Glundern, Schliddern, Schlindern, Verdammichnochmal – die Art und Weise, wie sich Montagmorgen in unseren Breiten fortbewegt wurde, hat viele Namen. Ziemlich einig waren sich wie meist in solchen Fällen a) die meisten Kinder, dass Glatteis doch eine feine Sache ist und b) die meisten Erwachsenen, dass es eine halsbrecherische Angelegenheit und nur bedingt zum Spaß geeignet ist. Wie überhaupt der Winter die Gemüter bewegt, wenn er sich denn tatsächlich mal blicken lässt.
Die Natur hingegen lässt Eis und Schnee meist mit stoischer Gelassenheit über sich ergehen – wer jetzt grünt und blüht, hat sich über Jahrmillionen genau auf diese widrigen Bedingungen eingestellt, und der Rest hält Winterruhe und wartet, bis die ungemütliche Zeit vorbei ist. Ausgesprochene Winterfans sind die sogenannten Kaltkeimer. Diese Pflanzen haben sich einen Trick angeeignet, um ihre Vermehrungschancen zu verbessern: Ihre Samen enthalten Hemmstoffe, die verhindern, dass zu Boden gefallene Samen bereits im Herbst keimen und die Sämlinge dann womöglich fiesem Frost ausgesetzt sind. Erst wenn dauerhaft niedrige Temperaturen auf die Samen einwirken, werden die Hemmstoffe abgebaut und die Samen keimen. Früher sprach man oft von „Frostkeimern“, tatsächlich genügen aber Temperaturen von 0-5 Grad Celsius über einen Zeitraum von vier bis acht Wochen.
Wenn ich Kaltkeimer säe, gehe ich je nach Pflanzenart unterschiedlich vor. Im vergangenen Herbst habe ich beispielsweise den fantastischen, strahlend gelben Kambrischen Scheinmohn (Meconopsis cambrica) ausgesät. Ihm wird nachgesagt, nur zögerlich und unregelmäßig zu keimen. Diese Info führt bei mir aber nicht dazu, dass ich ihn nun besonders betüddele, sondern eher im Gegenteil: Keim, oder stirb, war nun die Devise. Schließlich bestand meine Absicht darin, dass er natürlicherweise durch mein Schattenbeet wandern soll, es gibt also nur zwei Möglichkeiten: Er fühlt sich bei mir wohl und die Sache klappt, oder er fühlt sich nicht wohl, dann ist das eben so. Ergo habe ich die Samen genommen, schön im Beet verteilt und nun warte ich ab. Auch Akelei streue ich grundsätzlich wild ins Beet, denn das unerwartete Auftauchen mal hier, mal da entspricht ihrem Charakter und ist genau das, was ich mir wünsche.
Anders gehe ich vor, wenn es sich um Arten handelt, von denen ich einzelne Pflanzen gezielt an bestimmte Plätze im Beet setzen möchte, zum Beispiel bei einigen Asternarten. In diesem Fall dürfen es sich die Samen in Aussaatschalen auf einem Beet komfortabelster Aussaaterde bequem machen – allerdings nicht im Herbst, sondern erst jetzt, im Januar. Auf diese Weise verkürze ich die Zeitspanne, in der prinzipiell etwas schief gehen könnte, denn die Samen sollten bis zum Frühjahr weder austrocknen noch ins Schwimmen kommen und natürlich auch nicht von Tieren gefressen werden. Erst zwei Wochen bei Zimmertemperatur parken, dann eine Woche bei etwa 10 Grad Celsius aufstellen und dann geht es ab nach draußen.
Alternativ könnte man den Samen den notwendigen Kältereiz auch erst im Frühjahr verpassen, und zwar ganz unromantisch im Kühlschrank, aber dafür ist in unserem kleinen Exemplar schlicht zu wenig Platz. Ich werde euch die Anleitung dafür aber auf jeden Fall noch mal nachliefern. Für heute ist Schluss, denn jetzt muss ich zur Kita - ganz ohne Glundern, sondern nur noch platschenderweise. Ein Hoch auf die wasserdichten Winterschuhe!
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