Das Institut für alternative und nachhaltige Ernährung (IFANE) führte im Auftrag eines Naturkosmetikherstellers und in Zusammenarbeit mit dem Vegetarierbund Deutschland e. V. eine wissenschaftliche Untersuchung durch. Dr. Markus Keller untersuchte, inwieweit mit Vitamin B12 angereicherte Zahncreme bei regelmäßiger Verwendung den Vitamin- B12-Status verbessern kann.
Veganer sind eine Risikogruppe für einen Vitamin-B12-Mangel, da pflanzliche Lebensmittel praktisch frei von Vitamin B12 sind. Das Vitamin wird nicht nur aktiv mittels Intrinsic-Faktor im unteren Dünndarm (terminales Ileum) absorbiert, sondern kann auch über die Schleimhaut der Mundhöhle aufgenommen werden (passive Diffusion). Eine 2011 durchgeführte Pilotstudie mit einer Vitamin-B12-angereicherten Zahncreme zeigte, dass sich der Vitamin-B12-Status der vegetarischen und veganen Probanden nach fünf-wöchiger Versuchsdauer teilweise deutlich verbessert hatte. Offen blieb jedoch, ob die Nutzung einer entsprechenden Zahncreme (oder eines Zahngels) auch über einen längerer Zeitraum den Vitamin-B12-Status verbessern kann.
Risikogruppen für die Versorgung mit Vitamin B12
Da Vitamin B12 praktisch ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthalten ist, sollten Vegetarier und insbesondere Veganer auf eine ausreichende Zufuhr des Vitamins achten. Studien zeigen, dass bei Bevölkerungsgruppen, die kaum Milchprodukte und/oder Ei zu sich nehmen, die Zufuhr an Vitamin B12 teilweise deutlich unter den Empfehlungen liegt und die Versorgung unbefriedigend ist. Weitere Risikogruppen für eine unzureichende Vitamin- B12-Versorgung sind ältere Menschen, insbesondere mit chronischer Gastritis, Personen mit Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts oder der Bauchspeicheldrüse, mit Magenresektion oder einem Mangel an Intrinsic Factor (IF).
Um die Versorgung der sensiblen Gruppen mit Vitamin B12 zu verbessern und einen eventuellen Mangel zu beheben, werden Nahrungsergänzungsmittel (Tropfen oder Tabletten), mit Vitamin B12 angereicherte Lebensmittel sowie intramuskuläre oder intravenöse Gaben von Vitamin B12 verwendet.
Studienaufbau
Die Interventionsstudie umfasste 66 gesunde Erwachsene, die seit mindestens zwei Jahren vegan lebten und sich davor seit mindestens drei Jahren vegetarisch oder vegan ernährt hatten. Nach einer zufälligen Verteilung (Randomisierung) gehörten 36 Personen (54,5 %) der Verum- und 30 Personen (45,5 %) der Placebo-Gruppe an. Beiden Gruppen wurden identisch aussehende Testtuben mit Zahngel gleicher Farbe und Konsistenz ausgeteilt, jedoch enthielt nur das Verum-Zahngel Vitamin B12. Die Studienteilnehmer wurden dazu angehalten, das jeweilige Zahngel zwölf Wochen lang zweimal täglich für je zwei Minuten anzuwenden. Zu Beginn und nach der Intervention wurden Blutproben entnommen und die Konzentrationen von Serum-Vitamin-B12, Holo-Transcobalamin II (HoloTC), Methylmalonsäure (MMA) und Homocystein (Hcy) gemessen. Die Blutentnahmen erfolgten zeitlich und räumlich zentral an den jeweiligen Studienorten Berlin, Essen, Gießen und Homburg/Saar.
Männer und Frauen waren über beide Studiengruppen nahezu gleich verteilt; der Frauenanteil betrug 66,7 Prozent. Das Durchschnittsalter der Probanden lag bei 29 Jahren und der mittlere Body-Mass-Index (BMI) bei 21,5. Über zwei Drittel (68,2 %) der Studienteilnehmer lebten zwei bis unter fünf Jahre vegan. Etwa 79 Prozent der Teilnehmer gaben zu Beginn der Studie an, Vitamin B12 zu supplementieren (angereicherte Lebensmittel, Tabletten/Kapseln oder eine Kombination von beidem; keine Zahncreme). Während der Intervention sollte supplementiert werden wie bisher, um eine Verfälschung der Ergebnisse auszuschließen.
Studienergebnisse
Zu Untersuchungsbeginn wichen die HoloTC- und Hcy-Werte der beiden Studiengruppen signifikant voneinander ab (p 12 und MMA keinen signifikanten Unterschied aufwiesen. Nach Ende der Intervention zeigten sich bei den Studienteilnehmern der Verum-Gruppe signifikante Anstiege von SerumVB12 (256 auf 355 pmol/L [p = 0.001]) und HoloTC (34 auf 64 pmol/L [p 12 und HoloTC n. s. ab, während MMA und Hcy n. s. anstiegen. Damit lagen in der Verum-Gruppe alle untersuchten Werte wieder im Referenzbereich (Übersicht 1).
Die supplementierenden Probanden begannen die Intervention zwar durchschnittlich mit einem signifikant besseren Vitamin-B12-Status als die nicht-supplementierenden Probanden, dennoch war die durchschnittliche Vitamin-B12-Versorgung in beiden Gruppen zu Studienbeginn unbefriedigend. Die statistische Analyse schloss einen Einfluss des Supplementierungsverhaltens auf die Ergebnisse der Intervention aus.
Fazit
Die Studie hat gezeigt, dass die Verwendung eines mit Vitamin B12 angereicherten Zahngels über einen Zeitraum von zwölf Wochen den Vitamin-B12-Status von Veganern verbessert. Sie kann deshalb eine Alternative zu den bisherigen Formen der Supplementierung sein.
IFANE, Dr. Markus Keller
Literatur:
Erste Ergebnisse der Vitamin-B12-Zahncreme Studie wurden bereits im März 2016 auf dem 53. Wissenschaftlichen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) mit dem Titel „Der Mensch ist, was er isst“ in Fulda vorgestellt. Eine Zusammenfassung des Vortrags ist im Abstractband des Kongresses erschienen:
Siebert AK, Müller S, Keller M (2016): Wirkung einer mit Vitamin B12 angereicherten Zahncreme auf den Vitamin B12-Status von Veganern – erste Ergebnisse. In: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (Hrsg.): Abstractband zum 53. Wissenschaftlichen Kongress. Proc Germ Nutr Soc 21:28.
Die Gesamtergebnisse wurden im April 2016 in Berlin auf dem 4. Wissenschaftlichen Kongress zur Vegetarischen Ernährung und Medizin (VegMed) vorgestellt. Die Zusammenfassung des Vortrags ist im Abstractband des Kongresses nachzulesen:
Siebert AK, Müller S, Awwad H, Sputtek A, Obeid R, Keller M (2016): Vitamin B-12-fortified toothpaste improves vitamin B-12 status markers in vegans: a 12 week placebo controlled study. in: VegMed – Scientific Congress for Vegetarian Nutrition and Medicine, Berlin, Germany, April 22-24. Abstracts. Forsch Komplementmed 23 (suppl 1):1-13.
Herrmann W, Obeid R (2008): Ursachen und frühzeitige Diagnostik von Vitamin B12-Mangel. Dtsch Ärztebl 105(40): 680-5
Herrmann W, Obeid R (2013): Utility and limitations of biochemical markers of vitamin B12 deficiency. Eur J Clin Invest 43 (3): 231-7
Herrmann W, Schorr H, Obeid R et al. (2003): Vitamin B12 status, particularly holotranscobalamin II and methylmalonic acid concentrations, and hyperhomocysteinemia in vegetarians. Am J Clin Nutr 78: 131-6
