(BZfE) - Videos, die Menschen beim Essen zeigen, sollten ursprünglich Gefühle von Einsamkeit reduzieren. Denn immer mehr Menschen essen nicht mehr in Gesellschaft. Die Idee des „Mukbang“ (auch: „Meokbang“) stammt ursprünglich aus Südkorea, denn auch in Ostasien leben mittlerweile viele Menschen allein. Die Zuschauenden konnten ihre Mahlzeiten einnehmen, während sie den Streamenden beim Essen zusahen und sich mit ihnen und anderen Fans im Live-Chat austauschten.
Inzwischen werden die meisten Mukbang-Anlässe aufgezeichnet, oft nachträglich bearbeitet und anschließend über YouTube oder TikTok verbreitet. Auch die daraus entstehenden Verdienstmöglichkeiten veränderten den Charakter von Mukbang. Es zeigte sich, dass sich die User vor allem für das Vertilgen außergewöhnlich großer Nahrungsmengen, besonders scharfer oder besonders ungewöhnlicher Lebensmittel sowie noch lebender Insekten oder Würmer begeisterten. Dazu kommt: Essgelage, bei denen die Zeit gestoppt und entsprechend „geschlungen“ wird, sind deutlich beliebter als Videos, in denen sich die Mukbanger Zeit zum Essen lassen. Weibliche und schlanke Mukbanger haben zudem besonders viele Fans.
Was auf den ersten Blick nach harmloser Unterhaltung aussieht, kann gesundheitliche Probleme und essgestörtes Verhalten fördern. Eine kürzlich veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass der regelmäßige Konsum von Mukbang-Videos die Wahrscheinlichkeit, übergewichtig zu werden oder zu bleiben, um etwa 7,5 Prozent erhöht. Doch auch der gegenteilige Effekt tritt auf: Manche Mukbang-Fans, teilweise unter Essstörungen leidende Menschen, nutzen die Inhalte, um sich absichtlich den Appetit zu verderben oder sich satt zu fühlen, ohne selbst zu essen.
Da die Inhalte heute vor allem über YouTube und TikTok verbreitet werden, erreichen sie bevorzugt Millenials sowie die Generationen Z und A. Dass die Nutzung sozialer Netzwerke bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen positiv mit essgestörtem Verhalten und einem negativen Körperbild assoziiert ist, ist bekannt. Eltern und therapeutisches Fachpersonal sollten die Vorbildwirkung von Mukbangern mit ihren Kindern und Klienten reflektieren, Lehrkräfte im Unterricht aktiv über die Effekte ernährungsbezogener Social-Media-Inhalte aufklären und dabei nicht nur Diättipps und Clean-Eating-Trends, sondern auch Mukbang-Inhalte thematisieren.
China hat im Rahmen seiner Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung einen anderen Weg eingeschlagen und Völlerei in der Öffentlichkeit und in den sozialen Medien verboten. Nach dem neuen chinesischen Gesetz können Medienplattformen, die entsprechende Inhalte verbreiten, mit Geldstrafen von bis zu 100.000 chinesischen Yuan (ca. 12.680 Euro) belegt werden. Bis heute wurden bereits Tausende Mukbang-Accounts geschlossen und zahlreiche Videos von den Social-Media-Plattformen entfernt.
Dr. Birgit Jähnig, www.bzfe.deWeitere Informationen:
Mukbang-Videos als Online-Phänomen – Online Spezial: www.bzfe.de/ernaehrung-im-fokus/online-spezials/fit-und-gesund/mukbang-videos-als-online-phaenomen
Ernährungskommunikation – Menschen erfolgreich vom Wissen zum Handeln begleiten: www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungskommunikation
Ernährungspyramide: Wie groß ist eine Portion? www.bzfe.de/ernaehrung/die-ernaehrungspyramide/die-ernaehrungspyramide-eine-fuer-alle/ernaehrungspyramide-wie-gross-ist-eine-portion
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