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Mit dem Unkraut ist das ja so eine Sache – genauer, eine Ansichtssache. Damals beispielsweise, als ich zum ersten Mal las, wie jemand Vergissmeinnicht (Myosotis) als Unkraut bezeichnet. „Bei dem piept's wohl“, schoss es mir durch den Kopf, „das schöne Vergissmeinnicht, das ist ja glatter Rufmord!“ Bis dato kannte ich das Vergissmeinnicht aber auch nur aus wild-romantischen Bauern- und Naturgärten, wo es massig Platz hatte und/oder vermutlich in Abständen gejätet wurde. Denn in der Tat, nachdem ich mir zum ersten Mal selbst ein paar Sämlinge eingefangen hatte (vermutlich eine unsichtbare Zugabe im Pflanzsubstrat gezielt gekaufter Stauden) wurde auch ich Zeuge des überwältigenden Ausbreitungsdrangs dieses ach so zart aussehenden Blümeleins.

Vergissmeinnichtblüten
Hans Braxmeier / Pixabay.com

Zart – von wegen. Rüpelhaft und rücksichtslos nutzte das niedliche kleine Aas jede Gelegenheit, die sich artig nebeneinander haltenden Nachbarpflanzen zu unterjochen. Seine mir meterlang erscheinenden Triebe erinnerten mich mit einem Mal verdächtig an einen fiesen Kraken, der versucht, alles, was er zwischen die Tentakel bekommt, in die Tiefe zu ziehen. Ergebnis: Ich zog fleißig dagegen an, bis der Krake auf kleinere, wenngleich hartnäckige Nachkommen geschrumpft war.
Hübsch finde ich das Mich-vergisst-du-nicht immer noch – am passenden Standort. In meinem leider viel zu kleinen Garten bevorzuge ich ganz klar eine in den Blüten ähnliche, aber deutlich zahmere Alternative: das Kaukasus-Vergissmeinnicht (Brunnera macrophylla).

Ähnlich ambivalent ist mein Verhältnis zum Kriechenden Hahnenfuß (Ranunculus repens). In meinen Balkongärtnertagen liebte ich ihn – wie alles, was der Kombination aus backofenheißem Südbalkon und zu wenig Zeit zum Gießen trotzte. Erfreut nahm ich darum zur Kenntnis, dass die Samen irgendwie den Weg in den vierten Stock gefunden und den Kübel mit der Johannisbeere in Beschlag genommen hatten – schließlich sind die leuchtend gelben Butterblumen-Blüten definitiv hübsch anzusehen und im Kübel waren dem Neuzugezogenen klare Grenzen gesetzt.

Nicht so im Garten. Der ausgeprägte Überlebenswille des Hahnenfußes täuschte nicht: Was schon im Balkonkübel vor Kraft kaum laufen kann, dreht in freier Wildbahn völlig am Rad. Gefühlt über Nacht hat das Teufelszeug mehrere Quadratmeter im Beet und Rasen übernommen und wer auf dem Selbstfindungstrip ist, darf bei mir gerne ein paar Stunden mit meditativem Herausstechen und -ziehen verbringen. Und warum das alles? Weil ich Naivchen erst mal abwarten wollte, wie sich der Hahnenfuß in der Schattenecke so macht. So viel dazu, nächstes Jahr säe ich dann Giersch aus...

Im Ernst, ich gehe des Öfteren mal etwas zurückhaltend ans Jäten heran und gucke, wie sich auch das eine oder andere Wildkraut in der Rabatte macht – die Indische Kermesbeere (Phytolacca acinosa) beispielsweise sieht im Austrieb wochenlang wie die kultivierteste Zierpflanze aus, ehe sie in die Höhe und Breite explodiert und von mir unter einigem Körpereinsatz herausgerissen wird. Aber es geht auch andersherum, und darüber berichte ich im nächsten Post.

Bis dahin: Frohes Jäten – auf zum Rumble in the Jungle :-) !

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