Am Wochenende war ich auf einer offenen Konferenz mit dem Titel „Ernährungsdemokratie zum Anpacken“. Dort trafen sich Ernährungsräte und Interessierte aus vielen Städten, um über die Verbesserung einer regionalen und nachhaltigen Versorgung mit Lebensmitteln zu sprechen. Das ist - wie ihr schon in manchen Blogartikel merken konntet - genau mein Thema. Deshalb engagiere ich mich auch ehrenamtlich in der Gründungsinitiative für einen Ernährungsrat in Bonn.
Was heißt „Gründungsinitiative“?
Was ist ein Ernährungrat?
Wer das Wort Ernährungsrat noch nicht gehört hat, findet auf der Internetseite Ernährungsräte.de alle Infos. Hier werden Ernährungsräte als Think Tanks und Impulsgeber für das Ernährungssystem bezeichnet. Das trifft es ganz gut, finde ich.
Was Ernährungsräte bewegen können, beschreibt auch der Artikel Ernährungsräte: Netzwerke zur Ernährungs- und Agrarwende in Städten
In Bonn ist eine Gruppe Menschen aktiv, die einen Ernährungsrat gründen möchte. Damit geht es meistens los. Aus der großen Gruppe enstehen kleine Arbeitsgruppen, die sich einem speziellen Anliegen widmen, zum Beispiel "mehr Bio", "bessere Ernährungsbildung" oder "urbanes Gärtnern".
Dass der Bonner Ernährungsrat noch nicht gegründet ist, liegt daran, dass wir unser Anliegen unbedingt in einer bezahlten Stelle verankern wollen. Das dauert natürlich ein bisschen länger. Aber wir sind auf einem guten Weg. Alle zwei Monate findet ein Treffen in der großen Runde, dem sogenannten Plenum, statt. Da muss ich nicht immer hin, aber wenn ich dort bin, bekomme ich ein Update aus den anderen Gruppen. Das motiviert mich. Alternativ gibt es ein Protokoll. Die Vorbereitung dieser Treffen übernimmt ein Orgateam, auch eine Untergruppe des Ernährungsrats.
Arbeitskreis Bio in Bonn
Ich selber engagiere mich in der Arbeitsgruppe „Bio in Bonn“. Mit dieser Gruppe veranstalten wir 2020 zum dritten Mal unsere Bio-Gastromesse. Wir holen Bio-Landwirt*innen aus der Region und Gastronom*innen aus Bonn in einen Saal. Dort können die einen ihre Ware zeigen, die anderen sagen, was sie brauchen und - wenn es gut läuft - beliefern nach der Veranstaltung regionale Bio-Landwirte Restaurants in Bonn. In den letzten Jahren sind bereits Kooperationen entstanden. Ihr fragt jetzt vielleicht, warum die sich nicht einfach gegenseitig anrufen. Das hat einen einfachen Grund: Sie wissen nichts voneinander und haben keine Zeit zu recherchieren. Sie müssten sich suchen und finden, telefonieren und treffen. Das kostet Zeit und die haben weder LandwirtInnen noch GastronomInnen. Diese Wege nehmen wir ihnen mit der Messe ab. Die Zeit für die Messe - wir sprechen über einen Nachmittag - nehmen sich die Beteiligten offensichtlich gern.
Mein Arbeitskreis besteht aus ungefähr acht Leuten - das wechselt manchmal -, die alle etwas Unterschiedliches beisteuern können. Eine kennt aus beruflichen Gründen die regionalen Landwirte. Andere haben ihr berufliches Adressbuch voll mit Kontakten aus der Gastronomie. Ich ergänze das Team als Texterin und schreibe Einladungen und Pressemitteilungen. So können wir zusammen ganz schön viel schaffen. Unsere Treffen sind übrigens immer sehr unterhaltsam und lecker, denn wir sprechen nicht nur über den Ernährungsrat, sondern haben auch immer etwas zu essen und zu trinken.Wir schweifen gerne ab und erzählen uns gegenseitig von den leckersten Quellen für regionale Lebensmittel. Lauter echte Foodies eben.
Was passiert in Bonn
In Bonn ist in den letzten Jahren einiges in Bewegung geraten. Die Bio-Gastromessen 2018 und 2019 haben jeweils Kooperationen hervorgebracht, seit August 2018 gibt es wöchentlich einen regionalen Bauernmarkt in der Bonner Altstadt. Organisiert von einem Verein, der aus der Gründungsinitiative entstanden ist. 2019 gab es das erste Agrikulturfestival Bonn mitten in der Fußgängerzone. Auch hier hatte der Ernährungsrat seine Finger mit im Spiel. Und 2020 wird es eine Wiederholung geben. Langsam aber sicher werden wir sichtbar.
Die Konferenz
Zurück zur Konferenz. Dort trafen sich rund 100 Menschen, die sich schon seit einiger Zeit mit dem Thema regionale, sozial gerechte und oft auch ökologische Versorgung beschäftigen. Die Workshops wurden im Barcamp-Format gehalten. Alle Teilnehmenden waren aufgerufen, ihr Thema einzubringen. Das habe ich inzwischen schon mehrfach erlebt und finde es immer wieder spannend zu sehen, wer welches Wissen mitbringt. Und wie es geteilt wird. Viel interaktiver als bei „normalen“ Konferenzen, auf denen Fachleute in Diskussionsrunden sitzen oder auf der Bühne referieren. Ich selbst habe keine Session gestaltet, aber an vier Runden teilgenommen. Die Themen waren:
- Wie machen wir „das Ernährungssystem“ greifbar?
- Wer trägt in Zukunft die Verantwortung für unser Essen?
- Lebendig „ehrenamtlich“ arbeiten ohne auszubrennen.
- Vorstellung der Regionalbewegung mit dem Tag der Regionen.
Ich erspare euch an dieser Stelle die inhaltlichen Details, denn das würde hier wirklich zu weit führen, aber ich kann euch sagen, dass ich viel gelernt und erfahren habe. Zum Beispiel vom Programm Ackerdemie. Oder über die Regionalbewegung. So viele Leute, so viel Knowhow, so viel Engagement - ich bin immer wieder beeindruckt. Wenn ihr mehr von der Konferenz erfahren möchtet: Beim Stadt-Land.Markt e. V. gibt es die Berichterstattung.
Mein Fazit
Die Konferenz endete gegen halb sieben mit einem Treffen in großer Runde. Aus allen Workshops gab es kurze Zusammenfassungen, die zeigten, dass überall angeregt diskutiert und konzentriert gearbeitet wurde. Auf dem Heimweg hatte ich das gute Gefühl, dass viele Menschen dabei sind, das große Anliegen einer regionalen, nachhaltigen und sozial gerechten Ernährung voranzutreiben. Und ich habe viele tolle Impulse mitgenommen. Im Ernährungsrat Bonn steht für mich als nächstes die Mit-Organisation der Bio-Gastromesse 2020 an. Dafür bin ich jetzt total motiviert, denn auch in meiner Stadt soll es bald einen Ernährungsrat geben. Auf geht‘s!
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