Voller Vorfreude haben wir uns an Pfingsten zur Schatzsuche aufgemacht: "Wer zuerst den weißen Baum* sieht!" habe ich zu den Kindern gesagt und bin losgerannt, nachdem wir das Auto unweit des Flüsschens Nahe geparkt hatten. Wir waren zu Besuch bei meinen Eltern, wo die Pflanzen immer schon mindestens zwei, drei Wochen früher in voller Pracht stehen als bei uns im Allgäu.
Mein Projekt: Endlich einmal selber Holundersirup herstellen. Im Studium hatten eine gute Freundin und ich zwar schon einmal einen Versuch gewagt. Aber ich kann mich nur noch daran erinnern, wie wir die verschimmelten Blüten aus dem Abstellraum geholt haben. Seitdem war die Sehnsucht nach selbstgemachtem Holundersirup erst einmal gestorben. Doch nachdem hausgemachte Holunderschorle im Sommer auf den Allgäuer Almen so etwas wie ein Nationalgetränk ist, ist der Ehrgeiz wieder angestachelt.
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Pflanzensteckbrief: Schwarzer Holunder
Wir zogen also los. Mein Vater, mein Sohn und meine Nichte haben mich bei der Suche nach den Holunderblüten begleitet. Aber: Pustekuchen! Es leuchtete zwar hie und da weiß von den Bäumen und Sträuchern. Aber Holunderblüten waren das nicht. Und als wir dann zwei dicke Holundersträucher entdeckt hatten, hatten die Dolden grüne Kügelchen statt weiße Blüten...
Schon verpasst??? Kann doch nicht sein, oder? Ich bin zwar ein Holunderblüten-Greenhorn. Aber ich hatte überall gelesen, dass die Blüten von Mai bis Juni zu finden sind.
Um meine Mission dann doch noch zu erfüllen, kämpfte ich mich durch Felder von Brennnesseln zu den höheren Ästen der Sträucher, wo es vereinzelt dann doch weiß leuchtete. Zwei Hände voll konnten wir ergattern. Kleine Dolden, nicht die großen, die ich von Fahrradtouren vergangener Jahre her kannte. Aber immerhin. Dann gibt es eben nur ein kleines Fläschchen zum Probieren.
Als die Kinder im Bett waren, habe ich mich an den Herd gestellt, 200 ml Wasser mit 200 g Zucker aufgekocht und die Blüten kurz in einer Schüssel mit Wasser geschwenkt, um sie zu reinigen. Ein Einmachglas bereitgestellt, Blüten rein, fünf Gramm Zitronensäure darüber gestreut und mit dem etwas abgekühlten Sirup aufgefüllt. Unglaublich, wie schnell der typische, fein-süßliche Geruch des Holundersirups über dem Glas hing.
Habe mich dann auch hinreißen lassen und kurz einen Löffel eingetunkt. Der Geschmack war schon jetzt unverkennbar. Obwohl der Ansatz ja eigentlich noch drei bis vier Tage im Kühlschrank durchziehen soll. Wieder einmal bin ich begeistert, wie einfach das alles ist!
Und die Vorfreude steigt – zumal ich bei genauerer Betrachtung der Blütendolden feststellen durfte: Die grünen Kügelchen sind natürlich noch keine unreifen Beeren, sondern Knospen, aus denen in den nächsten Wochen Meere weißer Blüten an den Sträuchern entspringen werden. In meinem Kühlschrank befindet sich also ein ganz jungfräuliches Produkt, ein Holundersirup der ersten Blüte! :)
Als ich Mitte letzter Woche dann den Sirup durch ein Haarsieb in einen kleinen Kochtopf geseiht und nochmal aufgekocht habe, den intensive Geruch des durchgezogenen Sirups in der Nase, fing ich schonmal an, mich auf das Limetten-Holunderwasser zu freuen, das wir erst vor kurzem als Durstlöscher für uns entdeckt hatten. Und auf den Holundersekt, mit dem wir dieses Jahr auf meinen Geburtstag anstoßen werden – sofern das kleine Fläschchen so lange hält...
* Ja, ich weiß: Holunderblüten wachsen an einem Strauch, nicht an einem Baum. Aber ich wollte ja auch eine Chance haben...
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