- Die EAT-Lancet-Kommission hat eine Strategie für Landwirtschaft und Ernährung erarbeitet, die die Gesundheit des Menschen und der Erde gleichermaßen schützen soll.
- Perfekt für alle, die flexitarisch essen: Damit die Grenzen des Planeten eingehalten werden, müsste der Konsum von Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen ungefähr verdoppelt werden, der Verzehr von Fleisch und Zucker dagegen halbiert.
- Neben der veränderten Ernährungsweise müssten die Lebensmittelproduktion verbessert und Lebensmittelabfälle stark reduziert werden.
- Der Report zeigt, dass es machbar ist, bis zum Jahr 2050 etwa 10 Milliarden Menschen auf der Erde gesund zu ernähren, ohne den Planeten zu zerstören.
- In diesem Jahr soll eine regional angepasste Version erscheinen.
Gesunde Menschen, gesunder Planet
Um alle Menschen dieser Erde bis zum Jahr 2050 nachhaltig und gesund zu ernähren, ist eine grundlegende Veränderung unserer Landwirtschaft und Ernährungsweise nötig. Das zeigt ein im Januar 2019 veröffentlichter Report der EAT-Lancet-Kommission. Ihr gehören 37 Personen aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen und 16 Ländern an, darunter Klimaforschende und Fachleute der Ernährungswissenschaften. Das Ziel der Forschenden war es, eine wissenschaftliche Grundlage für einen Wandel des globalen Ernährungssystems zu schaffen.
Herausgekommen ist dabei auch die Planetary Health Diet, ein Speiseplan, der die Gesundheit des Menschen und des Planeten gleichermaßen schützen könnte. Die Planetary Health Diet liefert einen allgemeingültigen Referenzrahmen für eine gesunde und umweltgerechte Ernährungsweise.
Der Speiseplan für die Zukunft
Zustande gekommen ist die Planetary Health Diet durch umfassende Literaturrecherchen, anerkannte Ernährungsempfehlungen und Ergebnisse der Gesundheitsforschung. Die daraus abgeleitete Ernährungsweise besteht größtenteils aus Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und ungesättigten Fetten. Ergänzt wird der Speiseplan durch moderate Mengen an Fisch und Meeresfrüchten sowie Geflügel, während beispielsweise stärkereiche Gemüsearten wie Kartoffeln und Maniok, Milchprodukte, rotes Fleisch, Zucker und gesättigte Fette keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen sollen.
In der Planetary Health Diet sind für viele Lebensmittel umwelt- und gesundheitsverträgliche Spannen (in Klammern) angegeben, um die Ernährungsempfehlungen flexibel und für jeden Menschen umsetzbar zu halten – für alle Ernährungsstile, kulturellen Traditionen und individuellen Vorlieben. Trotzdem ist das Ganze ein Modell.
Das kommt auf den Teller
In den Ernährungsempfehlungen der Planetary Health Diet sind die Lebensmittelmengen in Gramm pro Tag angegeben. Das ist vielleicht etwas abstrakt – zum Beispiel, wenn es täglich 13 Gramm Ei sein sollen. Sie möchten wissen, wie das in der Praxis aussehen könnte? Per Klick auf die Überschriften können Sie sich anschauen, was im Laufe einer Woche auf den Teller kommen könnte.

Ein wichtiger Bestandteil jeder Mahlzeit wäre Gemüse. Insgesamt 300 Gramm pro Tag sollen es im Durchschnit sein. Die EAT-Lancet-Kommission empfiehlt, davon je 100 Gramm als rotes und grünes Gemüse zu essen.

Die 232 Gramm Vollkornprodukte pro Tag könnten zu einem Teil als Vollkornnudeln auf den Tisch kommen. Statt Hackfleisch liefern in dieser Bolognese-Sauce Linsen wertvolles Eiweiß. 75 (0 bis 100) Gramm Hülsenfrüchte sollten es täglich sein.

Wer am liebsten jeden Tag ein Frühstücksei isst, wird sich sehr einschränken müssen: Ein Ei pro Woche soll gemäß „Planetary Health Diet“ ausreichen. Mit der angegebenen Spannbreite (bis zu 25 Gramm Ei pro Tag) können es auch zwei Eier pro Woche sein.

Ein Fischfilet von knapp 200 Gramm steht durchschnittlich jedem Erdbewohner pro Woche zu. Mit den gesundheits- und umweltgerechten Schwankungen kann es auch mehr sein, wenn dafür bei anderen tierischen Eiweißlieferanten gespart wird.

Ein Hähnchenbrustfilet ist zum Beispiel die Menge an Geflügelfleisch, die jeder Mensch durchschnittlich pro Woche im Rahmen der „Planetary Health Diet“ essen dürfte.

Auch das allseits beliebte Käsebrot ist möglich: Pro Tag sind 250 Milliliter Vollmilch oder aus dieser Menge hergestellte Milchprodukte vorgesehen, das entspricht zum Beispiel einer kleinen Scheibe Käse.

Nüsse sollten in Zukunft eine größere Rolle in unserer täglichen Ernährung spielen. 50 Gramm pro Person passen zum Beispiel gut in einen Salat. Und der Apfel dazu kann je nach Größe schon fast die täglich empfohlene Menge an Obst decken.

Hart für Fleischfans: Ein Rindersteak von 196 Gramm pro Woche ist bereits die Menge, die laut der EAT-Lancet-Kommission möglichst nicht überschritten werden sollte.
Sieht man genau hin, passt der Speiseplan perfekt für Menschen, die flexitarisch – also nur ab und zu Fleisch – essen.
Nachhaltige Lebensmittelerzeugung der Zukunft
Parallel zu den Empfehlungen der Planetary Health Diet als Referenzrahmen für eine ausgewogene und umweltgerechte Ernährung formulierte die EAT-Lancet-Kommission in ihrem Bericht wissenschaftliche Ziele, um die empfohlenen Lebensmittelmengen innerhalb der planetaren Grenzen produzieren zu können. Die notwendigen Veränderungen fasst Professor Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Co-Leiter der EAT-Lancet-Kommission folgendermaßen zusammen:
“Unsere Definition von nachhaltiger Lebensmittelproduktion setzt voraus, dass wir die Landnutzung nicht ausweiten, dass wir die existierende biologische Vielfalt erhalten, den Wasserverbrauch reduzieren und verantwortungsvoll mit Wasser umgehen, die Schadstoffbelastungen durch Stickstoff und Phosphor erheblich einschränken, die CO2-Emissionen auf Null senken und keine weitere Zunahme der Emissionen von Methan und Stickoxiden verursachen. Es gibt zwar kein Wundermittel, um schädliche Produktionspraktiken zu bekämpfen, aber indem ein sicherer Bereich für Ernährungssysteme definiert wird, kann eine Ernährungsweise identifiziert werden, die die menschliche Gesundheit und die ökologische Nachhaltigkeit fördert."
Ein neues Ernährungssystem zu entwickeln und durchzusetzen, sei eine gewaltige Aufgabe, sagt Rockström. Notwendig sei eine globale Revolution der Landwirtschaft. Derzeit arbeitet die Kommission einer regional angepassteren Variante der Ernährungsempfehlungen um den Bedarf unterschiedlicher Regionen der Welt besser abzubilden.
Fünf Strategien für die globale Ernährungswende
Anhand von Modellberechnungen kam die EAT-Lancet-Kommission zu dem Ergebnis, dass die Planetary Health Diet und die definierten Ziele für eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung nur innerhalb der planetaren Grenzen bleiben, wenn gleichzeitig die Lebensmittelabfälle halbiert werden. Insgesamt haben die Forschenden fünf sofort umsetzbare Strategien entwickelt, wie eine nachhaltige Ernährungswende gelingen könnte.
Die Menschen sollen zu einer gesünderen Ernährungsweise ermutigt werden. Dazu gehören eine verbesserte Verfügbarkeit und ein verbesserter Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln, strengere Vorgaben für die Lebensmittelsicherheit und eine Politik, die den Einkauf aus nachhaltigen Quellen fördert. Neben Werbeeinschränkungen und Ernährungskampagnen ist auch die Erschwinglichkeit guter Lebensmittel entscheidend. Andererseits müssten sich die durch die Lebensmittelerzeugung verursachten Umweltkosten genauso in den Preisen widerspiegeln wie die Produktionskosten. Daher müsste mit höheren Lebensmittelpreisen eine soziale Absicherung einhergehen, um sozial benachteiligte Menschen nicht zurückzulassen.
Der Fokus der Landwirtschaft sollte weg von hohen Erträgen hin zu einer Vielfalt an nährstoffreichen Nahrungsmitteln gelenkt werden. Statt wenige Kulturen zu fördern, von denen heute ein Großteil an Tiere verfüttert wird, sollte die globale Agrarpolitik Anreize für erzeugende Betriebe schaffen, um nahrhafte, pflanzenbasierte Lebensmittel zu produzieren. Außerdem schlägt die Kommission vor, Programme zur Unterstützung vielfältiger Produktionssysteme zu entwickeln und Forschungsvorhaben zu unterstützen, die die Qualität der Ernährung und die Nachhaltigkeit erhöhen.
Die Investition in die ökologische Landwirtschaft ist ein Schlüsselfaktor. Die Produktion müsste aber nicht nur nachhaltiger, sondern gleichzeitig produktiver werden. Zum Beispiel könnten Ernteerträge durch die Verwendung von trockenheitsresistenten Pflanzen und optimierter Bewässerung gesteigert werden. Die Bodenqualität könnte durch geeignete Anbaumethoden erhöht werden.
Die Nutzung von Land und Meeren sollte streng reglementiert werden, um die natürlichen Ökosysteme zu erhalten und gleichzeitig die Lebensmittelversorgung zu sichern. Als Maßnahmen schlägt die EAT-Lancet-Kommission zum Beispiel vor, intakte natürliche Landflächen zu schützen, Rodungen zu verbieten und degradiertes Land wieder fruchtbar zu machen. Außerdem sollten 10 Prozent der Meeresfläche für die Fischerei gesperrt werden und Aquakulturen langsam wachsen.
Die Mehrheit der Lebensmittelverluste geschieht in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen während der Lebensmittelproduktion. Die Gründe: schlechte Ernteplanung, fehlender Zugang zum Markt und fehlende Infrastrukturen, um Lebensmittel zu lagern und zu verarbeiten. Eine erhöhte Investition in Technologien und in die Ausbildung von Landwirten wären hier notwendige Maßnahmen. Dagegen ist Lebensmittelverschwendung in Ländern mit hohem Einkommen ein Thema, wo sie in erster Linie durch den Handel und die Verbraucher*innen verursacht wird. Empfohlen werden Maßnahmen der Verbraucher*innenbildung, zum Beispiel um die Einkaufsgewohnheiten zu ändern oder den Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum zu erklären. Auch das Know-how zur Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln sowie zu Portionsgrößen und zur Verwendung von Resten muss vermittelt werden.
Vorschläge als Handlungsrahmen für alle Länder
Nimmt man einzelne Forschungsergebnisse für sich, sind die Erkenntnisse der EAT-Lancet-Kommission nicht unbedingt neu. Das wirklich Neue ist aber, dass die Gesundheit des Menschen und der Umwelt einen gemeinsamen Maßstab bilden.
Die von der Kommission entwickelten wissenschaftlichen Ziele für eine gesunde, nachhaltige Ernährung können eine wichtige Grundlage sein, um einen globalen Ernährungswandel voranzutreiben. Die daraus abgeleiteten Strategien bieten einen universellen Handlungsrahmen für alle Länder der Erde. Akteurinnen und Akteure auf allen Ebenen – Politik, Wirtschaft, Landwirtschaft und Verbraucher, global, national und regional – sind dazu aufgefordert, konkrete Maßnahmen umzusetzen, die dazu beizutragen, dass im Jahr 2050 etwa 10 Milliarden Menschen gesund ernährt werden können, ohne den Planeten zu zerstören.
Mehr Informationen zum Bericht der EAT-Lancet-Kommission
Auf ihrer Website bietet die EAT-Lancet-Kommission eine Zusammenfassung ihres Reports an, in der die Ergebnisse anschaulich dargestellt werden (in englischer Sprache): EAT-Lancet Commission Summary Report
Einen Überblick zum Bericht der EAT-Lancet-Kommission finden Sie auf der Website des Stockholm Resilience Centre (in englischer Sprache).
Informationen zur Original-Studie “Food in the Anthropocene: the EAT-Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems” gibt es auf der Website der Zeitschrift „The Lancet“ (in englischer Sprache). Dort können Sie die Studie nach kostenloser Registrierung als PDF herunterladen.