und Milchprodukte. Obst, Gemüse und Getreide sind nahezu frei von diesem Vitamin.
Risikogruppen für einen Mangel an Vitamin B12 sind insbesondere ältere Menschen: So ergab eine Untersuchung am Helmholtz Zentrum München, dass ein Viertel der über 65-Jährigen nicht ausreichend mit Vitamin B12 versorgt sei. In der Altersgruppe der 85- bis 93-Jährigen wiesen mehr als ein Drittel zu niedrige Vitamin B12-Werte auf. Verantwortlich hierfür seien vor allem Resorptionsstörungen.
Aber auch junge Menschen können betroffen sein. Bei Menschen, die sich vegan ernähren und Vitamin B12 nicht supplementieren, sei ein Mangel vorprogrammiert, so der zitierte Beitrag. Aber auch Menschen, die sich vegetarisch ernährten, eine einseitige Kost oder eine sehr restriktive Diät einhielten, hätten ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin B12-Mangel. Ferner können auch Erkrankungen, welche die Resorption im Gastrointestinaltrakt beeinträchtigen sowie verschiedene Medikamente zu einer Unterversorgung führen.
Im menschlichen Stoffwechsel fungiert B12 als Coenzym, das bedeutet, es ist Teil eines Enzyms, das Reaktionen im menschlichen Körper steuert. Unter anderem ist es an der Blutbildung beteiligt sowie an der Bildung der DNA, also unseres Erbguts, und damit an Zellwachstum und Zellteilung. Im Nervensystem hilft das Vitamin, die Hüllen der Nervenfasern zu regenerieren und neu zu bilden und somit die Funktionsfähigkeit des Nervensystems zu erhalten.
Neben den beschriebenen unspezifischen Beschwerden kann ein Vitamin B12-Defizit zu Veränderungen des Blutbilds führen sowie zu neuropsychiatrischen Veränderungen. Wer zu einer Risikogruppe gehört und auf der sicheren Seite sein möchte, sollte die eigenen Blutwerte daher vom Arzt oder von der Ärztin kontrollieren lassen. Ohne medizinischen Grund ist eine unspezifische, dauerhafte Einnahme hochdosierter Vitamin B12-Supplemente nicht angeraten.
Rüdiger Lobitz, www.bzfe.de
Weitere Informationen:
www.springermedizin.de/vitamin-b12-mangel-nicht-uebersehen-/18953558
www.springermedizin.de/risikogruppen-im-blick-behalten/18953568
www.bzfe.de/service/news/aktuelle-meldungen/news-archiv/meldungen-2020/november/vegan-und-schwanger/
www.bzfe.de/fileadmin/resources/import/pdf/eifonline_11_2016_zahncreme_b12_final.pdf
resource-cms.springernature.com/springer-cms/rest/v1/content/18957306/data/v1