Man muss seine Grenzen kennen: Schach wird sich in diesem Leben nicht mehr als mein Lieblings(denk)sport etablieren. Aber bei der Schachblume, da bin ich wieder im Spiel, und wie!
Die Schachblume, botanisch Fritillaria meleagris, fasziniert mich, seit ich ihr im Garten meiner Großeltern zum ersten Mal begegnet bin. Das lag zunächst sicherlich auch am Namen – Schachblume oder Schachbrettblume, wie sie bei uns hieß, das ist aus Kindersicht schon fast zum Ausschütteln lustig. Aber schon damals fand ich auch das zarte Karomuster und das feine Laub der unter Artenschutz stehenden Zwiebelblumen wunderbar anrührend. Ein bisschen verträumt und gleichzeitig echte Wildfänge, das kam mir wohl irgendwie vertraut vor.
Umso begeisterter war ich, als ich im vergangenen Jahr vom Schachblumenfest in der Spessart-Gemeinde Obersinn hörte. In den benachbarten Naturschutzgebieten „Sinngrund“ bei Obersinn und „Sinnwiesen“ bei Altengronau blühen jedes Jahr im April mehr als 10 Millionen Schachblumen – das deutschlandweit größte geschlossene Vorkommen! – und bringen die Feuchtwiesen zusammen mit Wiesenschaumkraut, Butterblumen und Buschwindröschen zum Leuchten. Letzteres konnte ich mir ehrlich gesagt gar nicht so recht vorstellen, schließlich ist die Schachblume doch soooo filigran. Aber es ist wirklich ein atemberaubender Anblick: In der Frühlingssonne erglühen die Glockenblüten in solch herrlichem Purpurrot, dass man meinen könnte, die Pflänzchen hätten ein Heer Glühwürmchen als persönliche Beleuchter verpflichtet.
Schachblumenfest in Obersinn
Das Schachblumenfest in Obersinn findet 2017 am 22. und 23. April statt. An Landschaftsführungen können Interessierte zudem den ganzen April über täglich außer montags teilnehmen. Für Gruppen ab sechs Personen bieten die ausgebildeten Landschaftsführerinnen auch individuelle Führungen an. Mehr Informationen: www.markt-obersinn.de
Was die Sache doppelt spannend macht: Eigentlich ist die Schachblume bei uns gar nicht heimisch, sondern stammt aus Süd- und Südosteuropa. Im 16. Jahrhundert entwickelte sie sich jedoch zur regelrechten Modeblume und auch die im Sinntal ansässigen Freiherrn von Thüngen brachten der einen oder anderen Geliebten ein Exemplar des aparten Pflänzleins mit. Das fühlt sich dort gar nicht mal so unwohl; anders gesagt, es breitete sich aus wie Unkraut und mancher Gärtner entsorgte die Schachblumen gleich schubkarrenweise in die nahegelegenen Feuchtwiesen. Vor allem durch die nach der Blüte gebildeten Samen breiteten sich die Zwiebelblumen so über die Jahrhunderte immer weiter aus – und zwar in Fließrichtung des Flüsschens Sinn. Das trat im Frühjahr nach der Schneeschmelze regelmäßig über die Ufer und nahm die mit einer Luftblase versehenen Samen mit auf die Reise.
Zu hoffen ist nun, dass die auch in Zukunft weitergeht, denn der Klimawandel gefährdet die Feuchtwiesen schon jetzt. Keine gute Nachricht, aber ein Grund mehr, sich das Spektakel der Schachblumenblüte alsbald anzusehen – es lohnt sich.
Plündern ist doppelt dumm
Die im Sinntal anzutreffenden Schachblumen bleiben nicht nur in der Wuchshöhe deutlich niedriger als die in der Gärtnerei erhältlichen Exemplare, sie unterscheiden sich auch in einem anderen Punkt deutlich von den in Kultur genommenen Pflanzen. Wilde Schachblumen sind auf magere, saure, im Frühling und Herbst dauerfeuchte Erde angewiesen – Bedingungen, die im heimischen Garten kaum anzutreffen sind. Das Ausgraben der unter Naturschutz stehenden Pflanzen ist daher nicht nur verboten, sondern auch sinnlos – sie gehen bereits nach kurzer Zeit ein. Also lieber ab zum Gartencenter und die gartentaugliche Variante erstehen, die sich auf ihren längeren Stielen zudem auch optisch gut in die Beete integriert.
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