(BZfE) – Die Ernährungsbildung in Japan und Deutschland steht vor ähnlichen Herausforderungen. Welche Ansätze verfolgen beide Länder, um den Menschen eine möglichst gesunde und ausgewogene Ernährung zu ermöglichen? Japanische und deutsche Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis teilten ihre Erkenntnisse am 25. Januar 2024 beim Symposium „Die Zukunft des Essens II: Ernährungsbildung und Kommunikation“ in Berlin.
„Die traditionelle japanische Art der Ernährung – mit viel Reis, Obst, Gemüse und Meeresfrüchten – nimmt vor allem bei jüngeren Menschen in Japan ab“, berichtete Prof. Dr. Miho Kamioka von der Tokyo University of Agriculture. „Seit etwa 1960 findet eine Verwestlichung der Essgewohnheiten statt, so steigt beispielsweise der Konsum tierischer Lebensmittel.“ Außerdem würden immer mehr Mahlzeiten in der Außer-Haus-Verpflegung eingenommen. Das alles führe zu einem Rückgang der häuslichen Ernährungsbildung, Traditionen gingen verloren. „Shokuiku“ – der japanische Ausdruck für Ernährungsbildung – ist durch das Grundlagengesetz von 2005 verankert. Besonders das Schulessen und Ernährungslehrer sieht Kamioka als Hebel, um das Essverhalten bei Kindern zu verbessern.
„Der Austausch zwischen den Kulturen fasziniert mich sehr“, startete Prof. Dr. Ines Heindl von der Europa-Universität Flensburg ihren Beitrag zur Ernährungssituation in Deutschland. Die Hauptentwicklungen sieht sie ähnlich wie in Japan: Es wird zu wenig Gemüse und Obst und zu viel Fleisch gegessen. Und jeder zweite isst regelmäßig außer Haus. Seit 2005 gibt es in Deutschland ein Curriculum zur Ernährungs- und Verbraucherbildung, dieses wurde im Rahmen des Projekts REVIS (Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen) entwickelt. Zahlreiche erprobte Materialen für einen guten Ernährungsbildungsunterricht wie beispielsweise den Ernährungsführerschein des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) stehen zur Verfügung. Nicht zuletzt gibt es erfolgreiche Ansätze wie auch schwer erreichbare Zielgruppen Ernährungskompetenzen außerhalb von klassischen Bildungseinrichtungen erwerben können. „Eigentlich ist alles da“, so Heindl. „Die Herausforderung ist, die verschiedenen Ansätze zusammenzubringen und in die Breite zu tragen.“
„Früher hat man viel in der japanischen Familie über Ernährung und Lebensmittel gelernt. Heute ist das in vielen Haushalten nicht mehr möglich. Die Verpflegung in Schulen wird immer wichtiger. Das ist der Hintergrund für unser Grundlagengesetz“, erklärt Akito Dowaki zuständig für „Shokuiku" am japanischen Ministerium für Land-, Forstwirtschaft und Fischerei. „In unserem Gesetz steht, dass Ernährungsbildung die Grundlage für Gesundheit ist und deshalb auch vermittelt werden muss. Es wurde dafür aber kein eigenes Schulfach geschaffen. Seit 2005 gibt es ,Ernährungslehrende‘. Sie sind zuständig dafür, dass die Schulverpflegung gesund und ausgewogen ist und haben eine Qualifikation als Lehrkraft. Allerdings bleibt in der Praxis noch zu wenig Zeit für Ernährungsbildung, da es an Lehrkräften mangelt.“
Dr. Barbara Kaiser stellte das Bundeszentrum für Ernährung als Motor für Ernährungsbildung in Deutschland vor. „Wir fördern Bund-Länder-Kooperationen, die zum Ziel haben, Lehrkräften anerkannte Fortbildungen und qualitätsgesicherte BZfE-Unterrichtsmaterialien anzubieten. Darin sehen wir eine große Chance für die Stärkung von Ernährungsbildung“, so Kaiser.
Julia Seeher, www.bzfe.de
Weitere Informationen:
Japanisch-Deutsches Zentrum Berlin: https://jdzb.de/de/veranstaltungen/die-zukunft-des-essens-ii
BZfE-Bildungsbereich: https://www.bzfe.de/bildung/
REVIS (Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung in Schulen): http://www.habifo.de/resources/PDFs/REVIS-Flyer_Druck.pdf
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