- Um Kinder im KiTa-Alter auf den Geschmack einer nachhaltigen und gesundheitsförderlichen Ernährung zu bringen, braucht es keine gezielten Projekte oder Aktionen.
- Regelmäßige Impulse, die die sinnliche Wahrnehmungsfähigkeit in Bezug auf Essen und Trinken ganz nebenbei in Alltagssituationen fördern, haben einen langfristigen Effekt.
- Grundlage ist ein abwechslungsreicher Speiseplan, der den Kindern die Möglichkeit bietet, viele Geschmacksfacetten zu erfahren und neue Kombinationen kennen zu lernen.
- Während der Mahlzeiten kann bewusstes Schmecken und Genießen geübt werden.
- Auch beim Helfen in der Küche, dem Besuch auf dem Wochenmarkt oder im Kräutergarten können Kinder ohne Zwang und mit allen Sinnen neuen Lebensmittel entdecken.
Sinnesschulung ist Ernährungsbildung
Sinnesschulung ist mehr als eine Methode der Ernährungsbildung: Sie ist das Fundament für Geschmacksbildung und zentraler Ausgangspunkt für weitere Themen, wie Nahrungszubereitung, Lebensmittelwissen oder Klimaschutz.
Im gut gefüllten Tages-, Wochen- oder Jahresplan einer KiTa braucht Sinnesschulung keinen eigenen Termin. Wie bei vielen anderen Themen wirken regelmäßige, in den Tagesablauf integrierte Impulse besonders nachhaltig.
Sinnesschulung und Neophobie
Kleinkinder akzeptieren neue Lebensmittel oft erst nach fünf- bis zehnmaligem Probieren. Der Grund ist ihre angeborene Ablehnung von unvertrauten Speisen (Neophobie), die im Alter von 18 bis 24 Monaten besonders ausgeprägt ist. Dieser Schutzmechanismus schützt das immer selbstständiger werdende Kind vor schädigenden oder giftigen Nahrungsmitteln. Ältere Kinder und Erwachsene überwinden die Neophobie, indem sie neue Geschmacksrichtungen und Lebensmittel mit bekannten abgleichen. Ein ausgeprägtes Geschmacksrepertoire kann sich somit günstig auf die Lebensmittelauswahl auswirken.
Viel Potenzial: ein abwechslungsreicher Speiseplan
Grundlage für Sinnesschulung ist eine abwechslungsreiche Speisenauswahl, die viel sensorische Vielfalt bietet. Während der Mahlzeiten kann bewusstes Schmecken und Genießen geübt werden. Welches Gemüse kennt ihr? Wonach schmeckt es? Kennt ihr etwas ähnliches?
Achten Sie hierbei auf eine entspannte Atmosphäre und zeigen Sie, wie gut es Ihnen schmeckt. Akzeptieren Sie auch die persönlichen Vorlieben und Abneigungen Ihrer Schützlinge. Vor allem Kleinkinder entwickeln eine positive Haltung zum Essen, indem sie die Speisen selbst erkunden und begreifen dürfen. Dazu gehört das Betrachten ebenso wie das Beschnuppern, daran Hören, Betasten und Schmecken.
Essen, genießen und darüber sprechen
Die Themen Körpererfahrung und der Spracherwerb lassen sich bei der Sinnesschulung während der Mahlzeiten gut einbeziehen. Die Betreuungskräfte können zum Beispiel mit den Kindern besprechen, wie sie sich fühlen, wenn sie satt oder hungrig sind oder was während der Verdauung passiert.
Auch macht es Kindern Spaß, ihre Sinneseindrücke beim Essen mit Worten zu beschreiben. Falls ihnen keine passenden Begriffe einfallen, um Aussehen, Geruch, Konsistenz, Mundgefühl und Geschmack eines Lebensmittels zu beschreiben, hilft es im Vorfeld gemeinsam treffende Adjektive zu sammeln. Eigenkreationen sind erlaubt und erwünscht!
Lebensmittel mit allen Sinnen begreifen
(Ältere) Kinder können in der Küche mithelfen und sich ohne Zwang mit Lebensmitteln vertraut machen. Denn das gemeinsame Vor- und Zubereiten von Speisen bietet ihnen Gelegenheit, die einzelnen Zutaten eines Gerichtes in den unterschiedlichen Verarbeitungsstufen mit allen Sinnen und im eigenen Tempo zu be-greifen.
Selbst gezogene Kräuter, Ausflüge zum Markt oder einem nahegelegenen Bauernhof eröffnen weitere vielfältige Erfahrungsbereiche.
Machen Spaß: SinnExperimente
Um bekannte Lebensmittel intensiver kennenzulernen oder Kinder an neue Lebensmittel heranzuführen, eignen sich SinnExperimente. Bereits kleine Probiermengen reichen, damit die Kinder ein umfassendes Bild der jeweiligen Speise oder des Lebensmittels entwickeln.
Wichtig ist, ihnen Zeit und Ruhe zu lassen, um jeden Sinn, der an einem Geschmackserlebnis beteiligt ist, einzeln zu erleben. Bei den Verkostungen ist selbstverständlich auf eine gute und ausreichende Hygiene und eine umweltfreundliche Abfallentsorgung zu achten.
Anregungen und Anleitungen für SinnExperimente mit Kindern im KiTa-Alter gibt es in den BZfE-Materialien Mit KiTa-Kindern die Sinne erforschen und Schmecken mit allen Sinnen.
Die Spielregeln fürs Feinschmecken
Hintergrund: Schmecken mit allen Sinnen
Keine Tätigkeit spricht unsere Sinne gleichzeitig so intensiv an wie Essen und Trinken. Was wir gemeinhin unter ‚Geschmack‘ verstehen, ist eher das Ergebnis einer vielfältigen Sinneswahrnehmung, die sich aus sehen, riechen, fühlen, hören und schmecken zusammensetzt. Sinnesschulung rund ums Essen und Trinken berücksichtigt daher auch immer alle fünf Sinne:
- Sehsinn: Der erste Eindruck
Der Sehsinn ist unser dominanter Sinn, über ihn erfolgt in der Regel der erste Kontakt mit einem Lebensmittel. Unser Auge trifft meist auch bereits die Entscheidung darüber, ob eine Speise für uns appetitlich aussieht und ob wir sie überhaupt probieren möchten. Darüber hinaus liefert es wichtige Informationen: Sieht es frisch aus? Kenne ich es und wenn ja, mag ich es? Kann ich es direkt essen oder muss es noch vorbereitet werden?
- Geruchssinn: von Appetit bis Ekel
Fast gleichzeitig nehmen wir über den Geruchssinn die vielfältigen Aromen des Lebensmittels wahr. Werden sie als angenehm empfunden, regen sie den Appetit an. Bei verdorbenen Lebensmitteln ruft Ekel eine körpereigene Schutzreaktion hervor. Das Riechen ist auch stark mit Gefühlen und Erinnerungen verbunden. Daher kann der Geruch einer Speise negative oder positive Assoziationen hervorrufen, die zu einer Ablehnung oder Bevorzugung führen.
- Geschmackssinn: Die fünf Ausprägungen
Die Geschmacksempfindungen im Mundraum sind vielfältig und eng mit dem Geruchssinn verknüpft. Die Rezeptoren der Zunge nehmen jedoch lediglich die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami wahr. Was das Schmecken so spannend macht, sind die Mischempfindungen (z. B. süß-sauer) und unterschiedlichen Ausprägungen der Geschmacksqualitäten. Ob es möglicherweise Rezeptoren für weitere Geschmäcker wie zum Beispiel fettig gibt, ist noch nicht abschließend erforscht. - Tastsinn: Macht Essen und trinken erst spannend
Der haptische Eindruck eines Lebensmittels entsteht über den Tastsinn der Hände und die Druck- und Tastwahrnehmung im Mund. Hierzu zählt zum Beispiel die Wahrnehmung von Kälte, Wärme, Schärfe oder Säure. Durch die taktilen Sinneserfahrungen mit verschiedenen Oberflächenstrukturen und Konsistenzen, lernen wir Nahrungsmittel und deren Reife- bzw. Verarbeitungsgrade kennen und qualitativ zu beurteilen (z. B. bei Teig). - Hörsinn: Auch die Ohren schmecken mit!
Die Bedeutung des Hörsinns wird beim Essen und Trinken häufig unterschätzt. Doch auch die Ohren „schmecken“ mit. Beim Schneiden, Abbeißen oder Kauen liefern sie wertvolle Informationen über die Frische und den Reifegrad der Lebensmittel. Auch das Geräusch von sprudligen Getränken sagt etwas über die Frische des Getränks und kann dementsprechend Lust auf das Getränk machen.