(BZfE) – Essen und Trinken ist manchmal nicht so einfach, wie es klingt. Täglich treffen Menschen ernährungsbezogene Entscheidungen auf Grund von Informationen, die ihnen in unterschiedlichen Kontexten zur Verfügung stehen. Welche Rolle und welchen Stellenwert soziale Medien im ernährungsbezogenen Informationsverhalten und für das Ernährungshandeln haben, dieser Frage ging Kristin Leismann zusammen mit Prof. Dr. Jasmin Godemann vom Lehrstuhl für Kommunikation und Beratung in den Agrar-, Ernährungs- und Umweltwissenschaften der Justus-Liebig-Universität Gießen nach. Die Ergebnisse der repräsentativen Online-Befragung wurden jüngst in der Fachzeitschrift Ernährungsumschau veröffentlicht. Befragt wurden 1.030 Menschen aus der Altersgruppe der 18- bis 49-Jährigen, die als Hauptnutzer sozialer Medien definiert wurden.
Bei der Befragung zeigte sich, dass die ganz pragmatischen, alltagsnahen und leicht zugänglichen Informationen über konkrete Lebensmittel und Inspiration für Kochrezepte am häufigsten gesucht wurden. Bei jungen Menschen finde diese Informationsnutzung überwiegend in sozialen Medien statt, sagt Leismann, sei es als passives „Monitoring“, als auch durch aktive Informationssuche. Die Studie zeigt, dass die Befragten bei der Suche nach Ernährungsthemen am ehesten Plattformen wie YouTube, Facebook und Instagram für geeignet hielten. Allerdings wurde die Befragung auch schon im Jahr 2021 durchgeführt, so dass sich hier vermutlich Veränderungen ergeben haben.
Was bisherige Studien bereits gezeigt haben, bestätigte auch diese Studie: Jugendliche und jüngere Erwachsene vertrauen eher informellen Quellen – Freunden oder Familie. Offensichtlich finden sie in den klassischen Nachrichtenmedien ihre Interessen und Anliegen nicht wieder. Interessant ist, dass Fachorganisationen häufiger als Informationsquelle für Ernährung genannt werden, als zum Beispiel Influencerinnen und Influencern. Und Ernährungsberatende sind zusammen mit Schule, Studium und Ausbildung am wenigsten häufig genannt. Der digitale Kommunikationsraum sozialer Medien werde zudem als informell angesehen, da er einfach zugänglich sei und komplexitätsreduzierte, zielgruppengerecht aufbereitete Inhalte biete, so die Studie. Zudem bieten soziale Medien Möglichkeiten für eine „Anschlusskommunikation“. Das heißt, über die eigentliche Informationssuche hinaus ist zusätzlich Raum für weitere Inspiration und Unterstützung gegeben. Die Kommunikation erfolgt auf Augenhöhe, ist sehr persönlich, kann bei Bedarf aber auch anonym bleiben.
Es stellt sich die Frage, welches transformative Potenzial digitale Medien in der formalen Ernährungskommunikation haben. Denn einerseits haben soziale Medien eine hohe Akzeptanz, anderseits gelingt es scheinbar nicht ausreichend, trotz vieler Bemühungen der professionalisierten Ernährungskommunikation, Wissen in Handlung zu überführen. Dazu sagt Professorin Jasmin Godemann, Leiterin des genannten Fachgebiets der Uni Gießen: „Klassische Formen der Ernährungsbildung und -beratung lassen sich nicht ohne weiteres auf die sozialen Medien übertragen.“ Bisher gibt es dazu wenige Forschungsergebnisse und diese fokussieren vor allem negative Einflüsse – etwa Essstörungen – was angesichts zunehmender Falschinformationen und nachweislicher Risiken auch verständlich sei. „Es besteht aktuell für die Ernährungskommunikation die methodische und theoretische Herausforderung, sich in dieser digitalen Landschaft zurechtzufinden, sie also wissenschaftlich zu beobachten und zu analysieren.“
Rüdiger Lobitz, www.bzfe.de
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DOI: 10.4455/eu.2025.005: https://www.ernaehrungs-umschau.de/print-artikel/12-02-2025-ernaehrungsbezogenes-informationsverhalten-in-sozialen-medien/
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