Ratet mal, was es gestern bei uns zum Abendessen gab. Rhetorische Frage, klar, aber selbst wenn ihr es versuchen würdet – auf die Haferwurzel kämt ihr vermutlich nicht. Tragopogon porrifolius lautet der klangvolle Name dieser zweijährigen Pflanze, die im zweiten Jahr wunderhübsche violette Korbblüten ausbildet, und deren helle, bis zu 30 cm lange Wurzeln angeblich nach Austern schmecken sollen.
Zu der Sache mit den Austern kann ich insofern wenig sagen, als ich in meinem ganzen Leben noch keine gegessen habe und es auch nicht zu tun gedenke (lebendige Weichtiere schlürfen, brrrr). Was ich hingegen berichten kann: Gekocht schmecken Haferwurzeln wirklich spannend, süß-mehlig und nicht direkt mit anderen Gemüsearten vergleichbar. Vor allem aber ist gerade beim Kochen selbst ein wunderbarer Haferduft wahrzunehmen. Eigentlich nicht überraschend, sollte man meinen, Haferwurzel wird das Ding schon nicht umsonst heißen. Aber bislang hatte ich über diesen Aspekt noch nie etwas gelesen und fühlte mich gestern Abend wie ein kulinarischer Pionier :-).
Wenn euch jetzt ebenfalls nach diesem eigenartigen Gewächs gelüstet, braucht ihr allerdings ein bisschen Geduld. Einfach so einkaufen is' nämlich nicht, ich könnte euch spontan nicht mal sagen, ob diese alte Nutzpflanze überhaupt noch zu kommerziellen Zwecken angebaut wird.
Saatgutbörse Gartenschätze
Ich habe meine Haferwurzelsamen auf der kleinen, aber feinen Saatgutbörse Gartenschätze im Germersheim errungen. Dort findet ihr eine Vielzahl alter Gemüsesorten, könnt sie teils auch verkosten und auf jeden Fall wertvolle Anbautipps abstauben.
Wie kamen wir also zu diesen seltenen Dingern? Exakt, sie waren selbst angebaut. Wobei ich präzisieren muss: das eine Ding war selbst angebaut. Denn aus einer ganzen Saatreihe erkämpfte sich 2015 gerade mal ein Keimling den Weg ans Tageslicht – aber dieses eine Pflänzchen erwies sich als wirklich hart im Nehmen. 2015 war ich noch gnädig und dirigierte alle anderen Beetbewohner liebevoll um das kleine Ding mit den schmalen Blättern herum. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eigentlich beschlossen, es nicht zu essen, sondern zur Blüte kommen zu lassen – Blüte und essen geht angeblich nicht, weil die Wurzeln nach der Blüte holzig werden. 2016 ließ meine Geduld aber erheblich nach und ich gestattete es dem Kürbis, die arme kleine Haferwurzel zu überwuchern – was vermutlich deren Blüte verhinderte und sich somit als lebensverlängernde Maßnahme erwies.
Im Herbst hatte ich das kleine Ding dann endgültig vergessen, und war umso überraschter, als ich es jetzt beim Durchhacken schwuppdiwupp in den Händen hielt. Mit der Blüte war es somit nix, dafür konnten wir uns aber über ein außergewöhnliches und unverhofftes Geschmackserlebnis freuen. Vielleicht starte ich dieses Jahr einen neuen Versuch, oder streue die Samen einfach mal im Staudenbeet aus. Wenn dort nur eine keimt, stört das nicht weiter. Die Aussaatzeit beginnt übrigens genau jetzt :-).
Aussaat-Tipp
Es kann viele Ursachen haben, wenn Saatgut nicht ausreichend keimt. Trotzdem lohnt es sich generell etwas großzügiger auszusäen, wenn ihr selbst erzeugtes Saatgut von privaten Anbietern kauft. Auf dass eure Haferwurzel nicht einsam aufwachsen muss.
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