(BZfE) – Die braun gewordene Banane, der vergessene Essensrest vom Vortag oder der angeschimmelte Frischkäse: Über die Hälfte der Lebensmittelabfälle in Deutschland entsteht in privaten Haushalten. Das ist ein Problem – nicht nur für den eigenen Geldbeutel, auch für die Umwelt. Denn so werden die begrenzten Ressourcen des Planeten verschwendet. Doch wie können diese Abfälle reduziert werden? Und wie lassen sich Verbraucherinnen und Verbraucher bewegen, ihr Verhalten langfristig zu ändern? Diesen Fragen widmete sich das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) geförderte „Dialogforum Private Haushalte“ seit Juli 2020. Auf der Abschlusskonferenz in Berlin am 21. Juni 2023 präsentierte das Projektteam von Slow Food e. V., der Technischen Universität Berlin und dem Ecologic Institut seine Ergebnisse.
Den thematischen Auftakt machte BMEL-Staatssekretärin Silvia Bender. Ziel der Politik sei es, das weiter zu reduzieren, was viele mit schlechtem Gewissen tun: Lebensmittel wegwerfen. Die Erkenntnisse aus dem Dialogforum lasse das BMEL auch in die Ernährungsstrategie einfließen, die Ende 2023 vorliegen werde. Denn die Lebensmittelverschwendung bis 2030 zu halbieren, sei eine komplexe Aufgabe mit zeitlichem Druck, so Bender. Die Abschlusskonferenz bilde keinen Schlusspunkt, denn ein Nachfolgeprojekt sei bereits in Planung.
Einen Projektüberblick über die vergangenen drei Jahre gab Stella Diettrich von Slow Food. Ein „Mapping“ brachte Aufschluss über bestehende Aktivitäten zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Dabei wurden 439 Maßnahmen von insgesamt 314 Akteuren aus Deutschland erfasst und kategorisiert. Wichtige Erkenntnis: Viele Akteure möchten das Verhalten ihrer Zielgruppe langfristig ändern, doch werden die zahlreichen Workshops, Seminare, Social Media-Auftritte, Bildungsmaterialien oder Apps kaum auf ihre Wirksamkeit hin evaluiert.
Leonie Hasselberg und Eva Müller von der Technischen Universität Berlin gaben Antworten auf die zentrale Frage: Wie können Institutionen in Deutschland wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung planen? Um Akteure hierbei zu unterstützen, entwickelte das Projektteam des Dialogforums eine Anleitung zur erfolgreichen Planung wirksamer Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung. Mit einem Workbook, welches kostenfrei zur Verfügung steht, kann anhand einer Wirkungslogik eine effektive Maßnahme richtungssicher geplant werden. Um die Wirksamkeit anschließend zu evaluieren, lassen sich zudem vom Projektteam erarbeitete Fragebögen und ein Küchentagebuch zur Erfassung von Abfällen verwenden.
Im Rahmen eines „Citizen-Science-Projekts“ untersuchte das Dialogforum auch selbst die Wirksamkeit bestehender Maßnahmen. Prof. Nina Langen von der Technischen Universität Berlin stellte die Ergebnisse vor: Aus einem kleineren Set ausgewählter Maßnahmen erwiesen sich drei als sehr wirksam. In einem hauseigenen Workshop der Technischen Universität Berlin stand die richtige Lagerung von Lebensmitteln im Fokus, so dass die Teilnehmenden ihre Lebensmittelabfälle schließlich um 25 Prozent reduzieren konnten. Als vergleichbar wirksam erwies sich der Einsatz der Infobroschüre „10 Goldene Regeln gegen Lebensmittelverschwendung“ von Zu gut für die Tonne!. Noch erfolgreicher war sogar die Zu gut für die Tonne!-Box, bestückt mit verschiedenen Utensilien wie etwa einem Spaghetti-Portionierer. Mit Hilfe der Box konnten die Teilnehmenden ihre Lebensmittelabfälle sogar um 29 Prozent reduzieren.
Zum Abschluss der Konferenz stellte Stella Diettrich Handlungsempfehlungen für die Politik vor, die unter anderem auch in einem Workshop mit externen Expertinnen und Experten erarbeitet wurden. Das Projektteam fordert die Politik beispielsweise auf, die sektorübergreifende Verknüpfung zu stärken und die Bildung zu Lebensmittelverschwendung auszuweiten. An diesem Workshop nahm auch Dr. Margareta Büning-Fesel teil, die Präsidentin der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Sie betont: „Die Ursachen für die hohen privaten Lebensmittelabfälle liegen nicht notwendigerweise nur in den Haushalten selbst. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, nachhaltige Ernährungsumgebungen zu schaffen. Die Politik muss dazu Anreize bieten.“ Tatsächlich bedingen sich Lebensmittelabfälle durchaus sektorübergreifend: Einflüsse auf das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher reichen beispielsweise von der Verfügbarkeit bestimmter Packungsgrößen im Lebensmitteleinzelhandel bis zum Umgang mit Tellerresten in Restaurants.
Luisa Greupner, www.bzfe.de
Weitere Informationen:
Das ‚Dialogforum Private Haushalte‘ ist eingebettet in die Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Zur Strategie und zu den Dialogforen: https://www.zugutfuerdietonne.de/strategie
Politische Empfehlungen: https://www.zugutfuerdietonne.de/strategie/dialogforen/private-haushalte/dokumente
(Bildquelle: stock.adobe.com/highwaystarz)