(BZfE) – In Deutschland gibt es über 970 Tafeln, deren Mitarbeitende überwiegend ehrenamtlich tätig sind. Die Tafeln verteilen Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden können, an bedürftige Menschen. Forschende der Hochschule Osnabrück haben sich mit der Frage beschäftigt, wie sich die Arbeit der Tafeln optimieren und Lebensmittelverschwendung vermeiden lässt. In dem Projekt „LeMiFair – Lebensmittel fairteilen statt verschwenden“ wurden unterschiedliche Aspekte der Arbeit von Tafeln und anderen wohltätigen Institutionen betrachtet – von Rechtsfragen über Finanzierung bis zu logistischen Herausforderungen.
„In der praktischen Arbeit der ehrenamtlich tätigen Bürger und Bürgerinnen gehören rechtliche Unsicherheiten zum Alltag, und das ist ein nicht zu unterschätzendes Problem“, erklärt Professorin Dr. Melanie Speck von der Universität Osnabrück. Tatsächlich gibt es für die wohltätige Umverteilung von Lebensmitteln kaum Regeln, die dazu noch unterschiedlich ausgelegt werden können. Das führt unter Umständen dazu, dass Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft aus rechtlichen Gründen von einer Spende absehen.
Auch bei den Kommunikationsstrukturen bestehe Handlungsbedarf: In vielen Kommunen fehle eine feste Ansprechperson, die über Aufgaben, Bedarf und Grenzen der Tafeln Bescheid weiß und Empfehlungen aussprechen kann. So kommt es vor, dass Personen an Tafeln verwiesen werden, obwohl deren Kapazitäten bereits erschöpft sind.
Auf der Basis von Interviews, Gruppendiskussionen und bestehender Literatur wurden politische und wissenschaftliche Handlungsempfehlungen entwickelt:
1. Mehr Rechtssicherheit: Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die beteiligten Akteure der institutionellen Lebensmittelweitergabe sollten vereinfacht werden, da es spezifische Regeln für die karitative Umverteilung von Lebensmitteln kaum gibt bzw. lassen sich einzelne Rechtsaspekte unterschiedlich auslegen.
2. Sichere Unterstützung: Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wie die Tafeln benötigen eine verlässliche und bedarfsgerechte, finanzielle und organisatorische Unterstützung.
3. Kommunikationsstrukturen etablieren: verantwortliche Ansprechpersonen zwischen der öffentlichen Hand und den Institutionen der Lebensmittelweitergabe festlegen, um Kommunikationswege über Tätigkeiten und Bedarfe zu verbessern.
4. Neue Spendenwege erschließen: Potenziale für die Lebensmittelweitergabe erschließen und bestehende Netzwerke verbessern.
5. Verstetigung von Austausch und Vernetzung auf lokaler Ebene: Förderung und Erweiterung des Austauschs zwischen den Akteuren der Lebensmittelweitergabe.
6. Professionalisierung und Datentransparenz: Die strukturelle Professionalisierung der Warenströme entlang der Lebensmittelweitergabe, z.B. die digitale Erfassung der Weitergabe in den Logistikzentren, so dass Fehler oder Defizite der Produktgruppen besser nachvollziehbar sind, beispielsweise hinsichtlich der Mengen, Deklarationsfehler oder ähnliches.
Nach Ansicht der Forschenden lohnt es sich, lokale Netzwerke sowie Aktionen für die Wertschätzung von Lebensmitteln weiter auszubauen.
Heike Kreutz, www.bzfe.de
Weitere Informationen:
Projekt „Lebensmittel fairteilen, Ressourcen schonen“: https://www.ml.niedersachsen.de/presse/pressemitteilungen/lebensmittel-fairteilen-ressourcen-schonen-236496.html
Tafel Deutschland: https://www.tafel.de/
Foodsharing: Lebensmittel retten und teilen statt wegwerfen: https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/lagern-kochen-essen-teilen/foodsharing/
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