Wer in den 80ern geboren wurde, hat es vermutlich live miterlebt, das große Sprossensprießen. Quasi über Nacht wurden zahllose Heime von selbstgebastelten Sprossengläsern und mehrstöckigen Anzuchttürmen aus Kunststoffschalen okkupiert und verstörte Jugendliche mit suspekt aussehenden, aber so gesunden Pflanzenkeimlingen konfrontiert.
Zwischenzeitlich hat sich das ganze etwas beruhigt, aber Sprossen haben längst einen festen Platz an Salattheken und in Kühlregalen im Supermarkt. Zu den Klassikern gehören: Kresse, Alfalfa, Bockshornklee, Mungobohnen und natürlich Sojabohnensprossen für asiatische Wokgerichte. Ab und an landen Sprossen auch in meinem Einkaufskorb, denn obwohl ich das fusselige Gefühl im Mund insbesondere bei den feinen Alfalfasprossen immer noch merkwürdig bis lustig finde, schmecken viele Sprossen einfach zu gut und in Sachen Inhaltsstoffe sind sie echte Powerpakete – kein Wunder, schließlich sollten aus den kleinen Keimlingen eigentlich mal große Pflanzen werden.
Gartenfans, die im Winter unter akuten Entzugserscheinungen leiden, bietet die Sprossengärtnerei auf der Fensterbank außerdem zumindest ein bisschen Ablenkung, bis es draußen wieder richtig losgeht. Ein Sprossenglas ist schnell gebastelt; wer noch nie eines gebastelt hat (oder das Erlebnis erfolgreich verdrängen konnte), hier kommt die Anleitung:
So funktioniert die Sprossengärtnerei auf der Fensterbank
- Ein großes Glas mit Schraubverschluss gründlich spülen. Dann den Deckel mit einem Handbohrer perforieren (Lochgröße min. 2 mm). Alternativ ein Stück Gazestoff auskochen und später mithilfe eines Gummis fest über das Glas spannen.
- Saatgut einfüllen. Neben den genannten Arten kommen zum Beispiel Radieschen, Linsen, Rucola oder Weizen in Frage.
- Wasser einfüllen, Glas verschließen, ein paar Mal schwenken und die Flüssigkeit wieder abgießen.
- Nun jeden Tag einmal Wasser einfüllen, schwenken und abgießen, dabei das Glas am besten eine Weile schräg gekippt abtropfen lassen.
Schon nach ein paar Tagen sind die Sprossen verzehrfertig. Aufs Butterbrot oder über den Salat streuen und genießen – echt lecker.
Ach ja, Hülsenfrüchte wie Mungobohnen, Linsen, Bockshornklee, Kichererbsen und Sojabohnen enthalten im Rohzustand das giftige Phasin, das durchs Keimen nur teilweise abgebaut wird. Keimlinge sollten deshalb vor dem Verzehr sicherheitshalber erhitzt werden – das beseitigt vielleicht auch letzte Zweifel bei Sprossenfreunden, denen EHEC noch im Nacken sitzt. (Alfalfa esse ich allerdings ehrlich gesagt immer pur, weil ich zu Beginn meiner Sprossengärtnerkarriere schlicht nix von Phasin wusste, und EHEC bis heute ignoriere. Erklärt vielleicht manches, aber immerhin, ich lebe noch...)
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