Wenn ihr häufiger meine Artikel lest, wisst ihr schon, dass ich versuche regional und saisonal einkaufen. Das mache ich aus Überzeugung und weil viele Produkte einfach besser schmecken, wenn sie Saison haben. Gleichzeitig trage ich so meinen Teil zum Umweltschutz bei.
Soweit so klar. Aber kann man das irgendwie messen oder vergleichen? Für den Versuch diese Frage zu beantworten, eignet sich der NAHGAST-Rechner der Fachhochschule Münster. Eigentlich ist er für die Gemeinschaftsgastronomie konzipiert, aber ich kann auch mein Familienmittagessen damit checken. Am Wochenende gab es bei uns Kartoffel-Möhreneintopf mit Mettenden (für die Fleischesser). Für die Berechnung ist es hilfreich, wenn man ein paar Infos über die Zutaten zur Hand hat. Meine Zutatenliste sieht so aus:
- 1 Zwiebel (bio, aus der Region)
- 2 EL Sonnenblumenöl (Supermarkt)
- 1000 g Kartoffeln (bio, aus der Region)
- 800 g Möhren (bio, aus der Region)
- 1 EL Senf (Supermarkt)
- 3 Mettenden (je 100 g) (bio, Deutschland)
Beim Aufschreiben stelle ich fest, dass ich keine Ahnung habe, woher das Öl und der Senf kommen. Also auf in die Küche. Weder Flasche noch Tube geben Aufschluss darüber. Ich stelle lediglich fest, dass beide Produkte von der gleichen Marke sind und ich nicht wusste, dass sie zu einem riesigen, globalen Lebensmittelkonzern gehört. Eigentlich stehen dessen Produkte bei mit eher weiter unten auf der Beliebtheitsskala. Das verbuche ich als erste Erkenntnis des Experiments und mache mich später auf die Suche nach Alternativen.
Der Rechner
Als nächstes gebe ich das Rezept in den Rechner ein. Gericht: Kartoffel-Möhreneintopf mit Mettenden. Erste Hürde: Was ist der Unterschied zwischen Gericht und Komponente? In diesem Fall keiner, so dass ich als Komponente „Eintopf“ eingebe, damit es im Formular weitergeht. An dieser Stelle könnte ich verschiedene Menübestandteile eintragen, die dann hinterher zusammengefügt werden können. Das klingt gut durchdacht.
Auf der nächsten Seite gebe ich die Zutaten ein: Name, Gewicht, falls bekannt Herkunft, Lagerort und -dauer, oft ist auch die Angabe bio oder nicht möglich. Allerdings fehlt sie bei den Möhren (hier heißen sie Karotten).
Als letztes kommt die Zubereitungsart. Hier wird deutlich, dass der Rechner für die Gemeinschaftsgastronomie konzipiert wurde, denn in meiner Küche finde ich weder Kombidämpfer, noch Kippbratpfanne. Ich habe schlicht im Topf gekocht und entscheide mich für den Kochkessel (Erdgas), auch wenn das nur die halbe Wahrheit ist.
Das Ergebnis
Die nächste Seite ist in drei Bereiche aufgeteilt: „Umwelt“, „Gesundheit“ und „Fair für Mensch und Tier“. Die Skala reicht von Rot über Gelb bis Grün. Mir wird klar: Hier steckt ganz schön viel Info dahinter. Ich freue mich, dass mein Eintopf es im Bereich Umwelt in den „grünen Bereich“ schafft. Allerdings nicht ganz oben. Ein Blick in die Details zeigt: Die Kategorie „Material / Aufwand“ zieht nach unten. Nach ein bisschen Ausprobieren ist klar: Für ein noch grüneres Ergebnis muss die Mettwurst raus. Irgendwie logisch, denn egal ob bio oder nicht, Wurst verbraucht in der Herstellung ganz schön viele Ressourcen.
Auch im Bereich Gesundheit schubst die Mettwurst das Gericht vom ersten Platz. Die Details zeigen es: zu fettig, zu viel Salz. Okay, mir war das klar, aber dem einen oder anderen Küchenchef vielleicht nicht.
Etwas irritierend finde ich die Auswertung im Bereich „Fair für Mensch und Tier“, denn hier wird meinem Rezept angekreidet, dass nicht genug Zutaten aus fairem Handel stammen. Da ich überwiegen regionale Bio-Produkte verwendet habe, scheint mir das widersinnig.
Fazit
Bis auf die letzte Einschränkung finde ich den Rechner sehr gelungen. Er erfasst viele Details, die das Ergebnis verändern können. Zum Beispiel gibt es innerhalb Deutschlands vier verschiedene Entfernungs-Optionen zur Auswahl. So wird deutlich, dass nicht alle Lebensmittel aus Deutschland zwangsläufig regional sind. Ein bisschen schade ist natürlich, dass der Rechner für die Gastronomie ausgelegt ist. Vielleicht gibt es ja einen, der noch besser zu meiner Familienküche passt? Wenn ihr was wisst, schreibt mir doch einen Kommentar. Danke!
Kommentare (2)
Liebe Frau Icking, auf welcher Grundlage kalkuliert der von Ihnen getestete Rechner die Treibhausgasemissionen? Auf Basis von Gewicht, oder Nährstoffdichte? Wie kommen Sie zum der Aussage, dass "Mettenden" viel Ressourcen verbrauchen? "Viel" bezogen auf "was"? Wenn ich Ihr "Gedankenexperiment" konsequent zuende denke, wären künftig Spargel, Salat ne Gurken tabu? Null-Nährstoffe, aber reichlich Flächenverbrauch je 100 Kcal. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine weitere Frage: warum werden Kalorienliegende Produktgruppen mit Proteinliegenden Rohstoffen (tierische Produkte) in einen Topf geworfen? Vielen Dank im Voraus für Ihre Antworten, gerne mit Quellenangaben
Liebe Frau Müller, danke für den Kommentar. Leider kann ich ihre Fragen im Detail gar nicht beantworten, denn ich habe den Rechner nicht (mit-)entwickelt, sondern lediglich ausprobiert. Einige Hintergrundinfos gibt es auf der Seite https://www.nahgast.de/publikationen/ und in der restlichen Webpräsenz des Rechners. Hier finden Sie auch die Kontaktadresse: kontakt@nahgast.de. Meine Aussagen rund um die Mettwurst beruhen darauf, dass ich das Rezept einmal mit und einmal ohne Mettwurst habe berechnen lassen. Dann habe ich die Ergebnisse verglichen und beschrieben. Die Aussage, dass Mettenden viele Ressourcen verbrauchen, stütze ich darauf, dass Fleisch ein veredeltes Produkt ist. Für seine Erzeugung brauchen wir viel Wasser, Tierfutter und Platz.