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Ich habe fast einen Herzkasper bekommen, als Oma unserem Kleinen mit etwa einem Jahr zum ersten Mal einen Rohesser in die Hand gedrückt hat. War innerlich schon halb auf dem Weg ins Krankenhaus. Magen auspumpen. Intensivstation. Denn durch die Lektüre verschiedener Ratgeber hatte ich mir eingeprägt: Kein rohes Fleisch für kleine Kinder!

Solche Empfehlungen sind wichtig und hilfreich. Bei mir führen sie aber in erster Linie zu Panik und Hysterie. Denn was ich oft überhaupt nicht einschätzen kann: Was passiert denn, wenn man eine solche Regel doch einmal bricht – ob bewusst oder unbewusst? Bekommt das Kind dann „nur“ einen Durchfall oder schwebt es gleich in Lebensgefahr? Der ungewollte Test zeigte: Unser Sohn hat es überlebt. Und die Kinder von befreundeten Eltern, die das Ganze nicht so eng sehen, bisher auch.

Deshalb gilt es sich zu informieren. Denn Angst entsteht in erster Linie da, wo Unwissen herrscht. Was gehört alles in die Rubrik „rohes Fleisch“? Gibt es da Unterschiede oder sollte ich mich konsequent an die Regel halten "Nichts, was nicht gekocht ist“? Und welche Gefahren lauern überhaupt auf der Rohwurst?

Rohesser auf Holzbrett
Judith Pulg | Fotografie

Aber der Reihe nach – ich habe ein bisschen recherchiert:

Grundsätzlich gehören in die Rubrik „rohes Fleisch“ alle Fleischerzeugnisse, die nicht eine gewisse Zeit erhitzt wurden – in der Regel auf mindestens 70 Grad. Darunter fallen neben rohem Schnitzel und Hackepeter auch Dinge wie Räucherschinken oder Landjäger. Allerdings – hier die erste Erkenntnis – ist die Gefahr einer Infektion durch Salami deutlich geringer als durch rohes Mett.

Salami durchläuft in der Regel einen langen Reifeprozess, während dessen dem Produkt Salz zugefügt und Wasser entzogen wird. Das dient dem Haltbarmachen. Gegenüber anderen Wurstsorten fehlt auch lange gelagerten Rohwürsten allerdings das Erhitzen, was auch die restlichen hartnäckigen Keime abtötet. Kann ich also nicht sicher sein, dass das Produkt unter einwandfreien Hygienebedingungen hergestellt wurde, sollte ich lieber darauf verzichten.

Allerdings: Wie kann ich das überprüfen? Als Verbraucher lässt sich das nunmal schwer nachvollziehen, was beim Schlachten, im Lieferwagen und hinter den Türen der Metzgereien passiert. Man kann nur vertrauen – oder vorsorgen. Deshalb hält sich das  Netzwerk Junge Familie zum Beispiel auch ganz strikt an die Empfehlung, auf rohes Fleisch und Rohmilchprodukte zu verzichten. Ohne Ausnahme.

Potentiell können sich auf rohem Fleisch ganz unterschiedliche Tierchen tummeln – vor allem dann, wenn Hygienevorschriften nicht eingehalten, zum Beispiel die Kühlkette unterbrochen wurde: Salmonellen und EHEC sind zwei der potentiellen Erreger, die insbesondere Magen-Darm-Erkrankungen hervorrufen. Diese müssen nicht gefährlich sein, können es aber – insbesondere weil das Immunsystem bei Kleinkindern noch nicht so belastbar ist. Eine Salmonelleninfektion kann in seltenen Fällen sogar tödlich enden – auch wenn Experten das Risiko in Deutschland als gering einstufen.

Im Zweifelsfall also lieber die Finger davon lassen. Aber – und das nehme ich mir zu Herzen: auch nicht gleich ausflippen, wenn’s doch mal passiert. Denn die Empfehlungen sind in erster Linie Vorsichtsmaßnahmen, die das Risiko einer Infektion möglichst gering halten soll. Nicht jedes Produkt ist belastet. Aber die Möglichkeit besteht eben.

Ich für meinen Teil werde meinem Sohn seinen Landjäger vom Metzger unseres Vertrauens hin und wieder gönnen – so lange er keine Krankheitsanzeichen zeigt. Rohes Mett bekommt er von mir dagegen sicher nicht. Und bei Bauchschmerzen mit starkem Durchfall gehe ich lieber einmal zu früh zum Arzt als einmal zu spät – egal, was er vorher gegessen hat!

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