Gestern bin ich in meiner Jackentasche auf ein paar Malvensamen gestoßen, die ich mal bei einer Wanderung am Wegesrand gepflückt hatte. Dabei kam mir ein Thema in den Sinn, das jetzt zur Urlaubs- ergo Reisezeit besonders aktuell ist und Angehörigen der Pflanzenschutzämter landauf, landab den kalten Schweiß auf die Stirn treibt: die Sucht nach pflanzlichen Souvenirs.
Seit Menschengedenken haben professionelle Pflanzenjäger und leidenschaftliche Hobbygärtner von ihren Reisen Pflanzen, Pflanzenteile oder Samen mitgebracht, um sie zuhause zu kultivieren und zu studieren. Das war auch vor Hunderten von Jahren oft nicht erwünscht, die Verbote gingen aber zumeist von den Herkunftsländern aus, die bestimmte Pflanzen als Wirtschaftsfaktor sichern wollten. Bei vielen Gewürzen war das zum Beispiel der Fall – auf den Versuch, Vanillepflanzen aus Mexiko herauszuschmuggeln, stand noch bis ins 19. Jahrhundert hinein die Todesstrafe.
Heute ist es meist umgekehrt, da wird vor allem versucht, unkontrolliert ins Land kommenden Pflanzen Einhalt zu gebieten. Von der Thematik habt ihr bestimmt schon mal gehört, Stichwort invasive Arten. Dass einige Pflanzen heimische Arten aggressiv verdrängen und dabei wertvolle, über Jahrzehnte gewachsene Biotope in kurzer Zeit auslöschen können, ist aber nur einer von mehreren Aspekten. Noch viel dramatischer können die Folgen sein, wenn sich an den Pflanzen Schaderreger befinden, die sich in ihrer neuen Heimat ungehindert ausbreiten können. Tierische Schädlinge, Pilze, Viren oder Bakterien wieder in den Griff zu bekommen, gestaltet sich fast noch schwieriger, als wildgewordene Pflanzen einzudämmen, und oft ist es ein Wettlauf gegen die Zeit.
Wer denkt schon daran, dass er gerade möglicherweise den Grundstein zur Vernichtung des heimischen Weinbaus legt, wenn er sich auf Mallorca einen Oleandersteckling schneidet. Aber genau das kann mit etwas Pech wirklich passieren, weshalb das Thüringer Pflanzenschutzamt derartige Souvenirs jüngst in einer Warnmeldung thematisierte. Auch die Balearen gehören nämlich mittlerweile zu den Gebieten, wo das Bakterium Xylella fastidiosa festgestellt wurde – und das hat in Süditalien bereits mehr als 11 Millionen Olivenbäume dahingerafft und bedroht akut den Weinbau in Kalifornien.
Das Julius-Kühn Institut hat zum Thema zwei interessante Faltblätter rausgebracht. Hier geht's zu den pdfs:
Während man bei der Black-List der invasiven Arten in einigen Fällen vielleicht noch diskutieren kann, ob die Aufregung wirklich angebracht ist, ist die Lage beim Thema Schaderreger eindeutig: Sind sie da, haben wir ein echtes Problem. Also reiße auch ich mich schweren Herzens am Riemen und beschränke mich bei meinen Sammeltouren auf die nahe Umgebung. Und will ich ein exotisches Pflänzchen wirklich unbedingt haben, bestelle ich eines bei einer Gärtnerei oder Baumschule (möglichst innerhalb der EU, siehe Linkkasten), die können das entsprechende Pflanzengesundheitszeugnis vorlegen. Ist ganz klar weniger aufregend im positiven Sinne – aber eben auch im negativen.
Voll ernstes Thema, wa? Jepp, aber eben auch wichtig, finde ich zumindest :-). Wie haltet ihr es mit grünen Reisesouvenirs? Habt ihr das Olivenbaumsterben vielleicht schon selbst an eurem Urlaubsort mitansehen müssen? Falls ihr Lust habt, postet eure Gedanken und Erfahrungen im Kommentarfeld, ich bin gespannt.
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