(BZfE) – Wie weiß unser Gehirn, wann wir genug gegessen haben? An der Regulation der Nahrungsaufnahme sind viele verschiedene Faktoren beteiligt. Wissenschaftler der Technischen Universität München haben einen neuen Mechanismus zur Steuerung der Sättigung entdeckt. Vermutlich verringert das Darmhormon Sekretin über eine Aktivierung des braunen Fettgewebes den Appetit.
Der überwiegende Teil des Körperfetts ist weißes Fett, das überschüssige Nahrungsenergie speichert. Im Gegensatz dazu stimuliert die Nahrungsaufnahme im braunen Fettgewebe die Umwandlung von Energie in Wärme. Bei Kleinkindern trägt das braune Fett dazu bei, die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Bei Erwachsenen ist es an der Gewichtskontrolle beteiligt. Dabei scheint das Darmhormon Sekretin eine wichtige Rolle zu spielen. Es regt bei Nahrungsaufnahme die Produktion von Verdauungssäften in der Bauchspeicheldrüse an. Nun ließen sich im braunen Fettgewebe Rezeptoren für Sekretin nachweisen. Das ist ein Hinweis, dass das Hormon auch das braune Fett beeinflusst.
Die Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) führten gemeinsam mit dem finnischen Forschungsinstitut Turku PET-Center eine Untersuchung an insgesamt 21 gesunden, normalgewichtigen Männern durch. Infolge von Infusionen mit Sekretin erhöhte sich im Vergleich zur Kontrollgruppe (Infusionen mit Kochsalzlösung) die Glukoseaufnahme im braunen Fettgewebe (57 %) und der Energieverbrauch im ganzen Körper (2 %). Mit Hilfe der Magnetresonanztomographie ließ sich nachweisen, dass Sekretin die Aktivität des Belohnungssystems im Gehirn reduziert, wenn die Probanden Fotos von appetitlichen Speisen wie Omelett oder Pommes frites betrachteten. Offenbar führt die Freisetzung des Hormons über eine Aktivierung des braunen Fetts dazu, dass im Gehirn ein Sättigungsgefühl entsteht. Die Probanden hatten nach eigenen Angaben weniger Appetit, und die Pausen zwischen den Mahlzeiten waren um 40 Minuten länger. Eine veränderte Kalorienaufnahme ließ sich jedoch nicht nachweisen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature Metabolism“.
„Diese Studie unterstreicht die funktionelle Bedeutung des menschlichen braunen Fetts bei der Kontrolle der Energiebilanz, da es sowohl die Nahrungsaufnahme als auch den Energieverbrauch beeinflusst“, erklärt Martin Klingspor, Professor für Molekulare Ernährungsmedizin an der TUM. Die neuen Erkenntnisse über die Rolle des Sekretins für die Sättigung können bei Forschungen zur Behandlung von Adipositas hilfreich sein. Weitere Untersuchungen mit mehr Probanden sollen zeigen, ob das Hormon tatsächlich die Nahrungsaufnahme verringern kann.
Heike Kreutz,
Quelle: Technische Universität München (TUM), Pressemeldung vom 22. Juni 2021; Nature Metabolism, Bd. 3, Nr. 6, S. 798–809, Juni 2021; https://doi.org/10.1038/s42255-021-00409-4
Weitere Informationen:
https://doi.org/10.1038/s42255-021-00409-4
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